Anklägerin wirft Netanjahu Machtmissbrauch vor

Im Korruptionsprozess gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu hat die Anklägerin dem 71-Jährigen massiven Machtmissbrauch vorgeworfen. Vor Beginn der Zeugenbefragung sprach Liat Ben Ari heute im Bezirksgericht in Jerusalem von einem schwerwiegenden Korruptionsfall.

Netanjahu habe seine große Macht zu persönlichen Zwecken missbraucht und zentralen Medien im Land Vergünstigungen gewährt, unter anderem, um wiedergewählt zu werden. Ben Ari betonte nach Medienberichten in ihrer Ansprache, vor dem Gesetz seien alle gleich. Die Anklageschrift gegen Netanjahu basiere auf vielen soliden Beweisen.

Netanjahu ortet Hexenjagd

Der Ministerpräsident war während der Ansprache der Anklägerin anwesend, anschließend verließ er den Gerichtssaal wieder. Er ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Die Zeugenbefragung soll von nun an dreimal in der Woche stattfinden. Netanjahu weist alle Vorwürfe zurück, er hat immer wieder von einer Hexenjagd gegen ihn und seine Familie gesprochen.

Demo vor Bezirksgericht

Vor dem Bezirksgericht demonstrierten Gegner Netanjahus. Sie hielten ein großes Banner mit der Aufschrift „Crime Minister“ (Verbrechensminister statt Prime Minister). Anhänger Netanjahus demonstrierten ebenfalls und zeigten ihre Unterstützung für den Ministerpräsidenten. Hunderte Polizisten waren im Einsatz, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Netanjahu wird unter anderem verdächtigt, als Kommunikationsminister dem Telekomriesen Bezeq Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Gegenzug soll das zum Konzern gehörende Medium „Walla“ positiv über ihn berichtet haben. Der ehemalige Walla-Geschäftsführer Ilan Jeschua ist der erste Zeuge, der in dem Prozess befragt wird.

Außerdem wird Netanjahu vorgeworfen, von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke im Wert von rund 700.000 Schekel (184.000 Euro) angenommen zu haben – Schmuck, Zigarren und rosa Champagner. Zudem soll er dem kritischen Zeitungsverleger Arnon Moses angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen.

Präsident begann Regierungsberatungen

Israels Präsident Reuven Rivlin begann indes mit Beratungen mit den Parteichefs. Er traf zunächst Repräsentanten der rechtskonservativen Regierungspartei Likud. Im Verlauf des Tages sind Gespräche mit 13 Fraktionen geplant. Sie müssen jeweils ihren Favoriten für eine Regierungsbildung empfehlen. Bis Mittwoch muss Rivlin einem Kandidaten den Auftrag erteilen.