Birkenstock-Sandale
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Milliarden für Schlapfen

Luxusriese will Birkenstock schlucken

Der Sandalenhersteller Birkenstock steht offenbar kurz vor dem Verkauf: Die US-französische Beteiligungsgesellschaft L Catterton will rund vier Milliarden Euro für den deutschen Konzern zahlen, wie Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet. Gerüchte über den Kauf des Familienunternehmens gibt es seit Wochen – neben dem vom Luxusgüterkonzern LVMH gestützten Investor gibt es noch einen weiteren Interessenten.

Schon kommende Woche könnte der Deal stehen, wie Bloomberg berichtete – noch hüllen sich die Beteiligten aber in Schweigen. Laut der Nachrichtenagentur soll für L Catterton vor allem der Umgang mit Familienunternehmen sprechen – und ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor: die Erfahrung mit der Expansion auf den asiatischen Markt.

Im Rennen um Birkenstock galt zuletzt aber auch der luxemburgische Finanzinvestor CVC. Dieser soll bereits ein Angebot unterbreitet haben. Noch vor wenigen Tagen hieß es laut Insidern, dass das Rennen noch nicht entschieden sei und eine Entscheidung erst in den nächsten Monaten fallen könnte.

Birkenstock-Geschäft in Berlin
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Birkenstock-Schuhe gibt es heutzutage in unzähligen Varianten

Fast 24 Millionen Paare pro Jahr

Der 1774 von Johann Adam Birkenstock gegründete Schuhhersteller mit Sitz in Linz am Rhein im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz ist noch in Familienhand. Die erste Fabrik wurde 1925 eröffnet, mittlerweile befindet sich das Unternehmen im Besitz der Brüder Alex und Christian. Die Sandalen werden noch immer in Deutschland gefertigt.

Im Geschäftsjahr 2019 verkaufte der Konzern knapp 24 Millionen Paar Schuhe, was auch den Umsatz auf rund 720 Mio. Euro ankurbelte. Neben Sandalen verkauft Birkenstock mittlerweile Taschen, Gürtel, Hautpflegeprodukte und sogar Betten. Bereits seit letztem Jahr sucht man laut „Guardian“ nach Investoren – vor allem weil man in China und Indien expandieren will.

Birkenstock-Produktion in Görtlitz
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Seit 1925 werden Birkenstock-Schuhe in Fabriken gefertigt

Mit CVC und L Catterton kämpfen jedenfalls zwei prominente Player um den deutschen Konzern. Zu CVC gehört etwa der Uhrenhersteller Breitling. L Catterton wird vom Luxusgüterkonzern LVMH und dessen Chef, Milliardär Bernard Arnault, gestützt. LVMH umfasst neben Louis Vuitton auch Marken wie Christian Dior. L Catterton hat unterdessen Marken wie Pepe Jeans gekauft.

Rennen um langen Halt und bequeme Marken

Die Pandemie dürfte das Interesse an Marken wie Birkenstock zuletzt noch gesteigert haben: Der „Guardian“ beruft sich auf die Analystin Nicla di Palma, die einen Trend hin zu Tragekomfort und Langlebigkeit statt Style sieht – nicht nur bei der Arbeit, sondern auch zu Hause. „Das hat schon deutlich vor Covid-19 eingesetzt, aber die Pandemie hat den Trend noch deutlich beschleunigt“, zitierte das Blatt die Expertin.

Eine weitere vom „Guardian“ befragte Expertin sieht ebenfalls „Komfort und Gesundheit“ als wesentlichen Trend in der Branche. Darüber hinaus gebe es gesteigertes Interesse an Traditionsunternehmen – hier verweist sie etwa auf den Schuhhersteller Dr. Martens, der im Jänner sein Debüt an der Londoner Börse feierte. Bequeme Schuhe seien heiß begehrt, weil legere Kleidung heutzutage größere Akzeptanz erfährt. Hohe Absätze gelten vor allem bei jüngeren Käuferinnen nicht mehr als Must.

Neue Produkte, um relevant zu bleiben

Und: Unternehmen wie Birkenstock und Dr. Martens würden sich regelmäßig „neu erfinden“, etwa indem sie die Strategie von Luxusmarken übernahmen und mit Designern oder anderen Marken zusammenarbeiten. Vor allem Birkenstock habe regelmäßig neue Formen seiner Sandalen auf den Markt gebracht, um als Marke relevant zu bleiben.

Einen richtigen Boom gab es bereits in den 90er und Nullerjahren, als Birkenstock mit prominenter Unterstützung, etwa durch Model Kate Moss Eingang in die Modewelt fand. Der Ökoschlapfen wurde schnell zur Trendsandale – inklusive Luxusmarken wie Celine und Givenchy, die auf den Trend aufsprangen und ihre eigenen Varianten veröffentlichten.