Siegfried Wolf in der ZIB2
ORF

Wolfs neues Angebot für Steyr-Werk

Der Investor Siegfried Wolf hat Freitagabend in der ZIB2 ein neues, nachgebessertes Angebot für die Übernahme des vor der Schließung stehenden MAN-Werks in Steyr präsentiert. Über eine Forschungsgesellschaft sollen zusätzlich 150 Jobs erhalten werden, und der Sozialplan soll im Nettowert den – besseren – deutschen Vorgaben entsprechen. Außerdem werde sich Raiffeisen Oberösterreich an dem Projekt beteiligen.

Wolf betonte, damit werde für rund drei Viertel der Belegschaft langfristig der Job gesichert – und indirekt machte er klar, dass er damit auch davon ausgeht, bei einer weiteren Urabstimmung eine Dreiviertelmehrheit zu erhalten.

Auf die Stiftung (Forschungsgesellschaft für Mobilität) für 150 Jobs hat sich Wolf laut „Oberösterreichischen Nachrichten“ (Samstag-Ausgabe) mit Stadt, Land und Bund geeinigt. Diese kämen zu seinem bestehenden Angebot, das 1.250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und 166 Lehrlinge umfasse, dazu. Die geplanten Gehaltskürzungen bleiben freilich aufrecht.

Ansagen bei Sozialplan und Altersteilzeit

Alle, die Wolf nicht weiterbeschäftigen würde, sollen, wenn sie den Sozialplan annehmen, „nach dem deutschen Modell in der Nettoausgleichszahlung“ gleichgestellt werden, so Wolf. Und es gebe ein klares Altersteilzeitmodell, mit dem niemand von den Älteren sich „beim Arbeitsamt anstellen“ müsse.

Ex-Magna-Chef Wolf über MAN-Standort in Steyr

Im Ringen um die Zukunft des MAN-Standorts Steyr könnte es eine neuerliche Wendung geben. Wolf präsentierte in der ZIB2 ein verbessertes Angebot.

Raiffeisen beteiligt sich

Und weil es Zweifel an der finanziellen Tragfähigkeit und Absicherung seines Modells gegeben habe, kündigte Wolf an, dass sich Raiffeisen Oberösterreich beteiligen werde. Man werde dann in Zukunft gemeinsam auftreten. Wolf zeigte sich überzeugt, dass MAN – wenn es ein vom Betriebsrat unterstütztes Modell gebe, bereit sein werde, sich für Gespräche an einen Tisch zu setzen. Eine Lösung, die möglichst viele Jobs erhält, ist nicht zuletzt für die Landespolitik wichtig. Heuer im Herbst finden Landtagswahlen statt.

Wolf hofft, „dass Vernunft einkehrt“

Er hoffe, dass nun „Vernunft einkehrt und ein gemeinsames Programm zusammengestellt“ werde, so Wolf in Richtung Arbeiterbetriebsrat. Er warnte, zugesperrt werde ein Werk schnell, aber es dann wieder aufzusperren sei ungleich schwieriger. Für seine Pläne müsse man die Produktionsstraßen umbauen, dafür seien bis zu 18 Monate eingeplant. Hier hoffe er darauf, dass MAN einer Weiterführung des Werks für zwei Jahre zustimmt.

Wolf erinnerte an eine Studie, wonach mit Zulieferbetrieben mehr als 8.500 Jobs in der Region Steyr gefährdet seien. Und er wolle nicht, „dass Steyr zum Detroit Österreichs“ werde, zog Wolf einen Vergleich zu der teils vom Verfall bedrohten US-Stadt, die durch Autoproduktion groß geworden war.

Kritik an Arbeiterbetriebsrat

Mehrmals zeigte sich der bestens vernetzte Investor im ZIB2-Interview verärgert über den Arbeiterbetriebsrat und warf diesem vor, die Belegschaft in die Irre zu führen. Er habe Anrufe von Mitarbeitern erhalten. Sie hätten ihm erzählt, der Betriebsrat habe ihnen gesagt, sie sollten dagegen stimmen, dann werde das Angebot nachgebessert. Einen solchen „Poker“ lehne er ab, so der Manager, der sein Angebot nun allerdings tatsächlich nachgebessert hat.

Berichte, Wolf werde sein Angebot an die Belegschaft ausbauen, hatten zuvor bereits die Runde gemacht. Der Betriebsrat hatte sich dazu am Freitag zunächst zurückhaltend geäußert – mehr dazu in ooe.ORF.at .

Wolf zeigte sich überzeugt, dass MAN – wenn es ein vom Betriebsrat unterstütztes Modell gebe – bereit sein werde, sich für Gespräche an einen Tisch zu setzen. Aus der Konzernzentrale in München hieß es am Freitag, derzeit werde nicht mit Wolf verhandelt. Man hielt neuerlich fest, dass Wolf „als einziger Interessent ein industriell logisches und fundiertes Konzept für eine Nachnutzung des Standorts vorgelegt hat“. Eine Nachbesserung gelte es jedoch mit den Arbeitnehmern zu besprechen.

Arbeitnehmervertreter wollen Details

Betriebsrat und Gewerkschaft begrüßten den neuen Anlauf von Wolf, ihre Skepsis blieb aber groß. Betriebsratschef Helmut Emler kritisierte gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal am Samstag, dass Wolf über die Medien ausrichte, wieder mit den Beschäftigten verhandeln zu wollen. Eine Bewertung des neuen Angebots von Wolf sei schwierig, weil er keine Details kenne. „Wenn es Änderungen gibt, dann soll er es bitte auf den Tisch legen“, forderte Emler. „Wir sehen das natürlich sehr kritisch. Aber man kann es natürlich versuchen. Wenn es wirklich Verbesserungen gäbe, dann kann man darüber reden.“ Zwar im Nachhinein, aber als Erstes werde nun der Betriebsrat persönlich informiert, betonte Wolf-Sprecher Josef Kalina gegenüber der APA am Samstag.

„Da bin ich nicht ganz damit einverstanden, weil eine Arbeitsstiftung bedeutet immer, dass man die Mitarbeiter aus dem Unternehmen geben muss“, sagte Angestelltenbetriebsrat Thomas Kutsam zu Ö1 zum Angebot, 150 zusätzliche Jobs mit einer Stiftung abzusichern. Wobei Kalina mittlerweile konkretisierte, dass es sich um eine Forschungsgesellschaft für Mobilität handle.

Land will jede unternehmerische Lösung unterstützen

Die Details seien noch zu definieren, es gehe darum, dass die Menschen weiterhin Arbeit haben, hieß es aus dem Büro von Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP). Dafür würden Land und Bund jede unternehmerische Lösung, die die Arbeitsplätze für die Zukunft absichere, unterstützen, „selbstverständlich auch das verbesserte Angebot von Siegfried Wolf“, bestätigte Achleitner.

Angestelltenbetriebsrat Kutsam hofft, mehr Jobs erhalten zu können, wenn man mehr Aufträge an Land zieht. „Für mich ist es trotzdem ganz, ganz wichtig, dass man sich alternative Angebote auch noch ansieht. Beziehungsweise auch Angebote, die man gemeinsam mit Sigi Wolf da in Steyr produzieren kann.“

Alois Stöger von der Produktionsgewerkschaft PRO-GE sprach von einem „insgesamt guten Schritt" und forderte ein schriftliches Angebot von Wolf. Wenn konkret etwas vorliege, könne das Angebot geprüft werden. Bisher ist noch niemand auf uns zugekommen“, sagte ein MAN-Sprecher zu Ö1. Grundsätzlich sei man offen für Gespräche über eine Nachnutzung des Werks. Aber das Zeitfenster schließe sich.

Gewerkschaft rechnete Schließkosten vor

Die Gewerkschaft hatte zuletzt Zahlen veröffentlicht, laut denen die Schließung des MAN-Werkes 1,5 Milliarden Euro kosten könnte. Die Kalkulation setzt sich laut Stöger aus den Lohnfortzahlungen, die aus dem Kündigungsverzicht resultieren, und der Investitionszusage von MAN für den Standort Steyr zusammen, wie er gegenüber der APA vorrechnete.

In der Standortsicherungsvereinbarung 2019 habe sich MAN verpflichtet, jährlich vier Prozent des Umsatzes von Steyr in den Standort zu investieren, so Stöger – das wären bei rund einer Mrd. Umsatz jährlich 40 Mio. Euro, also bis Ende 2030 rund 400 Mio. Hinzu komme der Kündigungsverzicht, der nach Ansicht der Arbeitnehmervertretung eine Entgeltfortzahlung bis 2030 nach sich ziehen würde. Das wäre bei einer Lohnsumme von rund 170 Mio. Euro auf zehn Jahre gerechnet etwa eine Mrd. Euro.

MAN hat diese Vereinbarung zwar gekündigt, laut einem Rechtsgutachten im Auftrag der Gewerkschaft sei der Kündigungsverzicht aber weiterhin gültig. Stöger geht davon aus, dass die Chancen der Belegschaftsvertretung vor Gericht zu gewinnen, sehr gut seien. Dass MAN nicht die Gelegenheit nutze, vom Obersten Gerichtshof (OGH) feststellen zu lassen, ob die Vereinbarung gültig sei, zeige, dass dem Konzern das Risiko offenbar zu hoch sei, so Stöger. Die Arbeitnehmerseite will vor Gericht ziehen, sobald betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden.