Russischer Oppositionspolitiker Alexei Nawalny
APA/AFP/Vasily Maximov
In Gefangenschaft

Nawalny will Hungerstreik beenden

Der im Straflager inhaftierte russische Kreml-Gegner Alexej Nawalny hat ein Ende seines seit drei Wochen andauernden Hungerstreiks angekündigt. Angesichts „aller Umstände“ beginne er damit, aus dem Hungerstreik auszusteigen, hieß es am Freitag in einer Mitteilung in seinem Instagram-Kanal.

Zuvor hatten ihm seine Ärztinnen und Ärzte empfohlen, dringend wieder Nahrung zu sich zu nehmen. Der 44-Jährige sagte, es werde 24 Tage dauern, um schrittweise wieder zu einer normalen Nahrungsaufnahme zu kommen. Er danke den „guten Menschen“ in Russland und auf der ganzen Welt für ihre Unterstützung. Er bestehe darauf, von einem Vertrauensarzt untersucht zu werden. Er verliere das Gefühl in Teilen seiner Arme und Beine.

Nawalnys Ärzte hatten am Donnerstag in einem von Medien veröffentlichten Brief an den Oppositionspolitiker appelliert, seinen Hungerstreik sofort zu beenden. Sollte er weiter nicht essen, würde das seine Gesundheit weiter schädigen und im schlimmsten Fall zum Tode führen, hieß es. Die Ärzte hatten nach eigenen Angaben die Untersuchungsergebnisse ausgewertet. Nawalny war zuvor laut seinem Team zu einer Untersuchung in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses gebracht worden. Untersucht worden sei er in der Stadt Wladimir östlich von Moskau.

Nawalny klagt über zahlreiche Leiden

Sollte Nawalny weiterhin die Nahrungsaufnahme verweigern, drohten ihm „erhebliche“ Gesundheitsschäden oder sogar der Tod, warnten die Unterzeichner des Briefs, darunter auch Nawalnys persönliche Ärztin Anastasia Wassilijewa. Die Ärzte warnten unter anderem vor einem möglichen Nierenversagen, schweren neurologischen Schäden sowie vor einer schweren Hyponatriämie – einer Form von Elektrolytstörung.

„Wenn der Hungerstreik auch nur noch kürzeste Zeit andauert, werden wir leider niemanden mehr haben, den wir heilen können“, mahnten sie. Die Ärzte appellierten an die Behörden, ihnen Zugang zu ihrem Patienten zu gewähren und Nawalny in ein Krankenhaus in Moskau zu verlegen, wo er „angemessen behandelt“ werden könne.

Der Politiker klagte zuletzt über Rückenleiden, Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen, Fieber und Husten. Seine Forderung, einen unabhängigen Arzt zu sehen, bleibe bestehen, schrieb Nawalny nun. Für Nawalnys Freilassung gingen am Mittwoch Tausende Menschen in ganz Russland auf die Straße. Nach Aktivistenangaben wurden dabei etwa 1.900 Menschen festgenommen.

Kreml-Gegner Alexej Nawalny
AP/Mstyslav Chernov
Nawalny vor seinem Flug von Berlin nach Moskau am 17. Jänner

Zu mehr als zweieinhalb Jahren Haft verurteilt

Nawalny hatte im August des vergangenen Jahres einen Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe knapp überlebt. Nach dem Anschlag, für den Nawalny den Kreml verantwortlich macht, wurde er nach Deutschland geflogen und in der Berliner Charite behandelt. Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Russland im Jänner wurde er festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt.

Team des Europarats will Haftbedingungen sehen

Die Parlamentarische Versammlung des Europarats forderte die Freilassung Nawalnys. Zuvor hatten bereits die EU und zahlreiche europäische Politiker und Politikerinnen Nawalnys Freilassung gefordert. Bis es so weit sei, solle er die notwendige medizinische Pflege und einen Arzt seiner Wahl erhalten, hieß es in einer am Donnerstag verabschiedeten Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Dass Nawalny bisher offensichtlich keine angemessene medizinische Versorgung erhalte, könne Fragen bezüglich seines Rechts auf Schutz vor unmenschlicher und erniedrigender Behandlung aufwerfen, hieß es.

Ein Team des Europarats solle sich Nawalnys Haftbedingungen an Ort und Stelle ansehen. Die Parlamentarische Versammlung verwies in ihrer Resolution auf vorherige Forderungen zur Freilassung Nawalnys aus dem Europarat – etwa des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs. Dessen Anordnung vom Februar sei für Russland verbindlich.