Impfstoffbeschaffung: Kurz verteidigt Vorgehen gegen Kritik

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat gestern im EU-Hauptausschuss des Nationalrats sein Vorgehen auf EU-Ebene bezüglich der Verteilung von Impfstoffen verteidigt. Auf einem EU-Videogipfel am Donnerstag und Freitag werde das Hauptthema die Koordinierung der Maßnahmen in Europa sein.

Bezüglich der Ungleichverteilung von Impfstoff innerhalb der EU betonte der Kanzler, das Ziel der EU-Kommission sei es gewesen, allen Bürgern bis zum Sommer eine Impfung anzubieten. Eine „stärker werdende Kluft“ innerhalb der EU könne nicht gut sein, so Kurz.

Uneinigkeit über Impfstoffverteilung vor EU-Gipfel

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte kürzlich, dass Österreich 400.000 Impfstoffdosen aus einem vorgezogenen Kontinent erhalten wird. Vor einem Videogipfel mit weiteren Staats- und Regierungschefs der EU zeigt sich nun, dass andere Länder das nicht so sehen.

Zum Thema Impfstoffbeschaffung ist die Kritik der Opposition groß. Heute beginnt die Plenarwoche des Nationalrats mit einer Dringlichen Anfrage. NEOS will von der Regierung Details zur Impfbeschaffung auf europäischer Ebene wissen, wie Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer Pressekonferenz ankündigte.

EU-Abgeordnete Claudia Gamon sagte, Österreich bringe sich ohne Not in Konflikt mit anderen Staaten der Union. Die Regierung hätte zusätzliche Dosen abrufen können, habe es aber nicht gemacht. Nun stehe Österreich im Eck.

SPÖ: „Veritables Fiasko“

Auch die SPÖ übte diesbezüglich scharfe Kritik an Kurz. Die „eigenartigen Auftritte des Bundeskanzlers in den letzten Tagen“ sollten zur Vertuschung der Fehler bei der Impfstoffbeschaffung dienen, so Klubchef Jörg Leichtfried. Das sei „ein veritables Fiasko“. Stattdessen versuche Kurz, einen Schuldigen zu finden.

Schaidreiter (ORF) aus Brüssel

ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter berichtet aus Brüssel über den Konflikt rund um die Verteilung der CoV-Impfstoffe in der EU.

Die Bundesregierung habe enorme Fehler bei der Beschaffung gemacht, etwa die Einführung einer Obergrenze von 200 Millionen Euro für die Beschaffung von Impfstoffen, so Leichtfried. Die FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch kritisierte, dass die Regierung weniger ausgebe als für Werbung. Auch dass Kurz am 6. Jänner das Impfen zur Chefsache erklärt habe und danach von den Vorgängen bei Impfstoffbestellung nichts gewusst habe, verwunderte sie.

ÖVP geht von mehr Impfstoff aus

ÖVP-Klubobmann August Wöginger übte indes scharfe Kritik an der Opposition. Man wisse nicht mehr, mit wem man in der SPÖ sprechen könne, sei es SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner oder die Landeshauptleute, kritisierte Wöginger. Bei der FPÖ gebe es „die Kickl-Truppe“ und die Leute um Norbert Hofer, wo man nicht wisse, wie sich diese Partei in den nächsten Tagen entwickle.

„Österreich liegt auf Platz acht in der Europäischen Union, was den Impffortschritt anbelangt“, so Wöginger. Bei der Verteilung der Impfstoffe in der EU sei es zu Ungerechtigkeiten gekommen, Kurz habe hier Schritte gesetzt, und er gehe davon aus, dass auch Österreich nun mehr Impfstoffe bekomme, so Wöginger.

Absage aus Deutschland

Deutschland erteilte jedoch Österreich und anderen Ländern eine Absage: „Ich kann mich über diese Diskussion nur wundern“, sagte Europastaatssekretär Michael Roth (SPD). Er sei überrascht darüber, dass der Eindruck mangelnder Solidarität entstanden sei. „Wir haben hier ein sehr transparentes Verfahren“, fuhr Roth fort.

Einige Staaten, darunter Österreich, hätten die ihnen nach Bevölkerungsgröße zustehenden Impfstoffkontingente nicht ausgeschöpft. Diese Mengen seien anderen EU-Ländern angeboten worden. „Daraus einen Konflikt zu konstruieren, der der Heilung bedarf, sehe ich überhaupt nicht“, sagte Roth.

Scharfe Kritik an Kurz übte auch der EVP-Gesundheitssprecher Peter Liese. „Sebastian Kurz tritt völlig unzulässigerweise als Ankläger auf, er ist ein Bittsteller“, sagte der CDU-Europaabgeordnete laut Aussendung. Schuld an den unterschiedlichen Impfstoffmengen seien „Fehlentscheidungen“ einiger Staaten, darunter Österreich.

Edtstadler will „Fairness und Solidarität“

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) pochte indes auf „Fairness und Solidarität“. Auf die Frage, ob die im Raum stehende Vetodrohung Österreichs noch aufrecht sei, antwortete Edtstadler vor einem virtuellen Treffen mit EU-Amtskollegen: „Das ist nicht unser Ziel.“

Angesprochen auf die bis zu 400.000 Dosen, die Österreich aus dem vorgezogenen Biontech-Pfizer-Kontingent nach Angaben von Kurz erhalten soll, sagte Edtstadler: „Wir wollen eine faire Verteilung und wir wollen einen Ausgleich schaffen, was immer das in Dosen dann ganz konkret heißt, aber natürlich freuen wir uns über jede Dose für Österreich.“ Geht es nach dem Bevölkerungsschlüssel, stehen Österreich nur 200.000 daraus zu.