Auschreitungen bei Protesten in Myanmar
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Myanmar

Blutigster Tag seit Militärputsch

In Myanmar sind bei landesweiten Protesten gegen den Militärputsch mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 30 weitere Personen verletzt worden. Das gaben die Vereinten Nationen in einer Mitteilung am Sonntag bekannt. Es war der blutigste Tag, seit das Militär sich am 1. Februar an die Macht geputscht hat.

Nach Angaben der UNO schossen Sicherheitskräfte in den beiden größten Städten Rangun und Mandalay sowie in Dawei, Bag, Myeik und Pokokkuo mit scharfer Munition auf Menschenmassen. Auch seien bei den Demonstrationen mindestens 85 medizinische Fachkräfte und Studenten sowie sieben Journalisten festgenommen worden.

Insgesamt sollen seit Anfang des Monats mehr als 1.000 Menschen willkürlich verhaftet worden sein. Die UNO verurteilte die „eskalierende Gewalt“ aufs Schärfste und rief das Militär dazu auf, sofort den Einsatz von Gewalt gegen „friedliche“ Demonstrierende einzustellen.

Auschreitungen bei Protesten in Myanmar
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Den ganzen Tag über seien an mehreren Orten im Land Polizei und Militär gegen friedliche Kundgebungen vorgegangen, teilte das UNO-Menschenrechtsbüro mit

Freilassung entmachteter Regierungschefin gefordert

Die Proteste richten sich gegen das Militär. Die Demonstrierenden fordern unter anderem die Freilassung der entmachteten und festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi sowie die Wiedereinsetzung ihrer zivilen Regierung. Die Friedensnobelpreisträgerin wurde per Video zu ihrer ersten Anhörung am Montag vor Gericht geschaltet und scheine „bei guter Gesundheit“, wie ihr Anwalt Khin Maung Zaw der Nachrichtenagentur AFP sagte.

Die 75-Jährige sieht sich mit obskuren Anschuldigungen wie dem Besitz von Funkgeräten konfrontiert. Gegen sie sind zwei Klagen anhängig. Dabei geht es um angebliche Verstöße gegen das Außenhandels- sowie das Katastrophenschutzgesetz. Beobachter glauben, dass die Armee die frühere Freiheitsikone und beim Volk beliebte Politikerin längerfristig aus dem Verkehr ziehen und ihre Teilnahme an den in Aussicht gestellten Wahlen verhindern will.

Auschreitungen bei Protesten in Myanmar
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Seit dem Putsch sind Suu Kyi und etliche Führungsfiguren ihrer Partei in Gewahrsam. Hunderttausende verlangen ihre Freilassung und die Rückkehr zur Demokratie.

Bericht: Demonstrierenden gezielt in den Kopf geschossen

Bei den Protesten vom Sonntag wurde der Polizei vorgeworfen, zunächst mit Gummigeschoßen und Tränengas, später auch mit Blendgranaten und scharfer Munition gegen Demonstrierende vorgegangen zu sein. Dabei soll Demonstrierenden gezielt in den Kopf geschossen worden sein, berichtete das Onlineportal Myanmar Now.

Auf Bildern, die von „Frontier Myanmar“ verbreitet werden, sind Demonstranten zu sehen, die in der Innenstadt von Rangun Barrikaden errichtet haben. Manche tragen Schilder, auf denen steht: „Schützt das Volk. Schützt die Demokratie.“

Blutigster Tag seit Militärputsch in Myanmar

In Myanmar sind bei landesweiten Protesten gegen den Militärputsch mindestens 18 Menschen getötet und mehr als 30 weitere Personen verletzt worden. Das gaben die Vereinten Nationen in einer Mitteilung am Sonntag bekannt. Es war der blutigste Tag, seit das Militär sich am 1. Februar an die Macht geputscht hat. (Videoquelle: EBU/JPNHK/NIPPON HOSO KYOKAI)

UNO-Botschafter wegen „Hochverrats“ entlassen

Am Samstag meldete das Staatsmedium „Global New Light of Myanmar“, dass der UNO-Botschafter Kyaw Moe Tun wegen „Hochverrats“ entlassen worden sei. Der Diplomat hatte sich am Freitag in einer Rede vor den Vereinten Nationen zur entmachteten gewählten Zivilregierung des Landes bekannt und die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, der Machtübernahme durch die Militärjunta ein Ende zu setzen. Zum Abschluss seiner etwa zehnminütigen Rede in New York formte er mit drei Fingern einen Gruß, der auch von den Demonstranten in Myanmar benutzt wird.

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Dem UNO-Menschenrechtsbüro zufolge hätten Sicherheitskräfte auch scharf geschossen

Appelle von EU und UNO

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, sprach von einer „brutalen Repression friedlicher Proteste“ und rief die Militärjunta dazu auf, die Gewaltanwendungen gegen Zivilisten sofort einzustellen. Die EU werde bald mit Maßnahmen auf die jüngsten Entwicklungen in Myanmar reagieren. Der deutsche Außenminister Heiko Maas hatte bereits am 22. Februar bei Beratungen mit EU-Kollegen in Brüssel Sanktionen gegen die Junta in Aussicht gestellt.

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilte das gewaltsame Vorgehen von Polizei und Militär gegen Demonstranten in Myanmar scharf. „Der Einsatz tödlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten und willkürliche Festnahmen sind inakzeptabel“, sagte UNO-Sprecher Stephane Dujarric am Sonntag. Die steigende Zahl an Toten und Verletzten sei zutiefst verstörend. „Der Generalsekretär drängt die internationale Gemeinschaft dazu, zusammenzukommen und dem Militär klar zu signalisieren, dass es den Willen der Bevölkerung von Myanmar, wie er durch die Wahl ausgedrückt wurde, respektieren und mit der Unterdrückung aufhören muss.“

Am 1. Februar hatte das Militär in Myanmar gegen Regierungschefin Suu Kyi geputscht. Sie hatte die Parlamentswahl im November mit klarem Vorsprung gewonnen. Seit dem Umsturz gab es immer wieder Massenproteste in Myanmar. Das Militär hat zuletzt mit zunehmender Härte versucht, den Widerstand zu brechen.