„Ibiza“: OStA-Leiter nimmt zu „Störfeuer“-Vorwurf Stellung

Im „Ibiza“-U-Ausschuss wird derzeit Johann Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), befragt – es ist bereits sein zweiter Auftritt als Auskunftsperson. Fuchs war von einer ehemaligen Korruptionsstaatsanwältin bei ihrer Befragung durch die Abgeordneten „Störfeuer“ vorgeworfen worden.

Oberstaatsanwaltschaft Johann Fuchs im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz

Sein Handeln sei „ausschließlich“ durch das Gesetz bestimmt und nicht durch opportunistische Überlegungen oder „Netzwerke“, meinte Fuchs. So bezeichnete er aus „heutiger Sicht“ auch die „gesetzmäßige Strukturierung“ der Ermittlungen in einen Strang rund um die Erstellung des Videos, den die Staatsanwaltschaft Wien bearbeitet, und in die Ermittlungen zu Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen durch die WKStA als „gute Entscheidung“.

Wirbel "vollkommen unverständlich“

Die E-Mail von Pilnacek, wonach ÖVP-Justizminister Josef Moser der „WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen möchte“, habe auf den Verfahrensfortgang „keinen Einfluss“ gehabt. Dabei habe es sich auch nicht um eine Weisung „im Sinne des Gesetzes“ gehandelt, sondern um eine „interne Diskussion“. Daher sei diese auch nicht „veraktet“ worden, die dadurch entstandene Aufregung für ihn „vollkommen unverständlich“.

„Schikanen ausgeschlossen“

Bis dato seien vier Weisungen in der Causa Ibiza erteilt worden. Diese seien aus seiner Sicht „rechtlich gut begründet“ gewesen. Keine der Weisungen sei „persönlich“ ergangen. Das entspreche auch nicht dem System und schließe „behauptete Schikanen“ aus, so Fuchs. Die ehemalige Korruptionsstaatsanwältin Christina Jilek, die im Ausschuss von „Störfeuern“ der OStA gesprochen hatte, genieße bei der OStA und bei ihm „persönlich einen ausgezeichneten Ruf“.

Dass sie, wie von ihr geschildert, die WKStA wegen einer dienstrechtlichen Maßnahme von ihm verlassen habe, mache ihn „doppelt betroffen“. Dabei hat es sich laut Fuchs um keine „disziplinäre Maßnahme“ gehandelt, sondern um eine „formalisierte, fachliche Kritik zu einem absoluten Randthema in den Ibiza-Ermittlungen“. Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass es Störungen der Ermittlungen gegeben habe oder gesetzeswidrige Vorkommnisse, so Fuchs.

Pilnacek „exzellenter Strafrechtsexperte"

Unsicher zeigte sich Fuchs, was die Kommunikation mit Pilnacek betrifft. Ausgetauscht habe man sich aber auch noch, als dieser nicht mehr Leiter der Strafrechtssektion war. Dieser sei immerhin ein „exzellenter Strafrechtsexperte“. Ausschließen konnte Fuchs auch nicht, dass man sich im Nachhinein über die Verdachtseinschätzung im Fall von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) unterhalten habe. Immerhin gebe es nicht so viele Leute im Büro, mit denen dies möglich sei.

Ob er Pilnacek generell Aktenteile überlassen hat, konnte Fuchs nicht genau beantworten. Auf die Frage, ob er je Aktenteile abfotografiert habe, verwies Fuchs darauf, dass er immerhin zwei Stunden mit dem Zug zur Arbeit fahre und manche Fälle während der Fahrten aus dem Burgenland nach Wien am Handy studiere. An „Unberechtigte“ habe er Akten aber sicher nie weitergeleitet.

Fuchs-Pilnacek-Mails im Fokus

Vor der Befragung von Fuchs stand ein ehemaliger Kabinettsmitarbeiter im Justizministerium Rede und Antwort. Roland K., 15 Jahre lang Staatsanwalt und seit Februar 2019 unter ÖVP-Minister Josef Moser und Minister Clemens Jabloner im Justizministerium, löste mit seinen Hinweisen an Behörden Verfahren gegen Fuchs und Pilnacek bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck aus.

Grund dafür ist besagter Mailverkehr zwischen den beiden nach dem Erscheinen des „Ibiza-Videos“. Darin schreibt Pilnacek, dass man der WKStA „keine aktive Rolle“ zukommen lassen solle. Entsprechend ging es in der Befragung um mögliche Beschränkungen der Behörde – auch den Begriff „Zerschlagung“ erwähnte die Auskunftsperson unter Bezugnahme auf einen ehemaligen Minister.

Staatsanwalt Robert K. im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz

Keine Frage von „Mut“

Er sei medial als „Insider“, „Whistleblower“ oder „mutiger Beamter“ dargestellt worden, so wollte sich K. aber gleich eingangs nicht sehen. Er habe niemandem etwas zugespielt, sondern lediglich seine Aufgabe erfüllt, die er als Beamter habe. Mit Mut habe das nichts zu tun, wenngleich es unangenehm sei, betreffe es doch hohe Beamte. Er habe rechtskonform gehandelt.

Unterlagen nicht veraktet oder nicht vorgelegt

Gleich eingangs schilderte er den Hergang: Im Verweis auf seine Kenntnis der Unterlagen zu den Causen „Ibiza“ und Casinos sei er davon ausgegangen, dass von den Zuständigen alles vorgelegt worden sei.

Doch habe er anhand der Befragungen von Pilnacek und Fuchs im U-Ausschuss erkannt (anfangs durch Medienberichte, später nach Durchsicht der stenografischen Protokolle), dass die Schilderungen im Ausschuss von seinen Unterlagen abwichen. Man habe daraus schließen können, dass nicht alle relevanten Dokumente zu den „Ibiza“-Ermittlungen vorgelegt worden seien.

„Aus meiner Sicht war das eine Weisung“

Obwohl er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Kabinett tätig war, übermittelte er den Behörden offiziell und unter seinem Namen E-Mails. In diesen schrieb etwa Pilnacek am Abend des Erscheinens des „Ibiza-Videos“, dass man der WKStA keine aktive Rolle bei den Ermittlungen zukommen lassen solle.

Es habe geheißen: „HBM (Herr Bundesminister, Anm.) möchte der WKStA keine aktive Rolle zukommen lassen“. K. dazu: „Aus meiner Sicht war das eine Weisung.“

Am Tag nach der Veröffentlichung des Videos habe es einen Mailverkehr zwischen Fuchs und Pilnacek gegeben, wonach die WKStA den Auftrag bekommen habe, das Bildmaterial herbeizuschaffen, gab die Auskunftsperson an. Fuchs habe gefragt, ob man auf die Anzeige warten oder von sich tätig werden wolle. Letzteres sei der Fall gewesen.

„Hier wird etwas Inhaltliches abverlangt“

Jedenfalls habe Pilnacek aber die OStA Wien angewiesen, die WKStA anzuweisen, das Video beizuschaffen – als Erkundigung, ob ein Anfangsverdacht bestehe, gab die Auskunftsperson an („Hier wird etwas Inhaltliches abverlangt, schafft das Video bei“). Pilnacek habe gemeint, die WKStA solle nicht warten, sondern tätig werden, so die Auskunftsperson sinngemäß.

Für ihn selbst sei klar gewesen, dass es nicht um ein Ermittlungsverfahren gegangen sei, sondern eben um eine Erkundigung, ob es einen Anfangsverdacht gibt. Pilnacek habe ausgesagt, er habe eine Weisung „nur mündlich“ erteilt – er habe aber eben die Wahrnehmung, dass es die Mail dazu gebe.

Eine Behinderung der Arbeit der WKStA könne man nur ableiten – freilich habe niemand aktiv gesagt: „Wir wollen das behindern.“ Jedenfalls: Er sei zur Ansicht gelangt, dass es eine „Vorlagepflicht“ gebe, Auffassungsunterschiede zwischen WKStA, OStA und Strafsektion im Ministerium habe er jedenfalls wahrgenommen.

K.: Moser sprach von „Zerschlagung“ der WKStA

Ex-Justizminister Moser bestritt im Jänner vehement, dass er die WKStA unberücksichtigt lassen wollte. Das sei „absoluter Blödsinn“, sagte er damals. Er habe vielmehr beauftragt, dass die Justiz möglichst rasch ermitteln sollte. Die Auskunftsperson gab heute im Ausschuss zu Protokoll, dass ihm Moser einmal gesagt habe, die WKStA werde „zerschlagen“. Er habe aber nicht nachgefragt („Warum oder wie oder was“) – auch andere Beteiligte hätten Mosers Aussage schweigend zur Kenntnis genommen.

Moser: „Absoluter Holler“

Moser sprach in einer ersten Reaktion von einem „absoluten Holler“ – die WKStA sei „nie infrage“ gestellt worden.

Auf die Frage, ob K. während seiner Zeit im Kabinett wahrgenommen habe, dass sich Regierungsmitglieder aktiv um Informationen zu Verfahrensständen bemüht haben, antwortete die Auskunftsperson: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) habe 2019 wegen der Causa um den Wiener Stadterweiterungsfonds bei Moser nachgefragt. Dieser soll dann gesagt haben, dass alles normal sei wie bei allen Verfahren.

Er selbst habe das aber nur von Moser erfahren, selbst war er am Gespräch nicht beteiligt. In der Causa wurde auch gegen hochrangige Beamte ermittelt. Alle wurden inzwischen freigesprochen.