SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner.
SPÖ Wien
Stream statt Aufmarsch

1. Mai im Zeichen der CoV-Krise

Ein Mini-Fahnenkorso auf dem Wiener Rathausplatz hat am Samstag den Auftakt zu den Feierlichkeiten der SPÖ zum 1. Mai gegeben. Statt des traditionellen Mai-Aufmarschs wurden die Veranstaltungen aufgrund der Pandemie aber bereits zum zweiten Mal nahezu vollständig ins Netz verlagert. Der Umgang mit den aus der CoV-Krise entstandenen Herausforderungen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, stand im Fokus der Forderungen.

Mit einer eigenen Videobotschaft wandte sich SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bereits Samstagfrüh an die Öffentlichkeit. Mit Kritik an der Regierung sparte sie, viel mehr sprach sie von „Mut und Zuversicht“, trotz aller auch der Pandemie geschuldeten Hürden, „die noch vor uns liegen“. Mit der fortschreitenden Impfkampagne werde sich das „Tor zur Freiheit“ langsam wieder öffnen.

Sie habe jedenfalls eine klare Vorstellung davon, wie Österreich nach der CoV-Krise aussehen solle: „Ein wirtschaftlich starkes, sozial gefestigtes und ökologisches Österreich ist möglich. Wir müssen es nur wollen.“ Es müsse das Ziel sein, für Aufschwung zu sorgen und dass dieser allen zugute komme. Dafür brauche es Investitionen etwa in Verkehr, Infrastruktur, neue Energiesysteme und Forschung, die Arbeitsplätze schaffen und den Standort stärken. „Arbeit und Leistung müssen anders als bisher bewertet werden“, forderte Rendi-Wagner.

„Lehne neue Massensteuern strikt ab“

Es brauche eine Steuersenkung „für alle hart arbeitenden Menschen“. „Hohe Millionen- und Milliardenvermögen“ müssten mehr beitragen, um die Kosten der Krise gerechter zu verteilen. Neue Massensteuern lehnt Rendi-Wagner strikt ab. Das sei ein „Abwälzen von Verantwortung“. Zudem brauche es Joboffensiven und Programme, um die Menschen wieder in die Beschäftigung zu bringen. Allen Arbeitslosen, die in die Pflege umsteigen möchten, „müssen wir den roten Teppich ausrollen“. Zudem forderte Rendi-Wagner die Auszahlung des „Corona-Tausenders“. Klatschen alleine sei zu wenig.

Menschen mit Fahnen am Platz vor dem Wiener Rathaus.
APA/Hans Punz
Ein Mini-Fahnenkorso vor dem Rathausplatz ersetzte den traditionellen Mai-Aufmarsch der SPÖ

Auch heuer gab es Kritik an der Regierung. Nicht nur die CoV-Krise, sondern auch die Regierung habe den Menschen vieles abverlangt, so Rendi-Wagner. Dazu zählt sie etwa drei Rücktritte – zuletzt von Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), „Streit und gegenseitige Schuldzuweisungen, Korruptionsverdacht und Chats, die tief blicken lassen in den Politikbetrieb der türkisen ÖVP“. Im Mittelpunkt standen aber die Herausforderungen im Zuge der CoV-Krise.

Ludwig fordert höheres Arbeitslosengeld

Der Wiener SPÖ-Chef Michael Ludwig erneuerte die Forderung nach der Erhöhung des Arbeitslosengeldes in der Nettoersatzrate von 70 Prozent. Gerade auch für Wien sei der Arbeitsmarkt ein Schwerpunkt mit dem Fokus auf Junge sowie Ältere über 50 Jahren, so Ludwig. Er erinnerte zudem an das 600-Mio.-Euro-Paket für kleinere Unternehmen – mehr dazu in wien.ORF.at.

Bürgermeister von Wien Michael Ludwig.
APA/Hans Punz
Ludwig begann die Onlinekundgebung der SPÖ mit einem Liveauftritt

Doskozil verteidigt Lockdown-Ende

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil appellierte in seiner Videobotschaft, dass „wir jeden Tag im Jahr 1. Mai leben als Sozialdemokratie“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Doskozil sparte aber auch nicht mit Kritik an der eigenen Partei. Er hätte sich von der SPÖ bei seinem Thema Mindestlohn in der Höhe von 1.700 Euro netto mehr Unterstützung gewünscht.

Im burgenländischen Landesdienst sei das bereits umgesetzt. Die Gemeinden hätten dazu auch die Möglichkeit. Doskozil: „Es ist ein mühsamer Weg, das in die Köpfe der Wirtschaft zu bringen und in alle Köpfe der Sozialdemokratie. Wir arbeiten daran (…).“

Die Entscheidung, den Lockdown vorzeitig schon vor nun fast zwei Wochen zu beenden, sei richtig gewesen, betonte Doskozil am Samstag. Es sei wichtig, dass die Bevölkerung weiter sensibilisiert bleibt und die Maßnahmen mitgeht. Rendi-Wagner hatte Doskozil für seine Entscheidung scharf kritisiert.

„Getrübte“ Freude

Arbeitgebervertreter übten hingegen mehr Kritik an der Regierung. Die Regierung habe viel zu lange mit Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt gewartet, kritisierte etwa Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl in ihrem Beitrag zum 1. Mai. Zudem bestehe der Comebackplan der Regierung „derzeit nur aus Überschriften“. Auch für ÖGB-Chef Wolfgang Katzian ist die Freude am 1. Mai mit Blick auf die vielen Arbeitslosen „getrübt“. Er betonte aber, dass es Kurzarbeit weiter brauchen werde. Die Verhandlungen für die nächste Phase seien bereits gestartet.

Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden das Land seit über einem Jahr am Laufen halten, betonte auch Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth. Die Pandemie habe zugleich aber auch die Schwachstellen im System – von sozialer Ungleichheit über ungleiche Arbeitsverteilung bis hin zur unfairen Bewertung der Arbeit – aufgezeigt – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Nicht nur die Gewerkschaften meldeten sich am Tag der Arbeit traditionellerweise zu Wort, auch die Arbeitgebervertreter. So betonte die Industriellenvereinigung, dass nachhaltiges, investitionsgetriebenes Wachstum sichere Arbeitsplätze schaffe. Auch der ÖVP-Wirtschaftsbund propagierte in einer Aussendung: „Nur gesunde Unternehmen sichern Arbeitsplätze.“

SPÖ-Kundgebung vor MAN-Standort in Steyr

Aufgrund des drohenden Verlusts Tausender Arbeitsplätze durch die Schließung des MAN-Werks in Steyr entschied sich die oberösterreichische SPÖ doch zu einer Präsenzkundgebung. „Wir kämpfen um Arbeitsplätze“, sagte die SPÖ-OÖ-Chefin Birgit Gerstofer – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Die Sozialdemokraten würden dafür kämpfen, dass Steyr „Zentrum der Fahrzeugtechnologie bleibt“. Dem regierenden ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer sei das offenbar kein Anliegen, kritisierte Gerstorfer. Auch bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sieht sie wenig Engagement: Auch ihm sei „MAN wurscht, und zudem ist er feig“.

Schauplatz einer Protestkundgebung war auch Salzburg. Mehrere hundert Teilnehmer forderten dabei finanzierbares Wohnen, eine Arbeitszeitverkürzung und eine Solidarabgabe für Superreiche. Zu der Demo hatten rund 30 Organisationen aufgerufen – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Hofer und Kickl mit eigenen Botschaften

Gar keine Veranstaltung – auch nicht im Netz – plante heuer die FPÖ am Tag der Arbeit. Parteichef Norbert Hofer und Klubobmann Herbert Kickl wandten sich aber mit eigenen Botschaften an die Öffentlichkeit. Hofer wandte sich in einem Facebook-Video an seine Anhänger, in der er den Wert „harter Arbeit“ betonte und die beruflichen Werdegänge in seiner Familie skizzierte.

Zigtausende Österreicher hätten aufgrund der „schwarz-grünen Maßnahmen“ ihre Arbeit verloren, sparte auch Hofer nicht mit Kritik am koalitionären CoV-Krisenmanagement. Noch einen Schritt weiter ging die Botschaft von Klubchef Kickl. Er setzte – ebenfalls auf Facebook – seinen Kampf gegen die Coronavirus-Beschränkungen fort und rief abermals zu Widerstand gegen die CoV-Maßnahmen auf.

NEOS fordert Digitalisierungspaket für Schulen

Als „Tag der Bildung“ feierte NEOS ein weiteres Mal den 1. Mai und trat dabei für einen „digitalen Fitnessplan“ für die Schulen ein. Unterstützt vom Bildungswissenschaftler Christopher Hanzl von der FH Campus Wien forderte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre didaktische Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer und den Umbau der Schulen: „Es nützt nichts, nur die Endgeräte auszuteilen und zu sagen: Mach was damit.“

Tumult bei Wiener Votivkirche

Laut Polizei gab es in Wien einen Einsatz gegen Teilnehmer einer 1.-Mai-Kundgebung. Die Lage im Sigmund-Freud-Park vor der Votivkirche in Wien-Alsergrund sei vorübergehend eskaliert. Es habe einen Angriff auf die Exekutive gegeben, daraufhin sei Pfefferspray eingesetzt worden. Am frühen Abend habe sich aber alles wieder beruhigt.

Bis zu 1.000 Teilnehmer einer Kundgebung aus Ottakring hatten sich laut Polizei vor der Votivkirche versammelt. Einige versuchten, die Gerüste des in Renovierungsarbeiten befindlichen Gotteshauses zu erklimmen, um dort Transparente anzubringen. Es kam auch zu Festnahmen.