„Ibiza“-U-Ausschuss: Blümel beklagt „Skandalisierung“

Im Zentrum des „Ibiza“-Untersuchungsausschusses steht heute die Befragung von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Er ist bereits zum zweiten Mal geladen – befragt wird er insbesondere zu den zuletzt veröffentlichten Chats.

Einleitend sagte er, dass es manchen Abgeordneten mehr um „Skandalisierung“ gehe. Es gehöre zu seinem Selbstverständnis als Politiker, Politik auch als Service am Bürger zu verstehen.

Blümel: Keine Spenden von Novomatic

Einmal mehr sagte er, dass er innerhalb der ÖVP Wien nicht für Finanzen zuständig gewesen sei. Doch könne er ausschließen, dass die Bundespartei oder parteinahe Vereine Spenden von Novomatic als Gegenleistung für politisches Handeln erhalten haben.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) betritt das Carmineum zum „Ibiza“-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Carina Kainz

Blümel: Zu „Spenden“-SMS „Neumann fragen“

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl wollte wissen, wieso der damalige Novomatic-Chef Harald Neumann gegenüber Blümel in einer SMS von einer Spende geschrieben hatte. Blümel sagte, er bekomme wahrscheinlich 200 oder mehr berufliche Nachrichten in der Woche, und Novomatic habe darin ein Problem in Italien thematisiert.

„Ich kenne Herrn Neumann, bin per Du mit ihm und habe ihn ab und zu getroffen. Ich kann nicht wissen, was er gemeint hat, für uns war klar, dass die ÖVP keine Spende von Glücksspielunternehmen annimmt“, sagte Blümel, der darauf verwies, Neumann fragen zu müssen, was ebendieser bezweckt habe.

Chats „ungezwungen privat“

Die zuletzt veröffentlichten Chats mit dem nunmehrigen ÖBAG-Chef Schmid seien teilweise aus dem Zusammenhang gerissen, deswegen könne er auch die öffentliche Empörung nachvollziehen. Doch kenne jeder, dass man privat oft ungezwungen kommuniziere. Schutz von Daten solle allerdings für alle gelten, so Blümel.

Von den Grünen zur ÖBAG-Vorstandsbesetzung befragt, verwies er darauf, formal dafür nicht zuständig gewesen zu sein. Er sei aber sicher, dass ihn Schmid einmal davon informiert habe, dass er sich für den Job interessiere und er sich bewerben werde, gab Blümel sinngemäß an. („Ich habe dem keine große Bedeutung beigemessen“).

„Saloppe Formulierung unter Personen, die sich kennen“

Das Finanzministerium sei federführend bei der Gesetzgebung für die ÖBAG gewesen, und daher sei auch der damalige Generalsekretär Schmid damit befasst gewesen, sagte er auf konkrete Chatverläufe vom August 2018 angesprochen. („Hab dir heute deine Öbib gerettet“). Das Gesetz sei damals ja in Arbeit gewesen und diskutiert worden, meinte er dazu, er habe das „salopp“ formuliert, wie das unter Personen passiere, die sich „gut und lange kennen, auch über das Berufliche hinaus“. Auch die Nachricht Blümels an Schmid, wonach er zur „Familie“ gehöre („Du bist Familie“) falle in diese Kategorie.

Laptop rasch Thema

Einmal mehr gab Blümel an, im Untersuchungszeitraum keinen dienstlichen Laptop besessen zu haben. Für manche Anlässe benutze er einen Laptop eines Mitarbeiters, kommentierte er die nach der ersten Befragung aufgetauchten Bilder, die ihn mit Laptop zeigen. Seine Frau besitze einen Laptop und nehme den auch manchmal mit (wie auch am Tag der Hausdurchsuchung) – dazu gebe es Laptops im Gegensatz zu Standcomputern. Seine Frau und seine Kinder solle man in Ruhe lassen, forderte er die Mandatare auf.

Hanger übernimmt für Gerstl: „Rolle offensiver anlegen“

Im Vorfeld der Befragungen trat für die ÖVP überaschenderweise Andreas Hanger vor die Presse. Er kündigte an, von der Vorsitzführung in die Fraktionsführung des U-Ausschuss-Teams zu wechseln. Grund dafür sei ein Skiunfall des bisherigen Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerstl, für den er nun übernehme. Hanger kündigte an, die Rolle der ÖVP „offensiver“ anlegen zu wollen. Er kritisierte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer und NEOS-Fraktionsvorsitzende Stephanie Krisper, sie mögen zurücktreten. „Wir haben genug von den ewigen Anschüttungen.“

Auch verteidigte Hanger die Postenbesetzung von Thomas Schmid als ÖBAG-Vorstand. Zur moralischen Komponente der publik gewordenen Chats sagte Hanger, die seien privat und strafrechtlich nicht relevant. Auch die Abgeordneten hätten Persönlichkeitsrechte, das sei wie beim Briefgeheimnis. Er verwehre sich gegen ständiges Anpatzen und Skandalisierungsversuche, so Hanger.

NEOS: „Kurz geht es um Geld und Macht“

NEOS-Fraktionsvorsitzende Krisper zeigte sich über den raschen Wechsel an der Spitze des ÖVP-Fraktionsvorsitzes verwundert („wie schnell die ÖVP den Hut wechselt“) und kritisierte die Praktiken der türkisfarbenen „Familie“ – wer nicht zu ihr gehöre, werde unter Kanzler (Sebastian, Anm.) Kurz nichts. Voraussetzung sei, in der Jungen ÖVP zu sein. Kurz gehe es „um Geld und Macht und sonst gar nichts“. Schmid dürfe noch ein Jahr lang tätig bleiben, als „lame duck“, wie Krisper sagte. Die Vorgänge rund um die Postenbesetzungen seien ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich Tag für Tag abrackern.

SPÖ zu Wechsel: „Fest in niederösterreichischer Hand“

Die „Kurz-Partie“ habe einen „Staat im Staat“ bauen und sich die Republik unter den Nagel reißen wollen, so SPÖ-Fraktionsführer. Man sehe das „System Kurz“ schon sehr genau. Zum Wechsel Hangers in die Vorsitzführung sagte Krainer, dass sich die Fraktion nur fest in niederösterreichischer ÖVP-Hand sei, das gehe maßgeblich von Ausschussvorsitzendem Wolfgang Sobotka aus.

„DKT – Das Kurz Talent“

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker kündigte an, Blümel auch zu seiner Beziehung zu Novomatic zu fragen. Auch werde es in der Befragung um andere Postenbesetzungen in der Republik gehen. Generell sei es um „DKT – Das Kurz Talent“ gegangen, das habe man dann aber „schlecht ausgesprochen“ und es zu „DKD“ geworden, das zweite D stehe für „Dekadenz“.