Smartphone mit Whatsapp
ORF.at/Viviane Koth
Frist endgültig vorbei

Neue WhatsApp-Regeln nun unumgänglich

Die neuen Datenschutzregeln von WhatsApp haben für einen Aufschrei unter Userinnen und Usern des Messenger-Diensts gesorgt, die Einführung ist deshalb von Februar auf Mai verschoben worden. Jetzt sind die neuen Richtlinien in Kraft. Wer bisher nicht zugestimmt hat, muss in den kommenden Wochen mit Einschränkungen rechnen – die bis zur kompletten Einstellung des Nachrichtenempfangs reichen.

In den vergangenen Wochen kam die Erinnerung von WhatsApp, dass man den neuen Regeln zustimmen solle, unregelmäßig beim Öffnen der App. Bisher konnte man das Fenster ohne Folgen wegklicken – und auch am Stichtag kann man WhatsApp weiter verwenden, ohne den neuen Datenschutzbestimmungen zuzustimmen, heißt es auf den Seiten des Facebook-Dienstes.

Doch das wird sich in den kommenden Wochen ändern: All jene, die den neuen Regeln dann immer noch nicht zugestimmt haben, bekommen eine „permanente Erinnerung“ auf ihre Handybildschirme. Und auch wenn es direkt am Samstag damit noch zu keinen Einschränkungen kommt – spätestens mit der dauerhaften Erinnerung wird auch die Funktionalität des Messengers eingeschränkt.

WhatsApp schränkt Konten erst nach und nach ein

Konkret bedeutet das, dass man ab diesem Zeitpunkt nicht mehr auf die Chatliste zugreifen kann. Eingehende Sprach- und Videoanrufe können aber weiterhin entgegengenommen werden. Wer Benachrichtigungen für Textnachrichten auf dem Smartphone aktiviert hat, kann auch weiterhin Nachrichten lesen und beantworten, heißt es von WhatsApp.

Chat am Smartphone
Getty Images/Tom Werner
Wer den neuen Regeln nicht zustimmt, muss damit rechnen, in Zukunft keine WhatsApp-Nachrichten mehr zu erhalten

Doch auch dieser Zustand ist nicht von Dauer: „Nach ein paar Wochen“ in diesem Benachrichtigungsmodus werden laut WhatsApp dann auch keine Nachrichten und Anrufe mehr an das Handy weitergeleitet. Dann wird die Zustimmung zu den neuen Regeln verpflichtend, um den Messenger weiter verwenden zu können. Nach 120 Tagen Inaktivität behält sich WhatsApp vor, den Account endgültig zu löschen – das ist allerdings allgemein bei WhatsApp vorgesehen und hat nichts mit den neuen Regeln zu tun.

Zurückhaltendes Vorgehen nach Aufruhr im Februar

Dass Facebook, anders als ursprünglich angekündigt, nicht sofort zum Holzhammer greift und Konten von Userinnen und Usern löscht, ist für das soziale Netzwerk eher ungewöhnlich. In der Vergangenheit wurden Änderungen schnell verpflichtend – ohne Alternative. Und auch diesmal hätte es eigentlich schnell gehen sollen. Anfang Jänner angekündigt, hätten die neuen Regeln bereits am 8. Februar in Kraft treten sollen.

Doch die Ankündigung sorgte für scharfe Kritik von Datenschützern und Anwendern – gefolgt von einem enormen Zustrom für Konkurrenzdienste wie Signal und Telegram. Bei Facebook zog man wohl auch deshalb die Notbremse und verschob die Deadline um drei Monate. Vor allem bemühte sich der Konzern, Bedenken wegen des Datenschutzes auszuräumen.

Facebook: Auswirkungen nur für Business-Kontakte

Vor allem ein Argument fällt konstant an erster Stelle: „Wir ändern nichts an der Privatsphäre deiner persönlichen Chats“, wie es auch in den Warnhinweisen direkt in der App heißt. Allerdings wurde das weder von Datenschützern noch in der medialen Debatte behauptet – WhatsApp-Nachrichten sind bereits seit geraumer Zeit verschlüsselt und können damit von Facebook ohnehin nicht gelesen werden.

Facbook-Chef Mark Zuckerberg
Reuters/Stephen Lam
Facebook-Chef Mark Zuckerberg will mit WhatsApp Unternehmen locken

Stattdessen geht es um den Datenaustausch von WhatsApp mit dem Mutterkonzern Facebook: Laut dem Dienst geht es hier ausschließlich um die Kommunikation mit Firmen, die Facebook zur Verwaltung ihres Kontos verwenden – und mit denen dann Daten geteilt werden. Die Kommunikation auf diesem Weg ist optional, für persönliche Nachrichten ändert sich nichts. Ohnehin regelt die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die Weitergabe von Daten strikt – zumindest für Bürgerinnen und Bürger innerhalb der EU ändert sich damit wenig.

Datenschutzbeauftragter in Deutschland wehrt sich

Gegenüber der Nachrichtenseite Netzpolitik.org sagte auch Datenschützer Jan Schötteldreier: „Wirklich viel ändert sich durch die neuen AGB nicht“ – für Menschen in der EU. Neu sei etwa, dass man der Weitergabe von Daten an andere Facebook-Unternehmen nicht mehr widersprechen könne, schreibt Netzpolitik.

Das hat auch den Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar auf den Plan gerufen: In einer Anordnung vom Dienstag untersagt er Facebook, Daten von WhatsApp für eigene Zwecke zu verwenden. Er wirft Facebook vor, keine rechtliche Grundlage für die Verarbeitung der WhatsApp-Daten zu haben.

Außerdem seien die Bestimmungen in der Datenschutzerklärung „verstreut, (…) unklar und in ihrer europäischen und internationalen Version schwer auseinanderzuhalten“. Tatsächlich haben schon im Jänner die zwei verschiedenen Datenschutzbestimmungen, die einmal innerhalb, einmal außerhalb der EU gelten, zur Verwirrung beigetragen – und damit wohl die Aufregung unfreiwillig weiter angefacht. Von WhatsApp heißt es, dass die Anordnung Caspars „auf einem grundlegenden Missverständnis von Ziel und Folgen des Updates“ basiere.

WhatsApp soll wohl längerfristig profitabel werden

Wenn sich in der Praxis nicht viel ändert, bleibt die Frage, wieso Facebook überhaupt so viel Wirbel in Kauf genommen hat – klar dürfte schon im Voraus gewesen sein, dass neue Datenschutzregeln zumindest bei Datenschützern für Ärger sorgen werden. Doch dahinter dürfte wohl eine langfristige Strategie stecken, WhatsApp profitabel zu machen.

Messenger-Apps
APA/AFP/Damien Meyer
Im Zuge der Debatte sind auch Konkurrenzdienste wie Telegram und Signal ins Gespräch gekommen

Denn bisher trägt der Dienst, den der Konzern von Mark Zuckerberg im Jahr 2014 gekauft hatte, wenig zum Gewinn des sozialen Netzwerks bei. Pläne für Werbung in WhatsApp konnten sich bisher nicht durchsetzen – stattdessen setzt man jetzt offenbar auf die Kommunikation mit Firmen, um Geld zu verdienen. Die nunmehrige Regeländerung ist wohl ein wesentlicher Schritt auf diesem Weg.

Kampf der Messenger neu entfacht

Die aufgeheizte Diskussion über WhatsApp führte in den vergangenen Monaten aber auch dazu, dass es wieder Bewegung bei den Messenger-Apps gibt. Die APA berichtet, dass in Österreich laut Marktforschern acht von zehn Internetnutzerinnen und -nutzern zwischen 16 und 64 Jahren WhatsApp verwenden.

Doch das Interesse an alternativen Diensten ist definitiv gestiegen, das haben schon kurz nach der großen Aufregung im Jänner die App-Store-Statistiken von Signal und Telegram gezeigt. Unklar ist, ob der Effekt anhält – und ob Userinnen und User wirklich gewechselt haben, oder einfach nur einen zusätzlichen Messenger verwenden. Für Facebook könnte sich damit der riskante Zug letztlich rentiert haben – doch auch die Konkurrenz ist mehr im Gespräch als je zuvor.