Malaysische Palmölplantage direkt an einen Regenwald angrenzend
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Regenwaldrodung

Vorwürfe gegen chinesische Banken

China will im Kampf gegen die Klimakrise eine Führungsrolle einnehmen. Ein aktueller Bericht wirft einen Schatten auf die Ambitionen des Landes: Laut Daten der NGO-Koalition Forests & Finance sollen chinesische Banken die zweitgrößten Finanziers von Firmen sein, die in die weltweite Abholzung von Regenwäldern verstrickt sind.

Der Zusammenschluss mehrerer NGOs hebt einem Bericht der „Financial Times“ („FT“) zufolge hervor, dass chinesische Institutionen Firmen, die im Zusammenhang mit Rodungen in Südostasien, Brasilien und Afrika stehen, von Jänner 2016 bis April 2020 Darlehen, Kredite und Versicherungen über 15 Milliarden Dollar (rund 12,5 Mrd. Euro) zur Verfügung gestellt haben. Der Regenwald ist ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und stabilisiert damit das Klima auf der Erde.

Chinesische Firmen, die in den Handel mit Papier und Zellstoff, Palmöl, Soja, Gummi sowie Holz involviert sind, sind den Daten zufolge großteils im Ausland tätig und werden in vielen Fällen von chinesischen Banken finanziert. Das mache den internationalen Fußabdruck des chinesischen Finanzsektors deutlich, heißt es in der „FT“. Übertrumpft wird China nur von Brasilien, wo sich, anders als in China, große Flächen an Regenwald befinden.

Rodung des Regenwaldes in Borneo
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Chinesische Banken sollen zweitgrößte Geldgeber für Waren sein, die in Verbindung mit der Regenwaldabholzung stehen

Industrial and Commercial Bank of China Limited (ICBC), die größte Bank in der Volksrepublik China, wird in der Datenbank mit 2,2 Milliarden Dollar (rund 1,8 Mrd. Euro) zudem als größter chinesischer Geldgeber geführt. Das staatliche Chemieunternehmen Sinochem soll hingegen die meisten chinesischen Gelder erhalten haben – konkret 4,6 Mrd. Dollar (rund 3,8 Mrd. Euro).

China will bis 2060 klimaneutral sein

Der Bericht, in dem der Anteil der Kreditaufnahmen von Firmen an regenwaldgefährdenden Aktivitäten geschätzt wird, trifft mit Chinas jüngsten Ambitionen in Sachen Klimaschutz zusammen. China stellte eine Verringerung seines Kohleverbrauchs von 2025 an in Aussicht.

Auf dem virtuellen Klimagipfel im April sagte Staats- und Parteichef Xi Jinping, sein Land wolle Kohlekraftwerke „streng kontrollieren“. Während des laufenden Fünfjahresplanes bis 2025 solle der Anstieg des klimaschädlichen Kohleverbrauchs „streng begrenzt“ und während des folgenden Planes bis 2030 „stufenweise verringert“ werden.

Er wiederholte seine Zusage, dass China den Höhepunkt seiner Emissionen vor 2030 anstrebe und Kohlendioxidneutralität vor 2060 erreichen wolle. Das bedeutet, dass kein Kohlendioxid ausgestoßen wird bzw. die CO2-Emissionen vollständig kompensiert werden. China habe sich verpflichtet, schneller vom Höhepunkt zur Neutralität zu gelangen, als es vielen entwickelten Länder gelingen könnte, sagte Xi. „Das erfordert außergewöhnlich harte Anstrengungen.“

Chinas Präsident Xi jinping
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Xi will China bis 2060 klimaneutral machen – das erfordere ihm zufolge „außergewöhnlich harte Anstrengungen“

Klimaschützer mit scharfer Kritik

Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist für über ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Klimaschützerinnen und Klimaschützer kritisierten, dass Xis Ziele im Gegensatz zu Chinas Investitionen im Ausland und Geldern für umweltschädliche Bauvorhaben stehen würden.

„Die großen Volkswirtschaften der Welt reden in Klimafragen groß über Handeln, aber drücken weiterhin ein Auge zu, wenn ihre eigenen Banken die Abholzung tropischer Regenwälder finanzieren“, sagte Tom Picken von Forests & Finance. Ein Forschungspapier der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) verwies im vergangenen Jahr darauf, dass chinesische Banken die größten länderübergreifenden Kreditgeber in etwa der Hälfte der Entwicklungs- und Schwellenländer weltweit darstellen. Die Kreditvergaben würden zudem „stark mit dem Handel“ in ebendiesen Ländern korrelieren.

Zwei Drittel der Regenwälder zerstört bzw. ausgedünnt

Die Aussichten im Kampf gegen die Klimakrise verschlechtern sich Fachleuten zufolge jedenfalls deutlich: Rund zwei Drittel des ursprünglichen tropischen Regenwaldes sind laut einer im März erschienenen Studie der gemeinnützigen Organisation Rainforest Foundation Norway von Menschen zerstört oder zumindest ausgedünnt worden.

Studienautor Anders Kroghs Erkenntnissen zufolge entsprechen die Einbußen in den Jahren 2002 bis 2019 einer Fläche, die größer als Frankreich ist. Am stärksten zeigt sich die Entwicklung im Amazonas-Gebiet in Südamerika. Auf die Region samt Grenzbereichen entfällt mehr als die Hälfte der weltweiten Regenwaldzerstörung seit 2002. Die zweitstärkste Rodungsaktivität findet auf Inseln in Südostasien statt, die vor allem zu Indonesien gehören. Hier müssen die Wälder zu großen Teilen Palmölplantagen weichen. Auf Rang drei liegt das Kongobecken in Zentralafrika, wo neben der Holzwirtschaft der Ausbau des Agrarsektors seinen Tribut fordert.

2,4 Grad: Neue Prognose zu Petersberger Klimadialog

Zum Auftakt des 12. Petersberger Klimadialogs, bei dem es um die Vorbereitung der UNO-Klimakonferenz im November geht, warnten Forscher zudem vor einer zu starken Erderwärmung. Wenn alle bisher getroffenen Klimaschutzmaßnahmen so umgesetzt werden wie geplant, wird die globale Erderwärmung Ende des Jahrhunderts bei 2,4 Grad liegen und damit deutlich über dem gewünschten 1,5-Grad-Ziel.

Das ergaben Prognosen des Analyseprojekts „Climate Action Tracker“ („CAT“), das der Klimaforscher Niklas Höhne am Dienstag gemeinsam mit der deutschen Umweltministern Svenja Schulze (SPD) vorstellte. Wenn von nun an keine weiteren Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels getroffen würden, läge die prognostizierte Temperatur im Jahr 2100 sogar bei 2,9 Grad. In einem „optimistischen Szenario“ mit weitreichenden Emissionsreduktionsmaßnahmen betrüge die Erwärmung den Berechnungen zufolge 2,0 Grad.