Netzwerkkabel
Getty Images/Cultura RF/Rafe Swan
EU-Wiederaufbaufonds

Erste Details zu eingereichten Projekten

Die Regierung hat heute einige Projekte aus dem EU-Wiederaufbaufonds genannt. 172 Mio. Euro sollen in die Digitalisierung der Schulen fließen, 130 Mio. in einen Reparaturbonus, 100 Mio. im Bereich Wasserstoff und 256 Mio. in emissionsfreie Busse in allen Gemeinden und Städten. Das kündigten Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Samstag im Ö1-Mittagsjournal an.

Insgesamt 750 Mrd. Euro sollen bis 2026 in den EU-Staaten investiert werden. Mindestens 37 Prozent dieses Geldes müssen in Klimaschutzmaßnahmen fließen, 20 Prozent in die Digitalisierung. Zudem hat die EU festgelegt, dass für alle Projekte das „Do no significant harm“-Prinzip gilt. Das bedeutet, sie dürfen den Klimazielen der EU nicht entgegenwirken. Eine Investition in klimaschädliche Maßnahmen ist damit ausgeschlossen.

Österreich bekommt aus der Recovery Resilience Facility (RRF) nach aktuellem Stand rund 3,5 Mrd. Euro. Laut aktuellen Planungen werden 46 Prozent davon in Klimaschutzmaßnahmen fließen. Der überwiegende Teil der Mittel aus der RRF werde in neue, noch nicht budgetierte Maßnahmen fließen, ein Teil seien aber auch bereits geplante Maßnahmen, sagte Blümel. Zuletzt hatte es Kritik daran gegeben, dass die von Österreich eingereichten Projekte bereits im Regierungsprogramm stünden.

Eines der nun genannten Projekte ist der Reparaturbonus. Er kann online beantragt werden und beträgt bis zu 200 Euro pro Haushalt. 172 Millionen Euro sollen in die Digitalisierung der Schulen fließen. Alle Bundesschulen sollen über Glasfaser-Breitband-Internetanbindung und eine leistungsfähige und ausreichende WLAN-Versorgung aller Unterrichtsräumen verfügen. Auch in digitale Endgeräte wird investiert.

Zahl emissionsfreier Busse soll deutlich steigen

256 Mio. Euro stehen für emissionsfreie Busse in allen Gemeinden und Städten bereit. Aktuell sind in Österreich rund 5.400 Busse im innerösterreichischen Linienverkehr im Einsatz, zum überwiegenden Teil mit Dieselantrieb. Bis zum zweiten Quartal 2026 sollen mindestens 650 dieser Busse sauber und emissionsfrei unterwegs sein. Je nach Antriebsart kann der Anteil bis 2026 auch auf rund 950 steigen.

Zudem sollen insgesamt 100 Mio. Euro für Projekte im Bereich Wasserstoff zur Verfügung stehen. Österreich wird sich dabei an wichtigen Projekten von gemeinsamen Europäischen Interessen (IPCEI) beteiligen und österreichische Unternehmen und Forschungseinrichtungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Wasserstofftechnologie fördern. Das soll zum einen innovative Technologien zum Erreichen der Klimaziele, insbesondere in der Industrie, unterstützen und zum anderen die Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen durch Investitionen in Zukunftstechnologien stärken.

Gewessler zufrieden mit „Paket für das Klima“

Gewessler sprach von einem „sehr guten Paket für das Klima und für eine zukunftsfitte Wirtschaft“. Blümel sagte in einer Stellungnahme, dass die Reaktionen aus Brüssel zum österreichischen Paket positiv seien. „Wir erfüllen die Vorgaben der Kommission zu Ökologisierung und Digitalisierung nicht nur, wir übertreffen sie.“

Der Gesamtplan für den österreichischen Teil an der RRF wurde dieser Tage an die Kommission übermittelt. In weiterer Folge soll nun der Plan vonseiten der Kommission genehmigt werden. Dabei kann es noch zu geringfügigen Anpassungen kommen. Bereits im Jahr 2021 sollen die ersten Mittel zur Auszahlung gelangen.

Kritik zurückgewiesen

Von der Opposition war in den vergangenen Wochen öfters kritisiert worden, dass Österreich seine Pläne zu spät einreiche. Dem traten Blümel und Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) entgegen. Sie verwiesen auf umfangreiche Vorgespräche mit Gebietskörperschaften und Sozialpartnern. Zudem habe es immer Kontakte mit der Europäischen Kommission gegeben, so Edtstadler. Dass Geld liegen gelassen wird, wurde ebenfalls dementiert: „Wir werden uns jeden einzelnen Euro aus Brüssel zurückholen, der uns zusteht“, so der Finanzminister.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler
ORF
Kritik an Zeitplan und Vorgehen der Regierung wollte Edtstadler nicht gelten lassen

Arbeitnehmer erbost

„Ich vernehme mit Erstaunen, dass angeblich auch die Sozialpartner in Österreich in die Verhandlungen für die Verwendung der EU-Aufbauhilfen eingebunden waren“, hieß es vergangene Woche nach der Bekanntgabe der Einreichung von ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Außer einem Telefonat mit der koordinierenden Ministerin Edtstadler habe es keine Einbindung der Gewerkschaften gegeben. Bei dem Telefonat sei ein Termin avisiert worden, „der bis zum heutigen Tag nicht stattgefunden hat“.

Man freue sich auf die Übermittlung des angeblich 600 Seiten umfassenden österreichischen Plans an alle Sozialpartner, so der Gewerkschaftsbund in einer Aussendung. Die Chefin der Arbeiterkammer, Renate Anderl, ärgerte sich: „Dass wir nun aus den Medien erfahren, dass der österreichische Plan bereits an die EU-Kommission übermittelt wurde, ist nicht in Ordnung.“

NEOS kritisiert Intransparenz

Kritik kam auch von NEOS. Als „vollkommen intransparent" bezeichneten die EU-Abgeordnete Claudia Gamon und die Budget- und Finanzsprecherin Karin Doppelbauer den Plan der Regierung. „Wir wissen zwar jetzt, dass der Plan endlich eingereicht wurde, was im Detail drinnen steht, ist uns aber nicht bekannt, denn er wurde uns bisher weder übermittelt noch für alle einsehbar veröffentlicht“, so Gamon in einer Aussendung. Die EU-Politikerin bemängelte überdies die mangelnde Einbindung der Opposition.

Budgetsprecherin Doppelbauer störte sich daran, dass sich die Koalition „viele Punkte aus dem eigenen Regierungsprogramm mit EU-Geldern“ finanzieren lasse. Überdies sei der Eigenmittelbeschluss noch immer nicht dem Parlament zur Ratifizierung zugeleitet worden, obwohl die Kommission dazu auffordere, so Doppelbauer.

Appell von Hahn an säumige Mitgliedsstaaten

Die Aufteilung der Mittel ist das eine, die Beschaffung der Gelder eine andere Frage. Die EU-Kommission kann mit der Aufnahme der Kredite und der Auszahlung erst beginnen, wenn alle 27 EU-Staaten den Beschluss ratifiziert haben. Diese Ratifizierung fehlt aber noch von einigen Ländern – darunter auch Österreich. EU-Kommissar Hahn appellierte am Mittwoch: „Bitte beschleunigen Sie das Verfahren!“ Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass in den noch ausstehenden zehn EU-Ländern rechtzeitig bis Ende Juni die Eigenmittel ratifiziert werden.

Es gebe „keinen Plan B“, so Hahn. „In erster Linie geht es nun darum, dass der deutsche Bundesverfassungsgerichtshof seine Vorbehalte aufhebt“, damit der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier die Ratifizierung unterschreiben könne. Ausstehend sind die Ratifizierungen neben Österreich und Deutschland noch in Estland, Polen, Ungarn, Finnland, Rumänien, den Niederlanden, Irland und Litauen.

Zur Finanzierung des milliardenschweren Wiederaufbaufonds will die EU über Jahre hinaus jeweils rund 150 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt aufnehmen. Wie aus einem Dokument der EU-Kommission laut Nachrichtenagentur Reuters hervorgeht, sollen bis 2026 dazu diverse Geldmarktpapiere und Anleihen platziert werden – die Laufzeiten reichen dabei von unter einem Jahr bis zu 30 Jahren. Mit den Plänen würde die EU-Kommission zum größten Emittenten von Papieren in der Euro-Währung aufsteigen.