Fischer kritisiert Israel-Fahnen auf Regierungsgebäuden

Altbundespräsident Heinz Fischer hat das Hissen der israelischen Fahne auf dem Bundeskanzleramt und Außenministerium kritisiert.

„Besser als das Hissen der israelischen Flagge wäre es gewesen, in Europa Verbündete für eine starke europäische Friedensinitiative zu suchen und an politischen, ökonomischen und moralischen Grundlagen für Frieden zu arbeiten“, schrieb der frühere SPÖ-Politiker in einem Gastkommentar der „Wiener Zeitung“ (Dienstag-Ausgabe).

Österreichs „Einseitigkeit schmerzlich“

Es sei bekannt, dass Premier Benjamin Netanjahu „Innenpolitik durch Außenpolitik und Außenpolitik durch Innenpolitik betreibt. Daher empfinde ich es als schmerzlich, dass gerade das neutrale Österreich in diesem tragischen Konflikt jetzt Einseitigkeit demonstriert“, sagte Fischer.

Damit drohe Österreich seine Neutralität und „seine (ohnehin nur noch schwache) Rolle als fairer Gesprächspartner für beide Seiten“ aufzugeben.

Aversion gegen Antisemitismus

Seine Aversion gegen jede Art von Antisemitismus sei ihm buchstäblich in die Wiege gelegt worden, so Fischer weiter, unter Verweis auf seinen jüdischen Großvater. Beim Besuch eines Kibbuz habe er Israel zu schätzen gelernt.

Durch den früheren Kanzler Bruno Kreisky (SPÖ) „lernte ich aber auch eine zusätzliche Facette der komplexen Situation im Nahen Osten kennen, nämlich die schwierige und fast aussichtslose Situation vieler Palästinenser in diesem Teil der Welt“.

Israels Politik „entfernt sich von echten Bemühungen“

Er habe mehrere Male das Westjordanland und palästinensische Flüchtlingslager im Libanon besucht. Die bestehende Situation sei für die Betroffenen zutiefst entwürdigend, unhaltbar, aber zugleich nahezu hoffnungslos.

„Und die israelische Politik entfernt sich immer mehr von echten Bemühungen um eine für beide Seiten erträgliche Lösung auf der Basis internationalen Rechtes“, so Fischer. Die israelische Siedlungstätigkeit auf palästinensischem Territorium sei „rechtswidrig und darauf ausgerichtet, die Basis für eine Zweistaatenlösung zu zerstören“.

„Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“

Es sei, so Fischer, „nicht zu leugnen, dass ein Teil der Palästinenser in dieser Situation auch zu Gewalt und Terror greift, um der Übermacht entgegenzutreten, und Israel hat das Recht, sich gegen Angriffe aus dem Gazastreifen zu verteidigen und seine Bevölkerung zu schützen. Aber das muss – da es um Menschenleben geht – nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschehen.“

Fischer schloss seinen Beitrag damit, dass vielleicht Europa „gerade jetzt eine neue Chance für konstruktive Schritte in Richtung beider Konfliktparteien“ habe, nachdem die USA mit Joe Biden einen neuen Präsidenten gewählt haben.