Frauenministerin Susanne Raab, Innenminister Karl Nehammer und Justizministerin Alma Zadic
APA/Herbert Pfarrhofer
Regierung einig

Anti-Terror-Paket kommt wie geplant

Die Regierung ist bei ihrem Anti-Terror-Paket einig. Gegenüber der Begutachtung wurden keine größeren Änderungen mehr vorgenommen. Das heißt etwa, es wird einen eigenen Straftatbestand für religiös motivierten Extremismus geben. Am Freitag wurde das Paket präsentiert.

Ein halbes Jahr nach dem „schrecklichen Terroranschlag“ in Wien habe man „gezeichnet vom Schrecken klare Zeichen“ setzen wollen, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei der Präsentation. Es sei ein „umfassendes Paket“ geschnürt worden, das eine klare Antwort auf Versuche sei, die Gesellschaft zu spalten. „Manchmal ist es für die Freiheit vieler notwendig, die Freiheit einiger weniger zu beschränken.“

Das Paket sieht laut Nehammer 125 Millionen Euro für Infrastruktur, Technik, Ausrüstung und neue Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz vor. Zwei Gesetze hob der Innenminister hervor: das Staatsbürgerschaftsgesetz, das es ermögliche, einschlägig verurteilten Tätern die Doppelstaatsbürgerschaften abzuerkennen, „um sie letztlich leichter außer Landes bringen zu können“, und die Verschärfung des Symbolegesetzes, das auf die Islamisierung abzielt und auch den politischen Bereich der Hisbollah erfasst. Und es werde weiter gegen Rechtsextremismus wie die Identitären vorgegangen. Damit würden die Verfolgungsmöglichkeiten für die Polizei erweitert, wie Nehammer sagte.

„Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst“

Nehammer hob auch die vorgesehene Umwandlung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in eine „Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst“ (DSN) hervor. Der Entwurf dazu, dessen Begutachtung am Freitag zu Ende ging, sieht eine Trennung der Bereiche Staatsschutz und Nachrichtendienst sowie mehr parlamentarische Kontrolle vor. Konkret geändert werden dazu das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz und weitere Rechtstexte.

Statement von Innenminister Nehammer

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte unter anderem eine Verschärfung im Symbolegesetz an.

Darüberhinaus gehen laut Nehammer zwei weitere Gesetze im Rahmen des Anti-Terror-Pakets in Begutachtung. Zum einen werde das Waffengesetz verschärft und gegen wegen Terrors Verurteilten ein automatisches Waffenverbot ausgesprochen. Zum anderen werde das Vereinsgesetz überarbeite, um klarzumachen, dass es eine Trennung zwischen Vereinsleben und dem Tun von Religionsgemeinschaften geben muss.

Fußfessel für bedingt Entlassene möglich

Man sei es den 23 Verletzten und vier Toten des Anschlags vom 2. November 2020 schuldig, Maßnahmen zu ergreifen, um die Wahrscheinlichkeit von Terror zu minimieren, sagte die grüne Justizministerin Alma Zadic. „Der Anschlag hat uns vor Augen geführt, wie sensibel unsere Freiheit ist. Wir lassen uns nicht spalten und nicht die Freiheiten nehmen.“

Statement von Justizministerin Zadic

Die grüne Justizministerin Alma Zadic beschrieb, wie verurteilte Täter während der Bewährung überwacht werden sollen.

Künftig solle es Fallkonferenzen geben, um auszuschließen, dass Informationen übersehen wurden, und um zu beurteilen, ob Personen bedingt entlassen werden und in die Deradikalisierungsprogramme kommen können. So hat das Gericht bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung die Sicherheitsbehörden und die Koordinationsstelle Extremismusprävention einzubinden. Diese können auch nach der Entlassung zu Fallkonferenzen zusammentreten.

Dazu kommen Entlassungskonferenzen zur Vorbereitung der bedingten Entlassung, die es aktuell nur bei Jugendlichen gibt. Jetzt wird sie auf Antrag des Justizanstalt-Leiters vom Verein Neustart mit den Betroffenen und seinem sozialen Umfeld durchgeführt. Erarbeitet wird dabei ein Betreuungsplan, der dem Richter vorgelegt wird, der über die Entlassung entscheidet. Für diese Präventionsmaßnahmen würden acht Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt.

Bedingte Entlassungen sollen durch das Gericht künftig stärker überwacht werden können – auch via Fußfessel. Dabei muss die Strafe 18 Monate übersteigen. Der Richter muss außerdem bestimmte Orte vorgeben, an denen sich der bedingt Entlassene nicht aufhalten darf, beispielsweise Moscheen, wo eine Radikalisierung stattgefunden hat. Hier lehne man sich an die Regeln für Sexualstraftäter an, so Zadic. Zum Maßnahmenvollzug (Stichwort: präventive Anhaltung von Gefährdern) sagte die Justizministerin, dieser liege „generell im Argen, ich bitte noch um etwas Zeit. Das ist eine viel größere Reform, die wir demnächst in Angriff nehmen.“

Straftatbestand religiös motivierter Extremismus

Zu dem in der Begutachtung kritisierten neuen Straftatbestand des religiös motivierten Extremismus sagte Zadic, dass sich diese Regelung nicht gegen eine bestimmte Religion richte. Dass der Straftatbestand überhaupt kommt, begründete die Justizministerin damit, dass keine Lücke entstehen solle. Dieser richte sich an Fälle, wo jener Passus, wo es um staatsfeindliche Verbindungen geht, möglicherweise nicht greife. Amnesty International forderte dennoch umgehend eine Streichung des Passus aus dem Gesetzespaket.

Statement von Integrationsministerin Raab

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) betonte, dass sich das Gesetzespaket nicht gegen Muslime richte.

„Eines ist mir wichtig: Das alles ist kein Angriff auf eine Religionsgemeinschaft“, sagte auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP). Es gelte gegen Hassprediger vorzugehen, um Musliminnen und Muslime in ihrer Religionsausübung zu schützen. Dafür werde die Auslandsfinanzierung nachgeschärft (nicht nur Moscheen, sondern auch Vereine und Stiftungen hinter den Moscheen müssen künftig ihre Finanzierung offenlegen), Transparenz geschaffen (Imameverzeichnis) und die raschere Schließung radikaler Moscheen ermöglicht.

„Reine Kosmetik“ sieht in den Plänen der Regierung FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Er vermisst in einer Aussendung nach wie vor „ein strenges und eindeutig zielgerichtetes Verbotsgesetz gegen den politischen Islam“. Eingebracht wird das Gesetzeswerk wohl schon kommende Woche im Nationalrat. Ein Beschluss ist noch vor dem Sommer angepeilt.

Gesprächsangebot an Anschlagsopfer

Auf ein Treffen mit der Mutter und Schwester eines Anschlagsopfers angesprochen, sagte Nehammer, dieses gehöre zum „Prägendsten“ seiner Ministertätigkeit. Zu möglichen Treffen weiterer Opfer sagte er. „Ich wollte vermeiden, mich aufzudrängen. Wann immer das Bedürfnis nach Gespräch besteht, bin ich jederzeit dazu bereit.“