Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP)
ORF
EU-weiter „Grüner Pass“

Köstinger ortet „Herausforderung“

Gastronomie, Tourismus, Sport und Kultur können in eineinhalb Wochen wieder öffnen. Sicherheitskonzepte und der „Grüne Pass“ für Getestete, Genesene und Geimpfte sollen die Öffnungsschritte begleiten. Aber noch sind viele Details unklar, so manches scheint aus Sicht der Branchen noch diffus. Tourismusministerium Elisabeth Köstinger (ÖVP) verwies in der „Pressestunde“ auf „ein Vielfaches mehr an Klarheit“ am Montag. Ein baldiger EU-weiter „Grüner Pass“ sei eine „Herausforderung“.

In Österreich werde der „Grüne Pass“ jedenfalls Anfang Juni auch digital verfügbar sein (App, Web) – das sollte dann auch europaweit gültig sein, so Köstinger. Der nächste Schritt sei eine EU-weite Lösung – sollte es bis 25. Mai keine Einigung auf EU-Ebene geben, werde man mit einzelnen Urlaubsländern bilaterale Regelungen ausarbeiten. Was generell in den Ländern gelte, würden freilich stets die jeweiligen Regierungen entscheiden.

Eine Einheitlichkeit werde „eine Herausforderung“ sein, gestand Köstinger ein. Auch die jeweiligen Infektionslagen seien ein Faktor. Zum Einwand, wonach in manchen Ländern erst die zweite Impfung für umfassendere Zugänge zähle, sagte Köstinger, dass man sich auf hiesige Expertisen verlasse. Dass mit dem ersten Stich nach wie vor Infektionen nicht ganz ausgeschlossen seien, sei klar – darum müsse es ja weiterhin Sicherheitsmaßnahmen geben.

Aussichten auf den „Grünen Pass“

Doch Expertinnen und Experten hätten Erststich plus 21 Tage als vertretbar ausgegeben (jene Regel, wonach dann mit 19. Mai der Geimpftenstatus gilt), dem folge man seitens der Regierung. Das Gesundheitsministerium nehme Datenschutzbedenken sehr ernst, die E-Card-Idee sei deswegen einmal „hintangestellt“. Generell solle in Österreich jeder dieselben Möglichkeiten haben – egal ob geimpft, getestet oder genesen.

Wie läuft der Lokalbesuch ab?

Zu den kommenden Regeln hierzulande verwies Köstinger auf eine „finale Öffnungskonferenz mit den Landeshauptleuten“ und ebenso auf die Verordnung, die demnächst veröffentlicht werde. Zum Einwand, wonach die Regelungen für Konsumenten und Konsumentinnen, aber auch für Gastronomen und Hoteliers zu kompliziert seien (Stichwort: verschiedene Tests und verschiedene Geltungsdauer), verwies Köstinger auf die Aussicht auf „mehr Freiheit“ – die Kombination von Eintrittstests und Sicherheitsmaßnahmen werde sich einspielen.

Gastronomie und Hotellerie würden – neben der Möglichkeit der verschiedenen Nachweise – mit Gratistests beliefert. Die jeweiligen Tests an aOrt und Stelle würden aber nur für die jeweilige Institution (wo der Selbsttest durchgeführt wurde) gelten, so Köstinger. Beim Betreten des Lokals müssten Besucherinnen und Besucher den negativen Test, das Genesenen- oder Impfzertifikat vorzeigen, dann werde ein Tisch zugewiesen. „Das wird sehr gut funktionieren“, so Köstinger.

Kontaktnachverfolgung „extrem wichtig“

Man habe zu diesem Thema in Vorarlberg viele Erfahrungen sammeln können. Zur anstehenden Registrierungspflicht verwies Köstinger auf den Umstand, dass nicht nur die Gastronomie betroffen sei, sondern „viele andere Bereiche auch“. Es sei „extrem wichtig“, Kontakte nachzuvollziehen, damit die Infektionsketten durchbrochen werden können. Man habe hier im letzten Herbst sehr viel gelernt – ebenso wiederum auch in den letzten Wochen in Vorarlberg.

Tourismus und Gastronomie ab dem 19. Mai

„Schielen auf Inzidenzzahlen nicht mehr ausreichend“

Angesprochen auf das mögliche Wiederansteigen der Zahlen, machte sie wiederum Vorarlberg zum Thema: Mit der dortigen Gastroöffnung sei „viel mehr getestet worden“, darum sei klar, dass mehr Menschen positiv getestet würden. „Reines Schielen auf die Inzidenzzahlen sei nicht mehr ausreichend“, so Köstinger. Vieles hätte besser laufen können, doch sei man in Österreich besser durch die Zeit gekommen als in anderen Ländern („mit mehr Freiheiten“). Jetzt zeige sich, dass die Impfstoffe wirken – einhergehend mit dem „Impfturbo“ werde es weitere Lockerungen geben.

Entwicklung in „Testland“ Vorarlberg

Bewegung bei Lebensmittel-Herkunftskennzeichnung

Auch waren Landwirtschaftsagenden Thema: Bei der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastro signalisierte Köstinger etwas Bewegung. Während sie zuletzt betonte, dass eine Kennzeichnungspflicht für die Gastronomie als freiwillige Maßnahme im Regierungsprogramm vereinbart worden sei, sagte sie nun, dass der Kennzeichnung „Tür und Tor geöffnet“ sei, wenn die geplante Umsetzung für Gemeinschaftsverpflegung und verarbeitete Produkte einmal mit einem lückenlosen Kontrollsystem funktioniert.

„An der Transparenz läuft kein Weg vorbei, die Herkunftsbezeichnung ist unverzichtbar“, so Köstinger. Zuerst müsse man aber bei den Großen ansetzen, „große Schrauben drehen“, bevor „Dorfwirte“ drankämen. Köstinger erinnerte an das „Bürokratiemonster“ der Allergenkennzeichnungen in Speisekarten. Zuletzt gab es ein kleines Match mit den Grünen um eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie.

Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel und Regionalität

„Hochsensible Daten“ von Mitarbeitern

Auch wurde Köstinger zu den späten (und erst durch den verfassungsgerichtshof erwirkten) Aktenlieferungen aus dem Finanzministerium befragt: Sie verwies auf die „Sorgfaltspflicht gegenüber den Mitarbeitern“ und „persönliche, hochsensible Daten“ im Material. Es habe deswegen Überlegungen geben müssen, einen Modus für die Datenlieferung zu finden – eine digitale Übermittlung hätte wohl die Arbeit für die Parlamentarier einfacher gemacht, so Köstinger.

Wahrheitspflicht-Vorstoß „nicht verteufeln“

Auch die zuletzt angedachte Reform von parlamentarischen U-Ausschüssen war Thema: Köstinger wolle „Ideen“ wie jene von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), der die dort herrschende Wahrheitspflicht hinterfragte, „nicht von vornherein verteufeln“. „Auch darüber kann man diskutieren“, gab die ÖVP-Ministerin an und kritisierte den Stil im „Ibiza“-U-Ausschuss mit „Vorverurteilungen“ und „Schmutzkübelkampagnen“.

Diskussion über Wahrheitspflicht vor U-Ausschüssen

Es gehe um die Frage, wie man das wichtige Kontrollinstrument des Nationalrats und auch der Opposition weiterentwickeln könne, damit es nicht zu einem „politischen Schauspiel, einer politischen Löwinger-Bühne“ verkomme, so Köstinger. Kürzliche Befragungen im „Ibiza“-U-Ausschuss hätten „gezeigt, dass die Qualität der Befragungen wegen Verfahren oder Ermittlungen (gegen die Auskunftspersonen, Anm.) nicht gegeben“ gewesen sei.

Eine Weiterentwicklung gehöre diskutiert, sagte Köstinger. Ihr Parteikollege und Vorsitzender des „Ibiza“-U-Ausschusses, Sobotka, hatte gemeint: „Bei uns hat jede Person, die Auskunftsperson ist, eine ungeheure Sorge, dort etwas Falsches zu sagen, weil sie dort unter Wahrheitspflicht steht.“

SPÖ sieht „skandalösen Auftritt“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ortete einen „skandalösen Auftritt“ von Köstinger. Die Ministerin setze die „ungeheuren Attacken gegen das Parlament und den Rechtsstaat“ fort und diskreditiere den U-Ausschuss. Besonders stieß sich Deutsch daran, dass Köstinger das parlamentarisches Kontrollinstrument mit der „Löwinger-Bühne“ verglich.

Die „türkise Kurz-Truppe“ unternehme alles, „um unsere rechtsstaatlichen Kontrollinstrumente zu zerstören“, so Deutsch: „Sie ahnen wohl auch, dass es bald einen Corona-Untersuchungsausschuss geben könnte.“ Dem baue Nationalratspräsident Sobotka vor, indem er die Wahrheitspflicht abschaffen wolle.

FPÖ: „Frechheit“

Ähnlich die Kritik der Freiheitlichen: Der Fraktionsführer im U-Ausschuss, Christian Hafenecker, sah ebenfalls einen „Skandalauftritt“ der ÖVP-Ministerin. Nicht nur, dass sie sich dazu verstiegen habe, die Abschaffung der Wahrheitspflicht zu einem positiven Beitrag zur Weiterentwicklung umzudeuten, habe sie auch die „Frechheit besessen“, den U-Ausschuss quasi als politisches Schlammcatchen zu verunglimpfen. Köstinger habe damit einen „Offenbarungseid eines mangelnden Demokratieverständnisses“ geboten.