Das Bundeskanzleramt in Wien
ORF.at/Roland Winkler
Zweitägige Klausur

Regierung arbeitet an „Comebackplänen“

Die Regierung will weiter an Maßnahmen zur Stärkung der von der CoV-Krise gebeutelten Wirtschaft feilen und begibt sich Montag und Dienstag in Klausur. Im Rahmen der Arbeitssitzungen sollen die ersten konkreten Projekte des „Comebackpakets“ beschlossen werden. Kurz nach seiner Angelobung am Montagvormittag wird Wolfgang Mückstein (Grüne) als Gesundheitsminister erstmals in der Regierungsrunde vertreten sein.

Ab 15.30 Uhr werden die Minister in drei Arbeitssitzungen beraten, am Dienstag sollen dann Ergebnisse präsentiert werden. Das „Comebackpaket“ war in den vergangenen Tagen bereits mehrfach angekündigt worden. „Wir werden massiv in Zukunftsbereiche wie Digitalisierung und Ökologisierung investieren und die Menschen und den Standort weiter entlasten“, bekräftigte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA im Vorfeld der Klausur. „Der Sieg über die Pandemie rückt mit jeder Impfung näher.“

Die Pandemie habe nahezu jede Volkswirtschaft der Welt schwer getroffen, Österreichs Standort werde jedoch „stärker und widerstandsfähiger aus der Pandemie hervorgehen“, so der Kanzler. Es gehe um Weichenstellungen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt, sagte auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). „Wir werden im Sinne des Europäischen ‚Green New Deals‘ sowohl investieren als auch reformieren. Ökologisierung, Digitalisierung und Regionalisierung sind dabei wichtige Schwerpunkte, auch im Sinne der Beschäftigung in Österreich.“

Regierung arbeitet an „Comebackplänen“

Zur gesundheitlichen ist inzwischen eine ökonomische Krise hinzugekommen. Das Budgetdefizit ist auf fast 31 Milliarden Euro gestiegen. Die Regierung will weiter an Maßnahmen zur Stärkung der gebeutelten Wirtschaft feilen und begibt sich Montag und Dienstag in Klausur.

Budgetdefizit steigt um weitere acht Milliarden Euro

Die Finanzmittel, die für die „Comebackpläne“ aufgewandt werden müssen, sind Teil der Mehrausgaben, durch die das Budgetdefizit um weitere acht Milliarden Euro steigt. Das Finanzministerium rechnet heuer mit 5,5 Mrd. Euro an Mehrausgaben und 2,6 Mrd. Euro an Mindereinnahmen, so Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Sonntag. Die Budgetzahlen werden entsprechend angepasst. Der Beschluss erfolgt im Ministerrat am Dienstag, die Novelle für die entsprechenden Gesetzesänderungen wird dem Parlament kommende Woche übermittelt.

Gerechnet wird aktuell mit einem Rückgang der prognostizierten Einzahlungen auf insgesamt 72,5 Mrd. Euro (minus 2,6 Mrd.), gleichzeitig werden die Ausgaben des Bundes steigen. Das erwartete Defizit des Bundes wird auf 30,7 Mrd. Euro (plus 8,1 Mrd.) steigen, die gesamtstaatliche Schuldenquote auf 89,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP; plus 1,7 Prozentpunkte).

Die Bekämpfung der Pandemie habe weitere Maßnahmen notwendig gemacht wie die Ausweitung der Teststrategie, so das Ministerium. Die notwendig gewordenen gesundheitspolitischen Maßnahmen erforderten zudem eine Fortsetzung flankierender Wirtschaftshilfen.

Erste Details zu eingereichten Projekten

Am Samstag hatten Blümel und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) erste Details zu jenen Projekten bekanntgegeben, für die zusätzlich um Gelder aus dem Wiederaufbaufonds der EU (Recovery and Resilience Facility, RRF) angesucht wurde.

Österreich bekommt aus der RRF nach aktuellem Stand rund 3,5 Milliarden Euro. Laut aktuellen Planungen werden 46 Prozent davon in Klimaschutzmaßnahmen fließen, hieß es am Samstag. Der überwiegende Teil der Mittel aus der RRF werde in neue, noch nicht budgetierte Maßnahmen fließen, ein Teil seien aber auch bereits geplante Maßnahmen, sagte Blümel. Zuletzt hatte es Kritik daran gegeben, dass die von Österreich eingereichten Projekte bereits im Regierungsprogramm stünden.

Opposition kritisierte fehlende Inhalte

Die Opposition vermisste bei der Vorstellung der bisherigen Punkte „konkrete Maßnahmen“ und kritisierte „inhaltslose Information“. Die Regierung habe „keine einzige konkrete Maßnahme genannt“, wie Jobs geschaffen werden können, kritisierte etwa SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter „eine weitere Ankündigungspressekonferenz“ in einer Aussendung. Seit einem Jahr unternehme die Regierung nichts gegen die Rekordarbeitslosigkeit. Den leeren Versprechungen der Regierung glaube deshalb niemand mehr. Die „Hilfen“ der Regierung seien vielfach nicht nur zu gering gewesen, sondern auch zu spät oder gar nicht angekommen. Auch die EU-Milliarden seien bisher liegen gelassen worden, weil kein konkreter Plan auf den Tisch gelegt worden sei.

Für FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer ist die Ankündigung der Regierung ebenfalls wieder nur eine „inhaltslose Information“, die krisengebeutelten Unternehmen auf später zu vertrösten. „Wer aber schon grundsätzlich keinen Plan hat, kann auch keinen ‚Comebackplan‘ haben“, sagte Angerer.

Auch NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sah „wieder einmal substanzlose Ankündigungen des PR-Kanzlers. Dass die Bundesregierung erst jetzt, nach über einem Jahr Corona-Pandemie, an einem Plan für die Zukunft der Wirtschaft in Österreich zu arbeiten beginnt, zeugt von der wirtschaftlichen Ahnungslosigkeit von Türkis-Grün“, so Schellhorn. Schellhorn findet es „erschütternd“, dass die Regierung „offenbar bis jetzt untätig war und erst ab Montag in Arbeitsgespräche geht“.

Positiver reagierte die Wirtschaftskammer Österreich. Sie begrüßte die Ankündigung der Regierung und will sich in den Prozess mit konkreten Vorschlägen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau intensiv einbringen. Im Vordergrund müssten die Entlastung von Betrieben und ihrer Beschäftigten, die Verbesserung der Eigenkapitalstruktur sowie gezielte Anreize für die Stärkung von Digitalisierung und Zukunftsinvestitionen stehen.