Person schmiert Butter auf einen Toast
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„#buttergate“

Kanada hat ein Streichproblem

Die Butter ist zu hart: Kanadierinnen und Kanadier haben ein Problem mit ihrem Brotaufstrich und sie teilen es in Sozialen Netzwerken unter „#buttergate“. Schon vor einigen Monaten soll sich die Konsistenz des Milchprodukts (zumindest einiger Marken) verändert haben. Über den Grund wurde wild spekuliert – eine Kochbuchautorin hat sich auf die Spurensuche begeben und eine wahrscheinliche Erklärung gefunden.

Selbst nach längerer Zeit außerhalb des Kühlschranks soll ein reibungsloses Verschmieren auf dem in Nordamerika tendenziell weicheren Brot nicht mehr ohne Schwierigkeiten möglich sein. Wie die BBC berichtet, nahm die Onlinediskussion ihren Ausgang in einem Tweet der kanadischen Kochbuchautorin Julie Van Rosendaal: „Ist euch aufgefallen, dass die Butter bei Zimmertemperatur nicht mehr weich wird?“ Sie habe vor, der Sache auf den Grund zu gehen, so Van Rosendaal. Die Flut an Antworten war gigantisch – und bestätigte ihre Annahme, dass es sich nicht um eine subjektive Beobachtung handelte.

Die einfachste These, die immer wieder aufgestellt wird, lautet, dass die kanadischen Wintertemperatuen (regional recht unterschiedlich, aber doch derzeit verbreitet oft tief zweistellig unter null Grad Celsius) die Streichfähigkeit beeinträchtigen. Leicht widerlegbar ist diese These jedoch dadurch, dass es im Norden Nordamerikas heuer ja nicht zum ersten Mal kalt ist und die kanadischen Haushalte durchaus auf die winterlichen Bedingungen vorbereitet sind.

Verband: Keine Veränderung bei Milchverarbeitung

Eine weitere mögliche Ursache – Veränderungen in der Produktion – ließ der Verband der milchverarbeitenden Betriebe (Dairy Processors Association) dementieren. Im Butterproduktionsprozess habe sich im Vorjahr genauso wenig verändert wie an den gültigen Regeln zu erlaubten Inhalts- und Zusatzstoffen.

In einer Kolumne in der Tagezeitung „The Globe and Mail“ datierte Van Rosendaal den Beginn der „Misere“ im Sommer 2020. Laut der kanadischen Milchindustrie stieg die Butternachfrage 2020 um zwölf Prozent, was man auf Lockdowns und dadurch veränderte Ess- und Lebensgewohnheiten zurückführt. Um der gesteigerten Nachfrage Herr zu werden, sei am Futter der Milchkühe geschraubt worden, so Van Rosendaals Erkenntnis.

Die mutmaßlich harte Wahrheit

Laut ihren Recherchen ist der wahre Grund für die harte Butter zugesetztes Palmöl. Hunderte Milchfarmer im ganzen Land hätten den Speiseplan ihrer Tiere um Palmöl erweitert oder die Menge des bereits zuvor zugesetzten Palmöls erhöht. Das sei eine gar nicht so neue Praxis, um den Ertrag zu erhöhen.

Studien zum Einfluss von Palmöl als Futterzusatz sind spärlich. Von der BBC zitierten Landwirtschaftsexperten zufolge habe Milch von mit Palmöl zugefütterten Kühen einen erhöhten Anteil an gesättigten Fettsäuren und daraus resultierend einen höheren Schmelzpunkt – was eben zu dem nun beobachteten Phänomen führe.

Legale Methoden, ökologisches Problem

Auch Sylvain Charlbois, Professor am Institut für Landwirtschaft in Halifax und Experte auf dem Gebiet der Nahrungsmittellogistik, widmete sich der Debatte und schloss sich Van Rosendaals Erkenntnis an. Zwar sei der Einsatz von Palmöl als Zusatz im Kuhfutter legal, das aus dem Fruchtfleisch der Früchte der Ölpalme gewonnene Fett könnte Studien zufolge jedoch das Risiko für Herzerkrankungen beim Menschen steigern.

Abgesehen davon sei die Produktion wegen der Abholzung großer Regenwaldflächen ökologisch extrem problematisch. Das alles mache die nun aufgedeckten Methoden „ethisch fragwürdig“, die zudem von den nichtsahnenden Steuerzahlern subventioniert würden. „Lasst uns hoffen, dass die Milchindustrie selbst Ordnung schafft, bevor ihr moralischer Vertrag mit den Menschen in Kanada nachhaltigen Schaden nimmt“, so Charlbois.

Milchbauern wollen Arbeitsgruppe einsetzen

Die Vereinigung der kanadischen Milchbauern (Dairy Farmers of Canada) sagte, dass Palmöl als Tierfutterzusatz eben nicht illegal und zudem in anderen Ländern – etwa Großbritannien und den USA – gang und gäbe sei. Man werde aber eine Arbeitsgruppe einsetzen, die sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen solle.

Kochbuchautorin Van Rosendaal zeigt sich auf Twitter jedenfalls froh über die Aufmerksamkeit, die ihre Recherche auf sich zog. Sie hoffe, dass die Medienberichte Menschen auch in anderen Ländern dazu bringen, das Tierfutter in der Lebensmittelproduktion unter die Lupe zu nehmen. Das Phänomen der harten Butter scheint zumindest in den USA auch schon zu beobachten.

In Österreich spielt die Zufütterung von Palmöl laut Agrarmarkt Austria (AMA) aktuell noch bei Kälbern in sehr geringem Ausmaß von unter fünf Prozent eine Rolle. In Vorbereitung sei jedoch bereits ein Richtlinienupdate, mit dem der Einsatz von Palmöl bei den AMA-Gütesiegel-Milchprodukten demnächst gänzlich Geschichte sein soll.