Sitzung des Nationalrates im Parlamentsausweichquartier in der Hofburg
APA/Roland Schläger
Geimpft, getestet, genesen

Nationalrat beschloss Gleichstellung

Vor den Öffnungsschritten ab 19. Mai hat der Nationalrat am Montag in einer Sondersitzung die Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und Getesteten beschlossen. Damit fällt die Testpflicht für Geimpfte. Debattiert wurde auch über den von der Regierung angekündigten „Grünen Pass“. Einig, ob man mit dem Beschluss bereits die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen hat, wurde man nicht.

Mit dem „Grünen Pass“ soll es Geimpften, Genesenen und Getesteten möglich sein, Veranstaltungen zu besuchen oder wieder in Restaurants zu gehen. Schon vor Wochen wurde angekündigt, dass Österreich Vorreiter in Sachen „Grüner Pass“ werde – noch vor einer EU-weiten Initiative. Für einen solchen habe man eben die „ersten rechtlichen Schritte“ gesetzt, so der Tenor aus den Reihen der ÖVP. Die SPÖ und NEOS sprachen hingegen von einer PR-Aktion. Denn am Montag habe man „nur“ über eine Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und Getesteten abgestimmt.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sprach im Plenum von einer „semantischen“ Debatte, da ein „Grüner Pass“ nur EU-weit sinnvoll sei. Wichtig sei, dass die Personengruppen, die epidemiologisch eine geringere Gefahr darstellten, gleichgestellt werden. Das wurde mit Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS am Montag jedenfalls beschlossen – und dürfte wegen der Zustimmung der Sozialdemokraten auch im Bundesrat ohne Weiteres durchgehen.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein
APA/Robert Jäger
Gesundheitsminister Mückstein appellierte einmal mehr, sich impfen zu lassen

SPÖ stimmte mit und kritisierte Regierung

Das Gesetz ist die Grundlage für eine entsprechende Verordnung, die der Gesundheitsminister noch erlassen wird. „In einem ersten Schritt sollen Geimpfte von einer Testpflicht befreit werden“, sagte Mückstein im Parlament. Man sei gerade dabei, die Verordnung zu konkretisieren. Ein Zurück in die Normalität sei nur möglich, wenn alle mitmachen, und er warb einmal mehr darum, Impftermine freiwillig wahrzunehmen.

Ähnlich argumentierten ÖVP-Mandatar Josef Smolle und Grünen-Politiker Ralph Schallmeier. Die Gleichstellung sei keine Frage des Privilegs für einzelne Personen, sondern ein Gebot der Sachlichkeit, so die beiden Politiker. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begründete die Zustimmung ihrer Fraktion damit, dass mittlerweile die Risikogruppen durchgeimpft seien, so sie das wollten. Gleichzeitig betonte sie, wie wichtig es sei, die Menschen zu einer Immunisierung zu motivieren.

Philip Kucher (SPÖ)

Betont wurde von der SPÖ-Vorsitzenden aber, dass bei der Schaffung eines „Grünen Passes“ der Datenschutz eingehalten werden müsse – die Farbe des Dokuments sei egal, das sei nur PR der Regierung. Ihr Kollege Philip Kucher (SPÖ) sprach ebenfalls vom „Marketing-Blabla“, das immer wichtiger gewesen sei als aktives Krisenmangement. Aber: „Man muss der Regierung helfen, damit wir aus der Krise irgendwie rauskommen. Wenn nötig, geben wir ihr halt Stützräder.“ Da die SPÖ im Nationalrat der Novelle zustimmte, dürfte es im Bundesrat keine weitere Hürde geben – wie das zuletzt der Fall war.

FPÖ mit Kritik, NEOS ortet „Inszenierung“

Eine wahre Brandrede gegen die Vorlage lieferte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl ab. Von einem „Umbau unserer Art zu leben“ war da ebenso zu hören wie von einer „Perversion Grüner Pass“. Es werde ein „System der Entmündigung und Entrechtung der Bürger, des Souveräns“ geschaffen, dem die Regierung eigentlich zu dienen hätte. Der Entfall der Testpflicht für Geimpfte ist für Kickl nur ein „Leckerli“. Zudem würden der Bevölkerung die Risiken der Immunisierung verschwiegen. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sprach von einer Spaltung in „gute Menschen und böse Menschen“.

Für NEOS war diese Novelle gar nicht nötig, weil schon jetzt per Verordnung bestimmt werden könne, wer was wie für den Zugang zu bestimmten Orten vorzuzeigen habe. „Das ist jetzt schon für einen Impfnachweis möglich“, so NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Er ortete „reine Inszenierung“, weil Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einen nationalen „Grünen Pass“ versprochen hat. „Es kommt aber nur eine Verlängerung der Zettelwirtschaft.“ Für Nikolaus Scherak (NEOS) fehlen datenrechtliche Bestimmungen, dafür bekommt der Gesundheitsminister einen „Blankoschein“ für neue Regeln.

Gerald Loacker (NEOS)

Ressortchef Mückstein meldete sich in der Debatte ein zweites Mal zu Wort und unterstrich die Wichtigkeit von Impfungen. Man müsse dafür sorgen, dass sich mehr Menschen impfen lassen, so der Grünen-Politiker. Wer noch nicht geimpft ist, soll sich aber weiter testen lassen. Dafür wird auch die Zahl der Gratisheimtests aus den Apotheken von fünf auf zehn pro Monat und Person erhöht. Damit soll die Testaktivität erhöht werden.

Testen für die Arbeit

Allerdings muss künftig vor der Arbeit verstärkt getestet werden, wenn man nicht geimpft oder genesen ist. Denn mit der Novelle wird bei Bürojobs ein Regelwerk eingeführt, dass bei der Gefahr einer Ansteckung, etwa weil mehrere Leute zusammen in einem Raum arbeiten, getestet werden muss. Die Testpflicht in Büros wird als Auflage im Maßnahmengesetz definiert. Sofern ein negativer Testnachweis nicht mitgeführt wird, „hat der Inhaber des Arbeitsortes die Durchführung eines Tests zu ermöglichen“, heißt es im Gesetz.

Zuvor gab es eine Quasitestpflicht für Personen, die vermehrt mit Kunden und Kundinnen in Kontakt kommen. Mit der Novelle wird im Gesetz die Alternative zu einem negativen Test, das Tragen einer FFP2-Maske, gestrichen. Das sei eine Reaktion auf das Auftreten von Virusvarianten, die leichter übertragbar sind, heißt es in den Erläuterungen dazu. Details muss der Gesundheitsminister mit einer Verordnung regeln.