Pressekonferenz nach Corona-Gipfel
APA/Helmut Fohringer
Testregion Vorarlberg

Regierung setzt auf regionale Lockerungen

In der nächsten Etappe im Kampf gegen die Pandemie hat die Regierung leichte – regional unterschiedliche – Lockerungen angekündigt. Vorreiter wird Vorarlberg. Aufgrund einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von 73 will die Regierung hier bereits ab 15. März bei Sport, Kultur und Gastronomie Öffnungsschritte zulassen. Die anderen Bundesländer sollen in der Karwoche folgen, stellte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Plan nach den Verhandlungen vor.

Die Pressekonferenz hatte sich verzögert, weil noch heftigst um die Öffnung der Gastronomie gefeilscht wurde. Die Landeshauptleute hatten sich dafür ausgesprochen, das Gesundheitsministerium gab sich zögerlich. Am 27. März sollen nun auch in den anderen Bundesländern die Gastgärten öffnen. Schon zuvor, bereits ab Mitte März, soll Kinder- und Jugendsport in Vereinen im Freien österreichweit wieder erlaubt sein. Aus den Öffnungsschritten der vergangenen drei Wochen zog Kurz eine positive Bilanz. Diese Lockerungen hätten rund 120.000 Menschen wieder in Beschäftigung gebracht.

Doch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) warnte vor zu großen Lockerungen: „Die starken Zuwächse in manchen Bundesländern müssen unter Kontrolle gebracht werden.“ Dazu sollen regional Maßnahmen in besonders stark betroffenen Regionen gesetzt werden – wie etwa Ausreisetests, die bereits in Tirol eingesetzt werden. In den kommenden Tagen sollen darüber Gespräche mit Kärnten und Salzburg geführt werden. Die derzeit höchsten Inzidenzen haben ja auf Bezirksebene mit Abstand Hermagor und St. Johann in Pongau. Zudem soll am Arbeitsplatz die FFP2-Pflicht ausgeweitet werden.

Corona-Gipfel im Bundeskanzleramt in Wien
APA/Helmut Fohringer
Größter Streitpunkt bei den Verhandlungen war die Öffnung der Gastronomie

Kultur bekommt Perspektive für April

In zwei Wochen soll laut Anschober überprüft werden, ob die Öffnungsschritte machbar sind, „um auf der sicheren Seite zu sein“. Voraussetzung für die Lockerungen sei, dass es zu keinem exponentiellen Wachstum komme. Kultur, Tourismus und Gastronomie in Innenräumen bekommen von der Regierung eine Öffnungsperspektive für April – mit Eintrittstests, Gästeregistrierung und bei Veranstaltungen mit FFP2-Maske. Diese Bereiche mit April zu öffnen sei das Ziel, so Kurz. Aber niemand könne das Infektionsgeschehen vorhersagen.

Regionale Lockerungen angekündigt

In der nächsten Etappe im Kampf gegen die Pandemie hat die Regierung leichte – regional unterschiedliche – Lockerungen angekündigt. Vorreiter wird Vorarlberg.

Testregion Vorarlberg

Vorarlberg soll aufgrund seiner stabilen Infektionslage eine Modellregion für die Öffnungen sein – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) will etwa vor allem für Kinder und Jugendliche etwas tun. Auch die Gastronomie soll vollständig geöffnet werden. Dafür würden noch mehrere Eintrittstestvarianten geprüft, so Wallner.

Das regionalisierte Vorgehen stieß zuvor vor allem bei den Landeshauptleuten im Osten Österreichs auf Kritik. Wien, Niederösterreich und das Burgenland haben derzeit mit rund 186, 194 und 192 hohe 7-Tage-Inzidenzen. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprachen sich für österreichweit einheitliche Richtlinien aus.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner
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Vorarlbergs Landeshauptmann Wallner darf in seinem Bundesland als erstes Öffnungen umsetzen

Auch Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) wandte sich gegen einen „Fleckerlteppich“. FPÖ-Chef Norbert Hofer lehnte die regionalisierten Schritte ebenfalls ab. Das führe zu einer weiteren Spaltung. Bei der Vorstellung der neuen Maßnahmen zeigten sich die Ländervertreter, die bei der Pressekonferenz anwesend waren, versöhnlicher. Es mache Sinn, mit Vorarlberg bei den Lockerungen zu beginnen, meinte etwa der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Auch Ludwig sagte, dass Vorarlberg aufgrund der geringeren Mobilität in dem Bundesland sich gut als Testregion eigne.

Rendi-Wagner gegen weitere Öffnungen

Während die Landeshauptmänner der SPÖ-geführten Länder für eine Öffnung eingetreten waren, wollte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner eher auf die Bremse steigen. Für sie sind die gestiegenen Neuinfektionen und die höhere Zahl der Intensivpatienten Ergebnis der verfrühten Öffnungen der Regierung.

Auch Experten und Expertinnen hatten sich zuvor gegen weitere Lockerungen ausgesprochen. Da die Bevölkerung aber weitere Lockdown-Maßnahmen nicht mehr mittrage, sei es sinnvoller, unter kontrollierten Bedingungen zu lockern – begleitet von einem starken Ausbau der Tests, so Oswald Wagner, Vizerektor der MedUni Wien bei der Pressekonferenz. Für Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), sind die vorsichtigen Öffnungsschritte „sehr gut nachvollziehbar“. Ein Lockdown sei das letzte Mittel, das man anwende, und das sehr ungern – mehr dazu in wien.ORF.at.

Gastronomie und Hotellerie enttäuscht

In den vergangenen Tagen war aber der Druck auf die Regierung, weitere Öffnungsschritte zu setzen, gestiegen. Mehrere Landeshauptleute, neben Mikl-Leitner etwa ihr oberösterreichischer Kollege Thomas Stelzer (ÖVP) und der Burgenländer Hans Peter Doskozil (SPÖ), wollten möglichst schon Mitte des Monats die Gastronomie offen sehen. Auch die Branchenvertreter von Gastronomie und Hotellerie sowie NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn hatten auf eine baldige Öffnung gedrängt.

Reaktionen der Opposition

Die Opposition übt Kritik an den Regierungsplänen, der SPÖ-Chefin gehen die Öffnungen zu weit, der FPÖ hingegen zu wenig weit.

Das Argument der Landeshauptleute für die Lockerung bei der Gastronomie: Es sei für die Eindämmung der Pandemie sinnvoller, Kontakte kontrolliert in der Gastronomie stattfinden zu lassen als unkontrolliert im privaten Bereich. Dass nun in allen Bundesländern außer in Vorarlberg erst Ende März die Schanigärten sowie die Hotellerie und Gastronomie in Innenräumen frühestens im April öffnen dürfen, sorgt nun für Unmut.

„Tropfen auf den heißen Stein“

Es wäre mehr möglich gewesen, sagte etwa Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und forderte einen Stufenplan für die Öffnung aller Branchen. Trotz der Lockerung in der Gastronomie in Vorarlberg und der Öffnung von Schanigärten ab Ende März in ganz Österreich gebe es für einen „Großteil unserer Betriebe dennoch Frustration und Enttäuschung, denn für sie bedeutet das eine Verlängerung des Lockdowns“, so die Obleute der Fachverbände Hotellerie und Gastronomie in der WKÖ, Susanne Kraus-Winkler und Mario Pulker.

Viele Betriebe hätten keinen Außenbereich oder dieser sei zu klein, um die Öffnung wirtschaftlich darstellen zu können, kritisierte Pulker. Die Öffnung der Schanigärten Ende März sei „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Es gehe ein Aufschrei durch die Branche.

Kurz: 30.000 Impfungen pro Tag

Was die weitere Impfstrategie betrifft, pochte Kurz erneut darauf, dass zunächst die Älteren und Risikogruppen geimpft werden sollten. Aber jede Impfung bringe Österreich „einen Schritt mehr in Richtung Normalität“. Im März sollen laut Kurz nun 30.000 Menschen pro Tag geimpft werden, im April über 45.000 pro Tag. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger sah bei den Impfungen großen Nachholbedarf.