Zerstörte Häuser und Rauchwolken in Aleppo (Syrien)
AP/Manu Brabo
Chronologie

Bürgerkrieg seit 2011

Vor zehn Jahren kam es zum Krieg in Syrien. Wie aus einer niedergeschlagenen Revolution ein internationaler Konflikt mit weitreichenden Folgen wurde – ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen in Jahresetappen.

2011: Im März erreicht der „arabische Frühling“ Syrien. Mitte März sprühen Jugendliche in der Stadt Daraa Anti-Regime-Parolen auf Mauern und werden verhaftet. Proteste richten sich zunächst gegen diese Verhaftungen und das Vorgehen der Sicherheitskräfte. In immer mehr Städten gehen die Massen gegen das Polizei- und Geheimdienstregime von Präsident Baschar al-Assad auf die Straßen. Die Regierung setzt Scharfschützen ein und lässt die Demonstrationen blutig niederschlagen. Die Opposition gründet daraufhin im Juni die Freie Syrische Armee (FSA). Es kommt zu ersten Kämpfen in Homs und der Hauptstadt Damaskus.

2012: Der Bürgerkrieg ist voll ausgebrochen. Im UNO-Sicherheitsrat scheitert eine Resolution für ein internationales militärisches Eingreifen in Syrien am Veto Russlands und Chinas. Es bilden sich Abspaltungen von der FSA bzw. separate Milizen der Opposition nach religiösen und ethnischen Gesichtspunkten, darunter islamistische (wie die aus der al-Kaida hervorgegangene Al-Nusra-Front) und kurdische Milizen. Die Islamisten kämpfen anders als die moderate Opposition für ein religiöses System in einem Syrien nach Assad. Ende des Jahres ist bereits eine halbe Million Menschen aus dem Land geflohen. Auf der ersten Syrien-Friedenskonferenz in Genf hat die Opposition eine Übergangsregierung gefordert.

2013: Bei einem mutmaßlich von der Regierung verantworteten Giftgasangriff in Ghuta nahe Damaskus kommen mehrere hundert Menschen um. Das Assad-Regime erklärt sich zur Vernichtung seiner Chemiewaffen bereit, um so eine angedrohte US-Militärinvasion abzuwenden. Inzwischen ist der Bürgerkrieg auch in Aleppo voll ausgebrochen. Bewaffnete Aufständische kontrollieren die zweitgrößten Stadt des Landes. Die sunnitische Dschihadistenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS), später Islamischer Staat (IS), nimmt die Stadt Rakka ein. Ende des Jahres sind 2,3 Menschen aus dem Land geflohen.

2014: 2014 kommt es zu einer Internationalisierung des Konflikts: Die USA und die Türkei unterstützen Aufständische (die Türkei auch islamistische), Russland und der Iran das Regime. Die USA greifen aktiv in den Syrien-Krieg ein, indem sie IS-Stellungen dort und im Irak bombardieren. Der IS übernimmt die Stadt Kobane an der türkischen Grenze von den Kurden.

2015: Russland wird zum entscheidenden Faktor: Aufseiten des Assad-Regimes machen vor allem russische Luftangriffe die Rückeroberung von Aufständischen gehaltener Gebiete möglich. Die bunt gemischte Opposition übernimmt allerdings die Kontrolle über Idlib. Auf mehreren Friedenskonferenzen vereinbarte Waffenruhen werden nicht eingehalten. Der IS besetzt die antike Stadt Palmyra und zerstört UNESCO-Weltkulturerbestätten. Die Zahl der Syrien-Flüchtlinge im Ausland erreicht vier Millionen: Viele ziehen von Nachbarländern weiter nach Europa, wo es zur „Flüchtlingskrise“ kommt.

2016: Die Regierungstruppen nehmen mit Hilfe Russlands und des Iran Aleppo ein. Die – teils islamistischen Aufständischen – ziehen sich von dort in die nach wie vor von den Regierungsgegnern gehaltene Provinz Idlib zurück. Die immer wieder aufgenommenen Genfer Friedengespräche werden für gescheitert erklärt.

Grafik zum Krieg in Syrien
Grafik: APA/ORF:at; Quelle: ISW/liveuamap.com

2017: Syrien-Konferenzen in Kasachstan mit Russland und dem Iran auf der einen Seite und der Türkei als Unterstützerin der syrischen Opposition etablieren sich. Vereinbarte Waffenruhen für einzelne Gebiete werden gebrochen. Bei einem Luftangriff mit dem chemischen Kampfstoff Sarin in Chan Scheichun in Nordsyrien sterben mindestens 70 Menschen. Die USA reagieren mit einem Raketenangriff auf eine syrischen Luftwaffenbasis. Im Herbst vertreiben kurdische Kämpfer mit Unterstützung der USA den IS aus Nordsyrien.

2018: Die Türkei marschiert im Konflikt mit den Kurden in Syrien ein und übernimmt u. a. die Kontrolle der Stadt Afrin. Chlorgasangriff auf die Stadt Duma: Die USA, Frankreich und Großbritannien bombardieren als Reaktion Ziele des Regimes. Das Regime nimmt die südwestliche Provinz Daraa von den Aufständischen ein. Idlib im Nordwesten bleibt – bis heute – die einzig verbliebene Rebellenprovinz.

2019: Der IS ist in Syrien gänzlich besiegt. Das Regime beginnt eine Großoffensive auf Idlib und löst damit eine weitere Massenflucht aus. Zugleich leitet das Regime auf Basis seiner Gebietsgewinne den Wiederaufbau ein. Die Türkei startet eine weitere Offensive gegen Kurden im Norden. Mit dem Kampf gegen die Kurden ist Ankara in Konflikt mit Washington geraten, hatten kurdische Kämpfer doch mit US-Unterstützung den IS niedergerungen.

2020: Erhöhte Spannungen zwischen dem Regime und der Türkei rund um die Rückeroberung des großteils von Dschihadisten gehaltenen Idlib.

2021: Auch Israel ist Kriegspartei: Es fliegt einmal mehr Luftangriffe in Syrien, um den mit dem Assad-Regime verbündeten Erzfeind Iran zu treffen. Die ersten Luftangriffe hatte Israel im Nachbarland bereits am Beginn des Krieges geflogen.