VfGH-Präsident für Zurückhaltung der Politik bei Kritik

Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Christoph Grabenwarter, erwartet sich von der Politik Zurückhaltung bei der Kritik an der Justiz. „Die Justiz wurde in den letzten Wochen von einzelnen Politikerinnen und Politikern heftig kritisiert. Mir ist es wichtig, den Kontrapunkt zu setzen. Die Justiz verdient jedes Vertrauen, sie hat keine einseitige politische Schlagseite“, sagte Grabenwarter gestern in der ORF-„Pressestunde“.

„Die Politik hat sich zurückzuhalten, wenn sie die Arbeit der Justiz kritisch betrachtet“, sagte er – denn die Angehörigen der Justiz könnten sich nicht so zur Wehr setzen, wie das Politikerinnen und Politiker könnten.

Das Verhältnis von PolitikerInnen zur Justiz

Konkret nach der Kritik von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gefragt, der im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen seinen Parteikollegen und Vertrauten Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in einem öffentlichen Brief davon gesprochen hatte, dass „fehlerhafte Fakten und falsche Annahmen der WKStA an Medien gelangt“ seien, gab sich Grabenwarter zurückhaltend: „Das ist eine sehr kritische Auseinandersetzung mit der Justiz.“ „Ich möchte hier nicht einzelne Äußerungen von Politikern kommentieren“, sagte er.

Äußerungen zu Brandstetter

Zu den Ermittlungen gegen Verfassungsrichter Wolfgang Brandstetter, der von der Staatsanwaltschaft Wien verdächtigt wird, vom ehemaligen Chef der Strafrechtssektion im Ministerium, Christian Pilnacek, den Termin einer Hausdurchsuchung erfahren und an seinen Klienten (den Investor Michael Tojner) weitergegeben zu haben, sagte Grabenwarter, man könne auf Basis der Informationen, die derzeit vorliegen, kein Amtsenthebungsverfahren gegen Brandstetter einleiten. Es gelte für den Kollegen die Unschuldsvermutung. Sollte Anklage gegen Brandstetter erhoben werden, dann würde aber „mit Sicherheit Handlungsbedarf“ bestehen.

SPÖ und NEOS erfreut

SPÖ und NEOS zeigten sich über die Worte Grabenwarters erfreut. Der VfGH-Präsident habe die „Attacken der ÖVP auf RichterInnen und StaatsanwältInnen“ sehr deutlich kritisiert, so SPÖ-Verfassungssprecher und Vizeklubvorsitzender Jörg Leichtfried in einer Aussendung. Auch NEOS-Verfassungssprecher und Klubvize Nikolaus Scherak begrüßte die Aussagen: „Der Appell des VfGH-Präsidenten Grabenwarter unterstreicht, dass mit den Angriffen der ÖVP auf die Justiz jetzt endlich Schluss sein muss. Es ist nicht die Aufgabe der Politik, sich in die Ermittlungen der Justiz einzumischen. Viel eher sollten sich die Parteien zurückhalten und die Sorgen der Justizbehörden in Bezug auf solche Attacken ernst nehmen.“