„Ibiza“: Enge Kurz-Mitarbeiter stehen Rede und Antwort

Das „Projekt Ballhausplatz“, also jene Wahlkampfstrategie, die dem damaligen ÖVP-Chef Sebastian Kurz 2017 ins Kanzleramt verhalf, steht heute im Fokus des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses. Als Auskunftspersonen sind einer der engsten Berater von Kurz, Stefan Steiner, und der nunmehrige ÖVP-Generalsekretär Axel Melchior geladen.

NEOS: Steiner „Hirn“ des Kanzlers

NEOS will heute den Begriff „Spenden“ hinterfragen, wie Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper unmittelbar vor Befragungsbeginn ankündigte. Steiner bezeichnete sie als das „Hirn“ des Kanzlers, der mit seinem Honorar mehr verdiene als Kurz selbst („Was sind seine Leistungen?“). Melchior wiederum sei auch für die Spenden zuständig gewesen – es stelle sich die Frage, wer „bereit (war), der ÖVP Geld zu geben“.

Auskunftsperson Stefan Steiner beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Kritik übte Krisper an der bis dato noch nicht erfolgten Lieferung der Chats und SMS zwischen Kurz und Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache. Auch sprach sie die Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria an. Dass der Schwager der Büroleiterin von Kurz (sie ist für morgen in den Ausschuss geladen) dort Geschäftsführer ist, könnte ein Zufall sein – man glaube aber nicht an Zufälle.

SPÖ und Grüne sehen Untersuchung im „Kern“ angekommen

Grünen-Fraktionsvorsitzende Nina Tomaselli sagte, man sei „im Kern“ des Ausschusses angekommen. Es könne „niemand mehr bestreiten, dass ÖVP und FPÖ ein politisches System für Gönner und Spender geschaffen hat. Mit Steiner und Melchior seien zwei Insider geladen, als zentrales Dokument würden heute die Unterlagen zum „Projekt Ballhausplatz“ dienen.

„Wenn es mein Plan ist, Millionen an Spenden zu sammeln, dann ist man sich auch bewusst, dass daran Erwartungen geknüpft sind“, jede Spende habe einen Hintergedanken. Auch Tomaselli übte Kritik an der hohen Klassifizierung der Kurz-Strache-SMS („Immenser Aufwand für den Ausschuss“, „mittelalterlich“). Gefragt nach den Entwicklungen rund um Hygiene Austria betonte Tomaselli die Wichtigkeit der Untersuchungen der WKStA.

Krainer: „Wie offensiv wurden Spenden lukriert?“

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sieht die Spender von der ÖVP „beschützt“, auch er sieht den Ausschuss im Kern angekommen. Heute gehe es darum, „wie offensiv Spenden lukriert wurden“, so Krainer. Steiner sei für die Planung und Strategie zuständig, Melchior für die Spenden als Betreuer der Spender und Spenderinnen. Zur Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria sagte er: „Es stinkt zum Himmel. Ich bin froh, dass die Staatsanwaltschaften den Hinweisen nachgehen.“

Steiner als „Sprengmeister der ÖVP-FPÖ-Koalition“

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker bezeichnete Steiner als „Sprengmeister der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Ibiza-Affäre“. Er sei auch „einer der Masterminds des Projekts Ballhausplatz“. Hafenecker habe den Eindruck, dass Melchior als Sündenbock der ÖVP abgestempelt wurde. Dem Material zufolge sei er „der Chefkassier der ÖVP“. Hafenecker fragte sich zudem, was Melchior im Parlament mache, da er nur selten spreche. „Ist das ein Mascherlposten?“

Mit Laptop auf Spaziergang – FPÖ: „Unerträglich“

Auch die über einen Artikel im „Standard“ heute publik gewordenen Details zur Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) kommentierte er. Der Artikel beschreibt, dass sich während der laufenden Hausdurchsuchung herausstellte, dass Blümels Frau den Laptop auf einen Spaziergang mitgenommen hatte. Blümels Kabinettschef brachte das Gerät in der Folge zu den Ermittlern zur Wohnung.

Hafenecker dazu: „Im Kinderwagen ein Laptop, das ist unerträglich. Wir lassen uns von dieser ÖVP nicht mehr an der Nase herumführen. Wir werden eine Anzeige gegen Blümel einbringen. Was wurde aus dem Laptop?“ Auch zu Hygiene Austria nahm er Stellung: Wenn der Verdacht stimme, dass Masken aus China billig eingekauft wurden und hier umgepackt wurden – auch das Parlament verwendet diese Masken –, dann sei es ein „Skandal“.

Gerstl: „Heute mehr Show als Aufklärung“

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl sagte, er habe eine komplett andere Sicht der Dinge. Es gehe der Opposition „nicht nur um Ibiza, sondern um die ÖVP“. Seit Monaten werde versucht, die ÖVP zum Thema des Ausschusses zu machen („Sie hat Ibiza verdrängt“). So werde es heute „mehr Show geben als Aufklärung“, so Gerstl.

Zur Hausdurchsuchung bei Hygiene Austria verwies er auf „schwerwiegende Vorwürfe von beiden Seiten“. „Wenn der Vorwurf der Staatsanwaltschaft stimmt, braucht es ein Verfahren. Wenn der Vorwurf des Unternehmens stimmt, dann gehört es aufgeklärt“, so Gerstl. Zur Berichterstattung zu Causa Blümel verwies er darauf, dass Blümel der WKStA selbst gesagt habe, dass es einen Laptop gibt, den er und seine Frau benützen.