Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr vor einem Verwaltungsgebäude in Neckarsulm (Deutschland)
APA/Simon Adomat
Drei Briefbomben

Pensionist nahe Ulm verhaftet

Im Fall mehrerer Briefbomben an deutsche Lebensmittelhersteller und -händler ist ein Verdächtiger in Untersuchungshaft genommen worden. Der Pensionist aus dem Raum Ulm wurde bereits Freitagabend festgenommen, wie die Staatsanwaltschaft Heidelberg am Samstag bekanntgab. Sein mögliches Motiv ist noch unklar.

Gegen den 66-Jährigen wurde Haftbefehl erlassen, er wurde in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Der Mann habe sich an seinem Wohnsitz „widerstandslos“ von Spezialkräften der Polizei festnehmen lassen, hieß es weiter. In der Wohnung des Verdächtigen wurden den Angaben zufolge Beweismittel gefunden – deren Auswertung dauerte am Samstag an.

Der Mann steht laut Polizei und Staatsanwaltschaft „im Verdacht, der Absender der Postsendungen zu sein“. Zu den Vorwürfen gegen ihn sowie zu einem möglichen Motiv habe sich der Verdächtige zunächst nicht geäußert.

Polizei rechnet nicht mit weiteren Briefbomben

Am Donnerstag war in einem Paketverteilzentrum beim Flughafen München eine Briefbombe abgefangen worden, die an den Babykosthersteller Hipp in Pfaffenhofen adressiert war. Davor waren am Dienstag bei den Wild-Werken (Capri-Sonne) in Eppelheim und am Mittwoch in der Zentrale des Discounters Lidl in Neckarsulm eine Briefbombe explodiert. Bei den Wild-Werken erlitt ein Mitarbeiter ein Knalltrauma, bei Lidl wurden drei Mitarbeiter verletzt.

Dass der Verdächtige noch weitere verdächtige Postsendungen versandte, halten die Ermittler derzeit für „wenig wahrscheinlich“.

Polizei ging von Serientäter aus

Die Polizei ging bereits vor der Verhaftung von einer Serientat aus. „Es ist ein Zusammenhang anzunehmen zwischen diesen drei Päckchen“, sagte die baden-württembergische Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz am Freitag in Stuttgart. Die drei Sendungen trugen fiktive Absender. Ein Bekennerschreiben gab es allerdings nicht.

Feuerwehr vor einem Verwaltungsgebäude von Lidl in Neckarsulm
APA/dpa/Sebastian Gollnow
Im Lidl-Verwaltungsgebäude in Neckarsulm explodierte eine Bombe

Auch Landesinnenminister Thomas Strobl zeigte sich überzeugt: „Ich habe schon nach dem zweiten Fall eine Vermutung gehabt und habe sie nach dem dritten Fall auch.“ Derzeit prüften Spezialistinnen und Spezialisten sämtliche Spuren an den Tatorten sowie an der entschärften Sendung, um möglichst rasch dem Täter, der Täterin oder den Tätern auf die Spur zu kommen. Das LKA Baden-Württemberg, das gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Heidelberg die Ermittlungen führt, richtete eine Sonderkommission mit mehr als hundert Beamtinnen und Beamten ein.

Lebensmittelverband ruft zu Vorsicht auf

Die Lebensmittelbranche sei sehr emotionaler Kritik ausgesetzt, der an Hass grenze. Dieser äußere sich in Sozialen Netzwerken, E-Mails und Drohanrufen. Da werde auf die Lebensmittelindustrie „eingedroschen“, sagte noch vor Bekanntwerden der Verhaftung am Freitag ein Sprecher des deutschen Lebensmittelverbands. Das sei in dieser Woche wieder sehr akut gewesen. Aber man vertraue auf die Ermittlungsarbeit der Polizei. „In der Vergangenheit wurden Briefbombenattentäter fast immer dingfest gemacht“, so der Verbandssprecher.

Nach den Explosionen rief der Branchenverband seine Mitglieder zu erhöhter Wachsamkeit auf. „Wir haben sie informiert, auf was bei der Paketannahme geachtet werden muss“, sagte der Verbandssprecher. Die Poststellen sollen Sendungen aussortieren, wenn sie keinen bekannten Absender haben, Unebenheiten aufweisen oder ungewöhnlich schwer sind. Der Verband vertritt die Interessen von etwa 500 Mitgliedern vom Erzeuger über den Handel bis zu Gastronomie und Transportfirmen.