Italienisches Parlament
Reuters/Alberto Pizzoli
Italien

Draghis Wiederaufbauplan vor letzter Hürde

Während am Montag in Italien Schulen, Gastronomie im Außenbereich und Kultur wieder öffnen, ringt Regierungschef Mario Draghi darum, seinen milliardenschweren Wiederaufbauplan durchzubringen. In einer nächtlichen Sitzung gab die Regierung am Wochenende grünes Licht. Am Montag wartet die nächste Hürde. Dann präsentiert Draghi seine Vorhaben dem Parlament.

Es geht um den teuersten nationalen Konjunkturplan der EU mit 222,1 Milliarden Euro für Investitionen. Mehr als 191 Mrd. kommen aus dem EU-Recovery-Fonds. Fast 70 Mrd. davon sind Zuschüsse. Weitere 30 Mrd. Euro will Italien selbst für den Arbeitsmarkt auf die Beine stellen. Draghi spricht bei seinem 337 Seiten umfassenden Wiederaufbauplan von „epochalen Maßnahmen“.

Wie die EU-Gelder verwendet werden sollen, war schon Gegenstand eines monatelangen Streits. Draghi und sein Team, erst seit Februar im Amt, hatten nur wenige Wochen Zeit, diesen Plan zu erarbeiten. Die Arbeit am letzten Entwurf und der Streit darüber brachten die vorherige Regierung unter Premieminister Giuseppe Conte zu Fall. Auch diesmal gab es bis zur letzten Minute Umformulierungen, die auch zu Verzögerungen der Kabinettssitzung am Wochenende führten.

Ringen um Details mit Brüssel

Auch Einwürfe aus Brüssel hatten den Prozess verzögert. Laut einem „Politico“-Bericht sprachen Draghi und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen telefonisch über die letzten Details. Einem Regierungsbeamten zufolge habe Draghi versucht, seine Erfahrung und Glaubwürdigkeit als ehemaliger Chef der Europäischen Zentralbank zu nutzen, um Brüssel dazu zu bringen, den Plan abzusegnen.

Zuvor muss das Parlament den Plan aber noch prüfen. Gibt es seine Zustimmung, kann der Entwurf bei der EU-Kommission eingereicht werden. Die Frist dafür endet am 30. April. Die ersten Gelder könnten im Juli freigegeben werden. Draghis Regierung wird von einem überwiegenden Teil der Parlamentsparteien unterstützt.

Kritik kam von der Opposition. Aus den Reihen der Opposition kritisierte die Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, dass das Parlament gar nicht genügend Zeit habe, um über den Plan zu debattieren. Die italienische Demokratie werde auf die Müllhalde geworfen.

Hilfen für den Süden, Frauen und junge Menschen

Der Wiederaufbauplan soll vor allem dem wirtschaftlich schwächer aufgestellten Süden Italiens, Frauen und jungen Menschen zugutekommen. Er richtet sich aber auch nach Vorgaben der EU, die Investitionen in Bereichen wie Digitalisierung, Wettbewerbsfähigkeit, Ökologisierung, Gesundheit und Forschung vorsieht. Unter den Projekten sind etwa eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet, der Ausbau von Hochgeschwindigkeitszügen und die Erdbebensicherung bei Millionen von Häusern. Außerdem will Draghi die öffentliche Verwaltung und die Justiz modernisieren.

Die Maßnahmen dürften auch das Wachstum des italienischen Bruttoinlandsprodukts merklich beeinflussen. Die Regierung schätzt, dass es im Jahr 2026 – wenn alle Projekte abgeschlossen sein sollen – dadurch um 3,6 Prozentpunkte höher liegt als ohne diese Maßnahmen. Einen Anstieg erwartet sie auch bei der Beschäftigung.

Für die Umsetzung des Plans innerhalb des vereinbarten Zeitrahmens sind Ministerien und lokale Behörden unter Aufsicht des Wirtschaftsministeriums verantwortlich. Dieses wird ständig mit der EU-Kommission in Verbindung stehen. Vorgesehen sind drei zentral geführte Gremien, an denen die Minister aller maßgeblichen Ressorts beteiligt sind: Sie koordinieren die Investitionen, prüfen deren Ausführung durch Regionen und Gemeinden und kontrollieren den Geldstrom.