Bundeskanzleramt am Ballhausplatz
ORF.at/Roland Winkler
„Ibiza“-U-Ausschuss

„Projekt Ballhausplatz“ im Fokus

Das „Projekt Ballhausplatz“, also jene Wahlkampfstrategie, die den damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz 2017 ins Kanzleramt verhalf, steht am Mittwoch im Fokus des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses. Als Auskunftspersonen sind auch einer der engsten Berater von Kurz, Stefan Steiner, und der nunmehrige ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior geladen.

Steiner, der als erste Auskunftsperson Rede und Antwort stehen muss, war in die Regierungsverhandlungen von ÖVP und FPÖ involviert, gilt als enger Vertrauter des Kanzlers und soll das „Projekt Ballhausplatz“ geleitet haben. Demnach sollen Kurz und sein Team die Kanzlerschaft minutiös vorbereitet haben, wie Unterlagen zeigen.

So gab es bereits 2016 Pläne zur internen Umgestaltung der ÖVP sowie für die ersten 100 Tage nach dem Einzug ins Kanzleramt. Dem Ausschuss geht es aber hauptsächlich darum, ob und wie Spenden gesammelt wurden. Ebenfalls eine wesentliche Rolle soll Melchior, der nach Steiner an der Reihe ist, beim „Projekt Ballhausplatz“ gespielt haben.

Melchior ist seit Anfang 2020 Generalsekretär der Volkspartei und hatte diese Funktion bis 2013 bei der Jungen Volkspartei (JVP) inne, deren Obmann Kurz war. Einen Konnex zur türkisen Jugendorganisation hat auch die dritte Auskunftsperson an diesem Tag, eine enge Mitarbeiterin des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium und nunmehrigen ÖBAG-Chefs, Thomas Schmid.

Ärger über Kurz-Strache-SMS

Spannend wird der Ausschusstag auch in Bezug auf einen weiteren Umstand: So wurde die Lieferung von Chats und SMS zwischen Kurz und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erwartet. Zwar handelt es sich dabei um Nachrichten, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich relevant sind, doch könnten sie politische Brisanz bringen. Bereits am Vortag sorgte die hohe Geheimhaltungsstufe (dem Vernehmen nach Geheimhaltungsstufe 3, also „geheim“) für Verärgerung bei der Opposition.

Das „Ibiza-Video“ selbst unterliegt im U-Ausschuss der höchsten Geheimhaltungsstufe 4, was „streng geheim“ bedeutet. Dass die Kurz-Strache-SMS nur eine Stufe darunter liegen, rief bereits am Vortag Unverständnis bei SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer hervor. Demnach dürften Abgeordnete sich nicht einmal darüber unterhalten – außer, man befinde sich in einem abhörsicheren Raum. Fragen dazu gestellt werden dürfen nur in einer geheimen Sitzung. Umstände, die von der Opposition wohl scharf kritisiert werden dürften.

Auch Donnerstag bringt Spannung

Spannung verspricht auch die Befragung der Unternehmerin Gabriela Spiegelfeld am Donnerstag. Sie soll – geht es nach der Opposition – „Spendenpartys“ im Wahlkampf für Kurz organisiert haben. Die ÖVP wehrt sich gegen diese Formulierung, es soll sich lediglich um ein Personenkomitee gehandelt haben, das sie angeführt habe. Zuletzt in den Schlagzeilen war Spiegelfeld als Organisatorin eines angeblichen „Frühstücktermins“ mit Kurz und dem einstigen Novomatic-Vorstand Harald Neumann, was sie auch bestätigte. Die ÖVP sprach von Veranstaltungen mit vielen Personen.

Kurz beklagte „Dirty Campaigning“ durch Zackzack.at

Apropos Spiegelfeld: Am Dienstag sorgte ein Disput zwischen Kurz und dem Onlinemedium Zackzack.at von Ex-Parlamentarier Peter Pilz für Wirbel. Erhoben wurde der Vorwurf der verbotenen Geschenkannahme, weil Kurz angeblich gratis in Spiegelfelds Haus Urlaub gemacht habe – was er bestreitet. Der Akt dazu fuße auf Behauptungen des Zackzack.at-Chefredakteurs.

Kurz machte den Vorwurf des Gratisurlaubs am Dienstag in einem recht kurzfristig einberufenen Hintergrundgespräch mit Journalisten selbst öffentlich. Es gehe ihm darum, „das System Peter Pilz“ darzustellen, der frühere Grünen-Politiker und Parteigründer der Liste Pilz betreibe mit seinem Portal „Dirty Campaigning“, kritisierte Kurz. Die erhobenen Vorwürfe seien schlicht falsch.

Pilz wiederum ortete in Reaktion darauf eine „Flucht nach vorne“ des Kanzlers. Kurz werde „sich dran gewöhnen müssen, dass wir über Tatsachen berichten, auch wenn sie für ihn unangenehm sind“, so Pilz. Auch Christian Hafenecker, FPÖ-Generalsekretär und Fraktionsführer im U-Ausschuss, rückte zur Verteidigung des Onlinemagazins aus und warf Kurz vor, „die letzten noch unabhängig von verschenktem Steuergeld agierenden Medien und damit die Pressefreiheit ins Visier“ zu nehmen.