Johnson & Johnson Covid-19 Impfstoff
APA/AFP/Kamil Krzaczynski
Johnson & Johnson

Grünes Licht für Impfstoff in Europa

Der Impfstoff des US-Unternehmens Johnson & Johnson (J&J) hat am Donnerstag eine Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) erhalten. Wenige Stunden später genehmigte auch die EU-Kommission den Einsatz. Bis der Impfstoff tatsächlich verimpft werden kann, wird es aber noch einige Wochen dauern.

Die EU-Kommission genehmigte das am Donnerstag, wie Präsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter mitteilte. „Mehr sichere und wirksame Impfstoffe kommen auf den Markt“, schrieb von der Leyen. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA hatte zuvor eine bedingte Zulassung des Vakzins empfohlen.

Die EU setzt große Hoffnungen auf das Präparat, einen Vektorimpfstoff: Das Vakzin ist das erste gegen CoV, von dem nur eine Dosis verabreicht werden muss. Zudem kann er bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden.

Milde Nebenwirkungen gemeldet

Die Wirksamkeit liegt nach Angaben des Herstellers bei etwa 66 Prozent. Gegen schwere Covid-19-Erkrankungen hat das Vakzin eine Wirksamkeit von rund 85 Prozent – auch bei Älteren. Der bereits vor zwei Wochen in den USA zugelassene Impfstoff soll auch gegen CoV-Varianten effektiv sein. Entwickelt wurde er in Belgien von der J&J-Tochter Janssen. In Österreich werden derzeit Dosen der Hersteller Biontech und Pfizer, Moderna und AstraZeneaca verimpft.

Die EMA-Bewertung erfolgte seit mehreren Wochen im Rolling-Review-Verfahren. Dabei werden Forschungsergebnisse geprüft, noch bevor alle Studien abgeschlossen sind und ein Zulassungsantrag gestellt wurde. Das Verfahren ist deutlich schneller, ist aber nach Angaben der EMA ebenso gründlich. Es würden keine Abstriche bei den Sicherheitsstandards gemacht, betonte die EU-Behörde.

Vektorimpfstoff

Einem harmlosen Erkältungsvirus wird ein kleiner Teil des genetischen CoV-Codes hinzugefügt. Nach der Impfung soll der Körper Antikörper und Abwehrzellen bilden. Diese kommen in Aktion, sobald eine Infektion mit dem echten Coronavirus erfolgt.

Dennoch wurde über eine bedingte Marktzulassung entschieden. Damit ist Johnson & Johnson verpflichtet, auch nach der Zulassung Daten etwa zur Langzeitwirkung zu übermitteln. Diese werden ebenso wie Angaben zu möglichen Nebenwirkungen weiterhin geprüft. Von Versuchspersonen wurden bisher nach Angaben des Herstellers milde Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Muskelschmerzen und Rötungen an der Einstichstelle gemeldet.

„Rückenwind“ für Impfkampagne

Österreichs Gesundheitsministerium sieht „Rückenwind“ für die heimische Impfkampagne. Als „eine gute Nachricht für die EU und für Österreich“ wertete das Ressort gegenüber der APA den Schritt. „Mit dem nun vierten zugelassenen Impfstoff in der EU kann unsere Impfstrategie wie geplant Schritt für Schritt umgesetzt werden und damit die Impfkampagne weiter an Fahrt aufnehmen“, hieß es. „Derzeit rechnen wir mit einer Verfügbarkeit von circa 2,5 Millionen Dosen von Johnson & Johnson bis spätestens Ende des Jahres.“

Die ersten Lieferungen seien im zweiten Quartal zu erwarten, die Empfehlung der EMA sehe keine Altersbeschränkung nach oben hin vor. Die Verabreichungsempfehlung als einmalige Injektion sei besonders vorteilhaft, um schwer erreichbaren Personengruppen – etwa Menschen in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen – die CoV-Schutzimpfung zur Verfügung zu stellen.

„Jeder von der EMA zugelassene Impfstoff durchläuft ein präzises und verantwortungsvolles Prüfverfahren“, so das Gesundheitsministerium. Damit sei sichergestellt, „dass es sich dabei um einen sicheren und ausgezeichneten Impfstoff handelt“, der wie jeder zugelassene CoV-Impfstoff höchst wirksam und jedenfalls gut geeignet sei, um schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle zu verhindern. Auch Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog bezeichnete die Zulassung als äußerst erfreuliches Signal.

J&J: „Bis zu drei Milliarden Dosen“ für 2022

Nach Angaben seines Chefwissenschaftlers Paul Stoffels wird Johnson & Johnson bis Ende des Jahres eine Milliarde Dosen seines Impfstoffs ausliefern. „Nächstes Jahr können wir mehr als zwei Milliarden Impfungen schaffen, und sogar bis zu drei, wenn wir die Kapazitäten maximieren.“ Stoffels betonte, er sei zuversichtlich, dass im zweiten Quartal 2021 wie geplant 55 Millionen Dosen in die EU geliefert werden könnten.

Die EU-Kommission bestellte bereits Impfdosen für 200 Millionen Menschen. 55 Mio. Dosen sollen noch im zweiten Quartal dieses Jahres geliefert werden. Für Österreich sind im Rahmen der EU-Beschaffung 2,5 Millionen Dosen bestellt. Es gibt aber Befürchtungen, dass das Unternehmen nicht rechtzeitig liefern kann. Erst am Mittwoch meinte der CDU-EU-Politiker Peter Liese, dass es sogar Zweifel gebe, „dass die zugesagte Liefermenge von 55 Millionen Dosen bis Ende Juni eingehalten werden kann“. Die Firma hatte zuvor einem Insider zufolge gesagt, dass es „unter Stress“ stehe, das vereinbarte Lieferziel bis Ende Juni zu erfüllen, berichtete Reuters.

USA bestellten 100 Mio. zusätzliche Dosen

Angesprochen auf mögliche Lieferverzögerungen von Johnson & Johnson räumte EU-Industriekommissar Thierry Breton am Dienstag allgemein Schwierigkeiten beim Hochfahren der Produktion der verschiedenen Hersteller ein. Speziell zu dem US-Unternehmen wollte er sich aber nicht äußern. „Offiziell werde ich nach dem grünen Licht der EMA in Kontakt mit Johnson & Johnson treten.“

US-Präsident Joe Biden bestätigte kürzlich, dass die USA zusätzliche 100 Mio. Impfdosen bestellten: „Falls wir einen Überschuss haben, dann teilen wir ihn mit dem Rest der Welt.“ Bisher gibt es keine Angaben, bis wann diese zusätzlichen Dosen geliefert werden sollen. Der US-Pharmakonzern Merck hat sich bereiterklärt, den Impfstoff seines Konkurrenten zu produzieren, um das Angebot zu erhöhen. Die US-Regierung unterstützt den Deal finanziell.