Ein gesperrter Gastgarten in Wien
APA/Helmut Fohringer
Bis 2. Mai

Wien und NÖ verlängern Lockdown

Wien und Niederösterreich werden den Lockdown weiter verlängern. Handel und Dienstleister werden bis 2. Mai geschlossen bleiben. Die Schulen sollen mit 26. April etwas früher öffnen, aber bis dahin im Distance-Learning bleiben. Das gab Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Montag nach Beratungen zur Lage in den Spitälern bekannt. Niederösterreich teilte wenig später mit, man werde sich den Maßnahmen anschließen.

Eine Verlängerung sei „eine unpopuläre Maßnahme, aber angesichts der steigenden Patientenzahlen auf den Intensivstationen eine notwendige“, so Ludwig. Er verwies auf die hohe Belastung der Intensivstationen und die höhere Verbreitung der Virusvariante B.1.1.7. Das Virus verbreite sich aggressiver und auch in anderen Personengruppen, immer öfter seien auch junge Menschen betroffen. In dieser Situation müsse gewährleistet werden, dass auch in Zukunft eine adäquate Behandlung auf den Intensivstationen möglich sei. Er verwies auf aktuell zwei bis fünf neue CoV-Intensivpatienten am Tag.

Auch die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies auf die teils nach wie vor kritische Lage in Teilen der östlichen Bundesländer: „Bis auf Weiteres schließt sich Niederösterreich daher Wien bei der Verlängerung der Schutzmaßnahmen an“, so Mikl-Leitner. Fachleute und das Ministerium hätten dazu geraten, die Maßnahmen im Osten Österreichs im Gleichklang zu verlängern – mehr dazu in noe.ORF.at.

Keine Ausweitung der Maskenpflicht in Wien

In Wien wird die Maskenpflicht an fünf öffentlichen Plätzen indes weiterhin gelten. Eine Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht im Freien soll es entgegen Medienberichten im Vorfeld nicht geben. Man habe die FFP2-Pflicht an fünf stark frequentierten Wiener Plätzen in den vergangenen Tagen mit Erfolg ausprobiert, er hoffe aber nicht, dass es tatsächlich eine Ausweitung brauche. Sollte das notwendig werden, habe man bereits weitere Plätze definiert.

Mit der Verlängerung in Wien und Niederösterreich bleibt nun noch offen, ob auch das Burgenland die Maßnahmen verlängern wird. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) kündigte an, man werde bis Mittwoch abwarten und die weitere Entwicklung der Zahlen beobachten – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Der nächste Gipfel zwischen Bundesregierung, Landeshauptleuten und Fachleuten soll am Freitag stattfinden.

Der aktuelle Lockdown wäre am Sonntag ausgelaufen. Die neuen Maßnahmen seien verbunden mit der Hoffnung, dass dann schrittweise mit Testungen, Impfungen und Hygieneregeln alle Möglichkeiten der Wirtschaft wieder in Anspruch genommen werden könnten. Ludwig schloss auch nicht aus, dass die Gastronomie dann wieder aufsperren wird.

Der Komplexitätsforscher Peter Klimek sagte dazu, dass der Plan unter anderem aufgrund des Impffortschrittes realistisch scheint. Er betonte allerdings, dass man die Wirksamkeit des derzeitigen Lockdowns erst Ende der Woche beurteilen könne. Es sei aber „davon auszugehen, dass wir, je weiter wir in den Sommer kommen, mehr Öffnungsschritte setzen können“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Offene Fragen zu Schulen

Wie es in den Schulen nun weitergeht, wird laut Ludwig noch fixiert. Es werde hier Gespräche zwischen dem Wiener Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr (NEOS) und ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann geben. Fraglich ist etwa noch, wie mit den derzeit geltenden Ausnahmen für Abschlussklassen umgegangen wird, hieß es. Für diese ist aktuell Präsenzunterricht vorgesehen.

Faßmann betonte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass er sich mit Ludwig darauf geeinigt habe, dass die Schulen am 26. April und damit als Erste wieder öffnen. „Jeder gewonnene Schultag zählt in dieser Pandemie doppelt“, so der Minister. Er sei mit Ludwig einig, dass die Bildungsschere nicht weiter aufgehen dürfe.

Außerdem würden die Schulen auch einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten. An den Volksschulen werde dreimal in der Woche getestet, großteils würden nun auch qualitativ hochwertigere Tests eingesetzt. „So erreichen wir Gruppen, die sonst nie zu den Testungen gehen.“ Wiederkehr unterstrich in einer Stellungnahme, dass die frühere Öffnung der Schulen für ihn ein „klares Zeichen“ sei. Jeder weitere Tag mit geschlossenen Schulen gehe auf Kosten der Zukunftschancen der Kinder. Es habe sich angesichts der Infektionszahlen um einen „schmerzhaften Kompromiss“ gehandelt.

Lockdown in Wien wird verlängert

Angesichts der Lage in den Intensivstationen schlagen Fachleute Alarm. Daher wurde am Montag entschieden, dass Wien im Lockdown bleibt.

Kritik von Wiener FPÖ

Klare Ablehnung äußerte hingegen der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Der „Endloslockdown“ habe „verheerende wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen“, zeigte er sich in einer Aussendung überzeugt. Es sei verabsäumt worden, rechtzeitig Maßnahmen zu setzen, um die Spitalskapazitäten auszubauen: „Diese Lockdown-Verlängerung wird keine Menschenleben retten, aber viele weitere Handelsunternehmen in den Ruin treiben und damit Zigtausende Menschen zusätzlich in die Arbeitslosigkeit führen.“ Nepp forderte sofortige kontrollierte Öffnungsschritte, insbesondere in den Außenbereichen.

Handelsverband fordert Nachbesserung bei CoV-Hilfen

Auch der Handelsverband kritisierte die Lockdown-Verlängerung. Jeder zusätzliche Lockdown-Tag verschlimmere die Lage der betroffenen Handelsbetriebe, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer Aussendung. Viele Händler stünden vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Existenz. Der Handelsverband fordert nun ein Nachbessern bei den Coronavirus-Hilfen.

Unter anderem drängen die Handelsinteressenvertreter auf eine Ausweitung des Kurzarbeitsbonus pro Mitarbeiter für die Händler in Ostösterreich und eine Erhöhung des Ausfallsbonus. Laut Handelsverband gehen den Wiener Händlern mit dem verlängerten Lockdown bis 2. Mai Erlöse in der Höhe von 420 Mio. Euro verloren. Der geschätzte Gesamtumsatzverlust für den vierten Lockdown beläuft sich für die Handelsbetriebe in Wien auf rund eine Mrd. Euro.

Beratungen mit Fachleuten

Ludwig, der Wiener Gesundheitsstadtradt Peter Hacker (SPÖ) und Vizebürgermeister Wiederkehr hatten zuvor mit Intensivmedizinerinnen und -medizinern über die Lage in den Spitälern beraten. 611 Menschen mussten am Montag österreichweit wegen einer Infektion mit dem Coronavirus auf der Intensivstation behandelt werden, das waren doppelt so viele wie noch Anfang März. 245 waren es in Wien – ein neuer Höchststand.

Allein im Wiener AKH würden derzeit 25 Menschen wegen eines schweren Covid-19-Verlaufs an der Herz-Lungen-Maschine behandelt, sagte Klaus Markstaller, Leiter der Universitätsklinik für Intensivmedizin, am Montag dem Ö1-Morgenjournal. Für Personal, Belegung und Patienten bedeute das eine „unglaubliche Belastung“. Laut dem Mediziner müssen angesichts der Lage kleinere Eingriffe bereits verschoben werden, alle wichtigen Eingriffe wie Tumoroperationen hätten bisher aber durchgeführt werden können.

Hohe Belegung auch in NÖ und Burgenland

Auch in Niederösterreich wurde am Montag ein neuer Höchststand an Covid-19-Intensivpatientinnen und -patienten verzeichnet. Insgesamt mussten 132 Personen behandelt werden, der bisherige Spitzenwert war bei 126 gelegen – mehr dazu in niederoesterreich.ORF.at. Im Burgenland befinden sich aktuell 22 Covid-19-Kranke auf den Intensivstationen, eine Person weniger als am Vortag – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Angesichts dieser Zahlen rief der Intensivmediziner Markstaller die Menschen zum Durchhalten auf. Bis zur Impfung großer Teile der Bevölkerung brauche es eine „Kraftanstrengung“.

Auch die Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) plädierte für eine engmaschige Beobachtung der Entwicklung auf den Intensivstationen. Der Weg vom Normalbetrieb zur totalen Systemüberlastung gehe in Schritten und schleichend vor sich, sagte der aktuelle Präsident der Fachgesellschaft, Walter Hasibeder (Krankenhaus St. Vinzenz, Zams).