Der australische Premierminister Scott Morrison.
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Video aus Parlament aufgetaucht

Neuer Sexskandal in Australiens Koalition

Nach Vergewaltigungsvorwürfen einer Parlamentsmitarbeiterin im Februar wird die australische Volksvertretung nun von einem Sexskandal erschüttert. Hintergrund sind von australischen Medien mit Fotos und Videos untermauerte Berichte über fragwürdige sexuelle Praktiken in Räumen des Parlaments. Der konservative Premier Scott Morrison zeigte sich bei einer Pressekonferenz über die Vorgänge empört – dennoch gerät Australiens Regierung durch den Sexskandal erneut in Bedrängnis.

Morrison nannte die Video- und Fotoaufnahmen, auf denen unter anderem ein vor dem Schreibtisch einer Abgeordneten masturbierender Mann zu sehen ist, am Dienstag „beschämend“ und „schändlich“. Die Videos und Fotos waren am Montag von der Zeitung „The Australian“ und dem Sender Channel 10 veröffentlicht worden.

Angeblich waren sie zuvor in einer Chatgruppe von Mitarbeitern der Regierungskoalition zirkuliert. Nach Angaben des nur als „Tom“ bezeichneten Hinweisgebers nutzten Mitarbeiter und Abgeordnete der Regierungskoalition in der Vergangenheit häufig einen Gebetsraum im Parlament, um Sex zu haben. „Zum Vergnügen von Abgeordneten der Koalition“ seien auch Prostituierte ins Parlament gebracht worden.

„Von Männern bestimmte Kultur“

Im Parlament herrsche eine „von Männern bestimmte Kultur. Die Männer glauben, dass sie tun können, was immer sie wollen“, sagte der Hinweisgeber den Medien. Zwar hätten die Regierungsmitarbeiter mutmaßlich keine Gesetze gebrochen. Was sie getan hätten, sei aber ein „moralischer Bankrott“.

Ein Regierungsmitarbeiter wurde als Reaktion auf die Enthüllungen sofort gekündigt. Die Regierung in Canberra versprach weitere Schritte und Morrison ein hartes Durchgreifen gegen involvierte Mitarbeiter.

Frauenministerin Marise Payne nannte die jüngsten Enthüllungen „mehr als enttäuschend“. Sie forderte eine Untersuchung der Arbeitskultur im Parlament. Auch Kabinettsmitglied Karen Andrews verurteilte die Vorgänge. Sie habe die Nase „absolut voll“ von Sexismus in der Politik.

„Ein Skandal nach dem anderen“

Das australische Parlament steht seit Längerem wegen einer „vergifteten“ Arbeitsatmosphäre in der Kritik. Bereits in der Vergangenheit gab es Berichte über Mobbing, Übergriffe und sexuellen Missbrauch. Im Februar hatte die ehemalige Regierungsmitarbeiterin Brittany Higgins öffentlich Vergewaltigungsvorwürfe gegen einen ehemaligen Kollegen in einem Abgeordnetenbüro erhoben. Kurz darauf wurden Vergewaltigungsvorwürfe gegen Justizminister Christian Porter bekannt, die dieser bestreitet.

Szene von den Protesten gegen sexuelle Gewalt in Sydney.
Reuters/Jaimi Joy
„Genug ist genug“: Nach den Vergewaltigungsvorwürfen kommt es in Australien zu anhaltenden Protesten

Seit den Vergewaltigungsvorwürfen „wird die Regierung von einem Skandal nach dem anderen erschüttert“, heißt es dazu im australischen Nachrichtenportal News.com.au. Zuletzt waren in Australien Zehntausende Frauen auf die Straße gegangen, um gegen sexuelle Gewalt und für Geschlechtergerechtigkeit zu demonstrieren. Nur eine Woche, nachdem sich wütende Menschen vor dem Parlamentshaus versammelt hatten, sei Australiens Politik nun erneut wegen eines Sexskandals in den Schlagzeilen, hieß es am Dienstag in einem BBC-Artikel.

Kritiker werfen Premierminister Morrison einen ungeschickten Umgang mit den Affären vor. In einer Pressekonferenz am Dienstag zeigte sich der Regierungschef betroffen von den jüngsten Vorwürfen. Frauen in Australien hätten einen „sehr traumatischen“ Monat erlebt. Für Schlagzeilen sorgte Morrison bei der Pressekonferenz schließlich mit einer in den Raum gestellten internen Beschwerde wegen sexueller Belästigung gegen einen Mitarbeiter von News Corp Australia. Das Medienunternehmen zeigte sich empört und wies die Behauptungen als „einfach unwahr“ und Ablenkungsmanöver empört zurück.