Amnesty: Niedrigste Zahl an Hinrichtungen seit zehn Jahren

Im Vorjahr sind laut Amnesty International weltweit mindestens 483 Menschen hingerichtet worden. Das ist zwar die niedrigste von der Organisation erhobene Zahl seit zehn Jahren und ein Rückgang um 26 Prozent im Vergleich zu 2019.

Doch trotz der Pandemie gab es in 18 Ländern auch 2020 Hinrichtungen, und in manchen wurden sogar mehr Todesurteile vollstreckt als zuvor, wie der jährliche Bericht über die Anwendung der Todesstrafe zeigt, den Amnesty heute veröffentlichte.

„Während sich die Welt darauf konzentriert, Menschen vor Covid-19 zu schützen, machten sich mehrere Regierungen mit schockierender Härte daran, die Todesstrafe anzuwenden und Menschen hinzurichten“, sagte Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International in Österreich, laut einer Aussendung.

USA setzte Hinrichtungen unter Trump fort

In Ägypten wurden laut Amnesty 2020 mehr als dreimal so viele Hinrichtungen vollzogen wie noch im Jahr davor – ein Anstieg von mindestens 32 auf mindestens 107. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump habe im Juli 2020 begonnen, wieder Hinrichtungen auf Bundesebene zu vollziehen, nachdem diese 17 Jahre lang ausgesetzt waren. Binnen nur sechs Monaten seien zehn Männer exekutiert worden.

Indien, Oman, Katar und Taiwan hätten im Vorjahr ebenfalls Hinrichtungen wiederaufgenommen. In China sei mindestens ein Mann zum Tode verurteilt und hingerichtet worden, nachdem die Behörden angekündigt hatten, scharf gegen Straftaten vorgehen zu wollen, die Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 beeinträchtigten.

Keine Zahlen aus Ländern wie China, Nordkorea und Syrien bekannt

In der Gesamtstatistik von mindestens 483 Fällen nicht enthalten sind Zahlen aus Ländern, in denen Informationen über vollstreckte Todesurteile als Staatsgeheimnis gelten oder die nur eingeschränkte Daten zur Verfügung stellen – das gelte für China, Nordkorea, Syrien und Vietnam.

Man gehe davon aus, dass China mit Tausenden vollstreckten Todesurteilen pro Jahr weltweit die meisten Menschen hinrichte, vor dem Iran (mindestens 246 Hinrichtungen), Ägypten (mindestens 107), dem Irak (mindestens 45) und Saudi-Arabien (27). Letztere vier Länder waren laut Amnesty 2020 für 88 Prozent aller bekannten Exekutionen verantwortlich. Unter den 483 Personen, von denen bekannt ist, dass sie im Vorjahr hingerichtet wurden, befanden sich auch 16 Frauen (drei Prozent).

Recherchen der Menschenrechtsorganisation zeigen, dass der Rückgang der Hinrichtungen auf niedrigere Vollstreckungsraten in manchen Ländern zurückzuführen ist. In geringerem Ausmaß beruhe er auf einer pandemiebedingten Aussetzung von Exekutionen in einigen Ländern, heißt es in der Aussendung.