Boris Johnson
Reuters/Toby Melville
Streit mit Ex-Berater

Chats bringen Johnson unter Druck

Der britische Premier Boris Johnson ist wegen seines engen Drahts zur Wirtschaft und möglicher falscher Anschuldigungen gegen einen früheren Vertrauten unter Druck geraten. Auslöser sind WhatsApp-Chats, in denen Johnson unter anderem dem Unternehmer James Dyson Sonderbedingungen geboten hat. Im Hintergrund geht es um einen eskalierenden Streit zwischen Johnson und seinem einst engsten Berater und Macher Dominic Cummings.

Cummings wehrte sich am Freitag gegen den indirekt aus der Downing Street lancierten Vorwurf, hinter der Veröffentlichung vertraulicher Textnachrichten von Johnson zu stecken. Er sei weder „direkt noch indirekt“ die Quelle der BBC-Geschichte über einen SMS-Austausch zwischen Johnson und dem Unternehmer Dyson, schrieb Cummings auf seinem privaten Blog.

Der ehemalige Vertraute des Premiers hatte seinen Posten in der Downing Street nach einem erbitterten Streit im engsten Beraterzirkel im Dezember verlassen.

Dyson bestätigt Richtigkeit der Nachrichten

Zuvor hatten die „Times“, der „Telegraph“ und die „Sun“ unter Berufung auf Quellen aus der Downing Street berichtet, dass Cummings die WhatsApp- und SMS-Nachrichten herausgegeben haben soll. In dem Textnachrichtenaustausch von Johnson und Dyson aus dem vergangenen Jahr ging es um mögliche Steuererleichterungen für Dysons Unternehmen bei der Produktion von Beatmungsgeräten. Johnson bekannte sich zu den Nachrichten, verteidigte aber sein Vorgehen im Angesicht der Krisensituation.

In seinem Blog warf Cummings der konservativen Regierung nun vor, ungerechtfertigterweise den Verdacht mehrerer Leaks an die Medien auf ihn zu lenken. „Es ist traurig, den Premierminister und sein Büro so weit unter die Integritäts- und Kompetenzstandards fallen zu sehen, die dieses Land verdient“, schrieb Cummings.

Boris Johnson und Dominic Cummings, 2019
APA/AFP/Daniel Leal-Olivas
Cummings war der wichtigste Stratege von Johnson und entsprechend mächtig und gefürchtet

Untersuchung wegen Leaks eingeleitet

Der frühere Vertraute des Premiers war ein wichtiger Vertreter und Stratege der „Vote Leave“-Kampagne für den Brexit. Im vergangenen Jahr war er bereits öffentlich unter Beschuss geraten, nachdem er bei einer privaten, unerlaubten Reise während des strengen CoV-Lockdowns erwischt worden war. Johnson hielt jedoch noch Monate an ihm fest.

Der Ex-Berater sei „verbittert darüber, was passiert ist, seit er gegangen ist“, hieß es in der „Times“ unter Berufung auf die anonyme Quelle. Die Regierung leitete eine offizielle Untersuchung wegen des Leaks ein, kommentierte die Spekulationen um Cummings offiziell aber nicht.

Schwere Vorwürfe

Dessen Vorwürfe, die er auf seinem privaten Blog erhebt, reichen weit über die Causa Dyson hinaus: Er wirft Johnson unter anderem vor, dieser habe eine frühere Untersuchung wegen eines Leaks im Zusammenhang mit CoV-Maßnahmen stoppen wollen, weil ein Freund seiner Partnerin womöglich involviert gewesen sei. „Ich habe ihm gesagt, das sei verrückt und total unethisch“, so Cummings. Man könne keine öffentliche Ermittlung stoppen, die Millionen von Menschen betreffe.

Cummings sprach sich für eine offizielle Untersuchung der Vorgänge aus und bot an, den britischen Abgeordneten Rede und Antwort zu stehen. Bereits bei einer vorherigen Anhörung hatte der 49-Jährige schwere Vorwürfe gegen die Johnson-Regierung erhoben.