„Ibiza“-Ausschuss: Fokus auf Schmids ÖBAG-Bestellung

Zum Auftakt der Woche im „Ibiza“-U-Ausschuss wird derzeit Helmut Kern befragt. Er ist Aufsichtsratschef der staatlichen Beteiligungsgesellschaft ÖBAG.

Im Fokus des Interesses der Abgeordneten stand einmal mehr die Bestellung des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, zum ÖBAG-Alleinvorstand – ein Vorgang, den Kern im Zuge der Befragung verteidigte, seiner Wahrnehmung nach sei das Bewerbungsprozedere „professionell“ abgelaufen – zum passenden Zuschnitt der Ausschreibung auf Schmid habe Kern „keine Wahrnehmung“.

Helmut Kern (ÖBAG) beim Ibiza Untersuchungsausschuss
ORF.at/Lukas Krummholz

Ausschreibung für Posten mitverfasst?

Zum Hintergrund des Untersuchungsinteresses: Schmid wird vorgeworfen, die Ausschreibung für seinen Posten mitverfasst zu haben. Außerdem soll er Personen für den ÖBAG-Aufsichtsrat empfohlen haben, die ihn am Ende in den Vorstand hievten. Der Aufsichtsrat wurde vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) nominiert, also von Schmids Chef.

Übergang von ÖBIB zu ÖBAG „nach höchsten Standards“ abgelaufen

Kern verteidigte die Auswahl Schmids. Neben „fachlichen und persönlichen Kriterien“ seien bei der Bestellung auch die Präsentation eines Konzepts, Einschätzung von Führungsqualität und Gesamtbild entscheidend gewesen. Er verwies auf „unabhängige Gutachter“, die bescheinigten, dass der Übergang von ÖBIB auf ÖBAG „nach höchsten Standards“ abgelaufen sei.

Am 15. Februar 2019 habe der frisch konstituierte Aufsichtsrat den Nominierungsausschuss gewählt und einen Personalberater ausgewählt, gab Kern auf Fragen von SPÖ-Fraktionschef Kai Jan Krainer an. Mit dem Personalberater habe man den Ausschreibungstext vorbereitet, der auf einem Entwurf basiert habe. Dann habe man entschieden, in welchen Medien die Ausschreibung veröffentlicht werden solle und den Headhunter beauftragt, gab Kern an.

„Nicht nachgefragt, wer damit befasst war“

Am Entwurf habe man nur geringfügige Änderungen vorgenommen, ihm sei gesagt worden, dass auch ein Personalberater daran gearbeitet habe. Dass auch Schmid, dessen Mitarbeiterin und Bernhard P. (damals im Kabinett des Finanzministers) daran mitgearbeitet hatten, habe er nicht gewusst.

Das sorgte bei Krainer für Verwunderung. Ob er, Kern, nach der medialen Berichterstattung zu den Änderungen beim Ausschreibungstext nie bei den entsprechenden Personen nachgefragt habe? Das sei nicht seine Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender, so Kern. Auch das Dokument, aus dem Änderungsvorschläge für den Ausschreibungstext hervorgehen sollen, war Kern nicht bekannt.

Wie aus den Chatnachrichten hervorgeht, hatte Schmid darum gebeten, dass „internationale Führungserfahrung“ aus dem Ausschreibungsentwurf gestrichen wird – über diese hatte Schmid nicht verfügt.

„Als professionell empfunden“

Auch die FPÖ setzte den Schwerpunkt zunächst auf dieses Thema: Ob es in seinem „Denkhorizont“ sei, dass Schmid an den Ausschreibungsunterlagen mitgearbeitet habe, fragte Mandatar Martin Graf. Man habe die Ausschreibung als professionell empfunden, habe „nicht nachgefragt, wer damit befasst“ gewesen sei. Dass Schmid mitgearbeitet habe, dazu habe er keine Wahrnehmung, wiederholte Kern – es sei aber auch nichts Ungewöhnliches dran, sei der doch im Finanzministerium gewesen.

Verfahren gegen Schmid: „War ihm natürlich sehr unangenehm“

Wie die anderen Aufsichtsratsmitglieder ausgesucht worden seien, konnte Kern auf Fragen von Grünen-Fraktionschefin Nina Tomaselli nicht angeben. Nur so viel: Aus seiner Erfahrung seit Februar 2019 könne er sagen, dass das Gremium professionell und unabhängig agiere, gab Kern sinngemäß an. Bei der freiwilligen Nachschau am 12. November in der ÖBAG sei er nicht im Haus gewesen, aber angerufen worden, es habe helle Aufregung geherrscht.

Die ÖBAG habe Anwalt Johannes Zink (ist als Vertrauensperson von Kern mit) beauftragt, und Schmid habe Stellung nehmen müssen und alles sei schnell gegangen. „Sie können sich vorstellen: Es war für alle überraschend.“ Natürlich habe er Schmid mit alldem konfrontiert und ihn gefragt („Es war ihm natürlich sehr unangenehm, dass das Verfahren läuft“).

„Keine Gründe für Abberufung“ Schmids

Ob man in Konsequenz dessen eine Abberufung überlegt habe? Man habe das alles geprüft, Rechtsmeinungen eingeholt, und der Aufsichtsrat habe unterschiedlichste Aspekte bewerten müssen. „Es hat keine Gründe für den Aufsichtsrat gegeben, Thomas Schmid abzuberufen“, so Kern. Ein möglicher Schaden einer Abberufung könne darin bestehen, dass eine Lawine an weiteren Rechtskosten entstehen oder ein Vorstand handlungsunfähig werde – die Abwägung habe ergeben, dass eine Beurlaubung daher nicht opportun sei.

„Haben andere Sorgen, als über solche Chats zu sprechen“

Später trat Kern im Zuge der Befragung durch NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter dem „Narrativ“ entgegen, dass sich Schmid seinen Aufsichtsrat selbst ausgesucht habe. Er zählte alle auf, die sich Schmid sicher nicht ausgesucht habe – und berief sich auf die Chats, aus denen er all das nicht ableiten könne. Dem hielt NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter eine Chatnachricht von Schmid an den damaligen Kanzleramtsminister Gernot Blümel entgegen („Bitte gebt mir einen guten Aufsichtsratschef“).

Ob ein in den Chats genanntes Aufsichtsratsmitglied „steuerbar“ sei, wie das Schmid schrieb? Wer sie kenne, wisse, dass sie das nicht sei, höchstens in dem Sinne, „dass sie Steuern zahlt“, so Kern. Ob er Schmid gefragt habe, warum er so etwas geschrieben hat? „Wir haben wichtige Themen in der ÖBAG, inzwischen 26 Milliarden Euro an Vermögen zu verwalten und wahrlich andere Sorgen, als über solche Chats zu sprechen“, so Kern.

Kontakt mit Löger und Bonelli

Zuvor interessierte sich die SPÖ für Kerns Chefwerdung. Kurz’ Kabinettschef Bernhard Bonelli habe ihn damals angerufen, ob ihn Löger kontaktieren dürfe. „Natürlich kann mich der Finanzminister jederzeit anrufen“, er habe angenommen, dass es um den ÖBAG-Aufsichtsrat gehe.

Er sei überrascht gewesen, dass er ihn das gefragt habe, und habe zugesagt. In einem Wiener Innenstadtlokal habe er dann Schmid und Löger getroffen, ob „Dringlichkeit“ (zur Bestellung) bestanden habe, konnte Kern nicht bewerten.

ÖBAG von „externen Einflüssen freihalten“

In seinem recht ausführlichen Eingangsstatement sagte Kern, bei der ÖBAG gehe es um Wertsteigerung und Erhalt sowie Schaffung von Arbeitsplätzen; der Einfluss des Staats ende bei der Bestellung von Aufsichtsräten. Seine Aufgabe als Aufsichtsratschef sei es, dass die Corporate Governance eingehalten werde, die Ziele der ÖBAG erreicht werden und sie „von externen Einflüssen freigehalten“ werde.

„Großspender der ÖVP?“ – „Fake News“

Zu seiner Bestellung (gefragt hatte ihn Löger) sagte Kern: „Ich gehe davon aus, dass ich gefragt wurde, weil wohl davon ausgegangen wurde, dass er es gut machen werde.“ Als Löger damals an ihn herangetreten sei, habe er sofort zugesagt. Mit dem damaligen Finanzminister hätten ihn „freundlich-professionelle Kontakte“ verbunden, gab Kern auf Nachfrage an.

Er sei schon davor in privaten wie börsennotierten Unternehmen tätig gewesen, habe viele Herausforderungen gesehen, und „Ungemach“ sei ihm „nichts Neues“. Dass er Großspender der ÖVP sei, wie von NEOS behauptet, sei „Fake News“ – er sei auch zu keiner Zeit Mitglied einer Partei gewesen. Zu Kanzler Kurz habe er „eine gute Verbindung“. Die ÖBAG und deren Aufsichtsrat arbeite seit dem ersten Tag „frei und unabhängig“.

In die Bestellung des Ex-FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria sei er in „keiner Weise“ involviert gewesen. Diese erfolgte durch den Aufsichtsrat der Casinos, damals sei die ÖBAG noch nicht aktiv gewesen. Zu einem etwaigen „Hintergrunddeal“ habe er keine Wahrnehmungen.

Kneissl und Bonelli geladen

Nach Kern geladen ist Karin Kneissl, unter ÖVP-FPÖ von den Blauen zur Außenministerin gemacht. Von ihr erwarten sich die Abgeordneten Einblick in die Arbeit der einstigen türkis-blauen Koalition. Selbiges erwarten sich die Abgeordneten auch von der dritten Auskunftsperson, Bernhard Bonelli. Der Kabinettschef von ÖVP-Kanzler Kurz ist bereits zum zweiten Mal im Ausschuss zu Gast.