Bild zeigt holländische Polizisten.
Reuters/Remko De Waal
Mit 60 Jahren

Reemtsma-Entführer als Bankräuber verhaftet

In den Niederlanden ist ein 60-jähriger Mann verhaftet worden, der des Überfalls auf mehrere Geldtransporter bezichtigt wird. Dabei handelt es sich laut Medienberichten um den Entführer des Historikers und Millionenerben Jan Philipp Reemtsma.

Dass es sich dabei um Thomas Drach handeln soll, der 1996 in einer spektakulären Aktion den Sohn des Zigarettenfabrikanten Bernhard Reemtsma entführt hatte, berichtete die dpa. Zuvor hatte das bereits die „Bild“-Zeitung auf ihrer Website vermeldet.

Dem 60-Jährigen werden nun gemeinschaftlicher schwerer Raub in drei Fällen und ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.

Polizei berichtet über Verhaftung

Ohne einen Namen zu nennen, berichteten Polizei und Staatsanwaltschaft in Köln, die niederländische Polizei habe am Dienstag einen vom Amtsgericht Köln erlassenen Europäischen Haftbefehl gegen einen 60-jährigen Deutschen vollstreckt. Er sei dringend verdächtig, an Überfällen in Köln im März 2018, auf dem Flughafen Köln/Bonn im März 2019 und in Frankfurt am Main im November 2019 beteiligt gewesen zu sein.

Die Ermittler erklärten, dem aus dem Rheinland stammenden Beschuldigten, der in Deutschland keinen festen Wohnsitz habe und nach dem europaweit gefahndet worden sei, solle der europäische Haftbefehl in den Niederlanden verkündet werden. „Die Staatsanwaltschaft hat die anschließende Auslieferung des 60-Jährigen nach Deutschland bereits beantragt“, so die Ermittler.

Millionen erpresst, später in Argentinien gefasst

Mit der Entführung von Jan Philipp Reemtsma im Jahr 1996 hatten die Geiselnehmer einen Millionen-D-Mark-Betrag erpresst. 1998 wurde der Drahtzieher der Entführer, Thomas Drach, in Argentinien gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Drach ist einer von insgesamt vier Entführern, einer verstarb mittlerweile.

Reemtsma wurde von den Entführern 33 Tage in einem Keller eines entlegenen Einfamilienhauses nördlich von Bremen angekettet gefangen gehalten. Bei der Entführung hatten die Täter
einen mit einer Handgranate beschwerten Brief mit der Lösegeldforderung von 20 Millionen D-Mark hinterlassen. Mindestens zwei Geldübergaben scheiterten, weil die Entführer Polizeipräsenz vermuteten. In der Folge erhöhten sie die Geldforderung noch auf 30 Millionen D-Mark.

Kontaktsuche via Kleinanzeigen

Die Ermittler suchten mit fast täglichen verschlüsselten Grußbotschaften im Kleinanzeigenteil der „Hamburger Morgenpost“ den Kontakt mit den Entführern.

Die Angehörigen Reemtsmas organisierten letztlich die Geldübergabe unter Mithilfe des Hamburger Pastors Christian Arndt, des Kieler Soziologen Lars Clausen und des Hamburger Sozialarbeiters Michael Herrmann – an der Polizei vorbei. Öffentlich wurde die Entführung erst nach Beendigung der Geiselnahme. Drach war der Haupttäter, er wurde gefasst, als Telefonate von ihm aus Argentinien mit deutschen Freunden abgehört wurden.

Von dem Lösegeld ist laut „Süddeutsche Zeitung“ nichts mehr übrig. Ermittler fanden 2013 ein Schließfach in Uruguay mit 459.000 US-Dollar, seitdem galt er als pleite. Die restlichen rund 16 Millionen sollen an Helfer gegangen sein bzw. bei Geldwäsche und windigen Geschäften von Freunden und Familie verloren gegangen sein.