Sticker mit der Aufschrift „I got my Covid-19 vaccine“
AP/Matt Slocum
CoV-Impfung

USA locken mit ungewöhnlichen Mitteln

Die Chance auf einen Millionengewinn, Wertpapiere, Eintrittskarten, Hotdogs, Freibier und sogar Joints: Damit sollen Menschen in den USA dazu bewegt werden, sich möglichst bald gegen Covid-19 impfen zu lassen. Denn die Zahl der Impfwilligen sinkt.

Seit Beginn der Coronavirus-Impfkampagne in den USA Mitte Dezember wurden bereits rund 250 Millionen Spritzen verabreicht. Knapp 59 Prozent aller Erwachsenen bekamen bisher mindestens eine Impfdosis, 44 Prozent sind bereits vollständig geimpft, wie Daten der Gesundheitsbehörde CDC zeigten. In der Gruppe der über 65-Jährigen sind 71 Prozent der Menschen abschließend geimpft.

US-Präsident Joe Biden setzte sich als Ziel, dass bis Anfang Juli rund 70 Prozent aller Erwachsenen im Land mindestens die erste Impfung erhalten haben sollten. Zudem sollen bis zum Nationalfeiertag am 4. Juli 160 Millionen Menschen bereits vollständig geimpft sein. Derzeit sind laut CDC rund 117 Millionen der rund 330 Millionen Menschen bereits abschließend geimpft.

Studierende der Kent University werden gegen das Coronavirus geimpft
AP/Phil Long
Geimpften Studierenden winkt ein Stipendium

Doch der Erfolg der Impfkampagne ist bedroht, denn der Run auf die Mittel lässt nach, das Angebot überstieg zuletzt die Nachfrage. Viele, die noch nicht geimpft wurden, zögern weiterhin. Landesweit bieten Bundesstaaten oder Städte den Bürgerinnen und Bürgern daher verschiedene Anreize für eine Impfung.

Chance auf Millionengewinn

Ohio belohnt Impfwillige mit der Chance auf einen Millionengewinn: Gouverneur Mike DeWine teilte am Mittwoch (Ortszeit) auf Twitter mit, dass unter allen Bürgern mit einer Impfung wöchentlich eine Million Dollar (rund 820.000 Euro) verlost werden. An der Lotterie, die insgesamt fünf Wochen dauern soll, können sich Menschen ab 18 Jahren beteiligen, die mindestens ihre erste Dosis eines Vakzins gegen das Coronavirus erhalten haben.

„Ich weiß, dass einige sagen werden: ‚DeWine, du bist verrückt! Diese Millionen-Dollar-Idee von dir ist eine Geldverschwendung‘“, sagte der Gouverneur. Die eigentliche Verschwendung an diesem Punkt der Pandemie, wo Impfstoffe für jeden zugänglich seien, sei jedoch der Verlust eines weiteren Menschenlebens durch eine Coronavirus-Infektion.

Zulassung für Minderjährige

Ohio hat auch für Menschen unter 18 Jahren eine Lotterie ins Leben gerufen, als Preis winkt ein Vierjahresstipendium für eine staatliche Universität. In den USA, wo eine Hochschulbildung unverhältnismäßig teuer ist, gilt das als sehr attraktiver Preis.

Am Montag hat die Arzneimittelbehörde FDA die Zulassung des Vakzins von Biontech und Pfizer auch für Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren freigegeben. Biden rief am Mittwoch zur Impfung dieser Altersgruppe auf:

„Ich ermutige die Eltern sicherzustellen, dass sie die Impfung bekommen.“ Auch diese Altersgruppe könne sich mit dem Coronavirus infizieren und Freunde, Geschwister, Eltern und Großeltern anstecken. Bisher konnten sich in den USA Jugendliche erst im Alter ab 16 Jahren impfen lassen.

Gratistaxi, Donuts und Hotdogs

Die Taxikonkurrenten Uber und Lyft werden demnächst kostenlose Fahrten zu Coronavirus-Impfterminen anbieten. Das Angebot werde in den kommenden zwei Wochen beginnen und bis 4. Juli gelten, um der Impfkampagne neuen Schwung zu geben, teilte das Weiße Haus am Dienstag mit. „Wir müssen es für alle Amerikaner einfacher und bequemer machen, sich impfen zu lassen“, sagte Biden.

Unter anderem auf Kaffeebechern und einer Anzeigetafel auf dem New Yorker Times Square will die Schnellrestaurantkette McDonald’s in den USA künftig für Coronavirus-Impfungen werben. Damit werde sich das Unternehmen an der vom US-Gesundheitsministerium initiierten Kampagne „We can do this“ (auf Deutsch etwa: Wir bekommen das hin) beteiligen, teilte McDonald’s mit.

Mit einem PR-Gag sorgte die Donut-Kette Krispy Kreme für Aufsehen: Jeder Geimpfte bekommt mit dem Vorzeigen der eigenen Impfkarte jeden Tag einen Donut kostenlos. Andere Firmen geben sich weniger vollmundig, trotzdem kann man – zumindest in New York – auch einen Kuchen oder einen Hotdog nach dem Impfen abstauben.

COVID-19 vaccination cubicles are set up under the 94-foot-long, 21,000-pound model of a blue whale, in the Milstein Family Hall of Ocean Life, at the American Museum of Natural History, in New York, Friday, April 23, 2021. Appointments are no longer necessary at any of the coronavirus vaccination sites run by New York City. New York City Mayor Bill de Blasio announced Friday that anyone eligible for the vaccine could walk up to any of the city’s mass vaccination sites and get a shot. The change comes as supplies of the vaccine have increased. (AP Photo/Richard Drew)
AP/Richard Drew
Ungewöhnliche Impfstraße unter einer fast 30 Meter langen Blauwalattrappe

Impfung unter einem Blauwal

Auch das berühmte Naturkundemuseum in New York lockt Impfmuffel: Direkt unter der berühmten Nachbildung eines Blauwals können Leute ihre Spritze bekommen – und danach das Museum kostenlos besuchen. Denn das renommierte Museum am Central Park ist geöffnet – mit Abstands- und Hygieneregeln sowie eingeschränkter Kapazität. Die fast 30 Meter lange und rund 9,5 Tonnen schwere Blauwalnachbildung gehört zu den beliebtesten Ausstellungsstücken.

100-Dollar-Wertpapier als Motivation

Den zaghaften jüngeren Amerikanerinnen und Amerikanern will der Bundesstaat West Virginia mit einer finanziellen Belohnung auf die Sprünge helfen. Die Behörden dort bieten 16- bis 35-Jährigen für eine Coronavirus-Impfung ein Wertpapier in der Höhe von 100 US-Dollar (knapp 83 Euro) an.

Es gehe darum, diese Bevölkerungsgruppe „wirklich zu motivieren“, um die Pandemie gemeinsam zu besiegen, sagte Gouverneur Jim Justice. Auch bereits geimpfte Jüngere – insgesamt rund 380.000 Menschen – hätten Anspruch auf die Anleihe. Finanziert wird die Belohnung mit Mitteln aus dem jüngst vom US-Kongress verabschiedeten Konjunkturprogramm.

Auch Detroit hat sich eine ungewöhnliche Impfkampagne ausgedacht: Die Stadt im US-Bundesstaat Michigan händigt jedem, der Menschen zu ihren Impfterminen fährt, Geschenkkarten im Wert von 50 US-Dollar aus. In Maryland erhalten impfwillige Beamte 100 US-Dollar als Einmalzahlung. Und im Bundesstaat Connecticut gibt es für eine Impfung kostenlose Getränkegutscheine, die in teilnehmenden Restaurants eingelöst werden können.

Die neue Maskenfreiheit

Als indirekter Anreiz kann auch eine neue Leitlinie von CDC verstanden werden: Die Gesundheitsbehörde nahm die Aufforderung, in der Öffentlichkeit Gesichtsmaske zu tragen, jüngst zurück – allerdings nur für vollständig Geimpfte. Der neuen Maskenfreiheit könnten noch viele weitere Erleichterungen für jene folgen, die geimpft sind. Zum Beispiel bei Besuchen öffentlicher Einrichtungen oder Reisen. So sollen immunisierte Amerikanerinnen und Amerikaner im Sommer nach Europa reisen dürfen.

Ein Bier oder ein Joint

Der US-Bundesstaat New Jersey bietet den Bürgerinnen und Bürgern „a shot and a beer“ („eine Spritze und ein Bier“) an. Jeder, der sich freiwillig im Mai gegen Covid-19 impfen lässt, erhält nach Vorlage seines Impfpasses ein Freibier in den teilnehmenden Brauereien. Diese Aktion gilt für alle Menschen ab 21 Jahren.

Menschen bekommen nach Vorweis eines Impfnachweises einen Joint
AP/Mark Lennihan
Nach Vorweis eines Impfnachweises gibt es einen Joint

Auch Marihuana-Aktivisten sind auf den Anreize-Zug aufgesprungen – und nehmen die Kiffer ins Visier. Unter anderem in New York und Washington gab eine Lobby-Gruppe Joints für Geimpfte aus und erhielt damit ebenfalls einige Aufmerksamkeit. Bei der Aktion ging es wie bei so vielen anderen auch nicht nur darum, für die Impfung zu werben, sondern eben auch für sich selbst und die Legalisierung von Cannabis in weiteren Bundesstaaten.

Die Zahl der neuen Coronavirus-Toten sank unterdessen in den USA. Zuletzt starben binnen 24 Stunden rund 800 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus, hieß es am Mittwoch. Am Vortag waren es 2.114 gewesen. Die Zahl der Neuinfektionen stieg hingegen auf mindestens 39.061 von 32.570. Insgesamt sind damit in den USA mindestens 32,89 Millionen Menschen positiv auf das Coronavirus getestet worden, 585.459 sind in Zusammenhang damit gestorben.