Biden drängt Netanjahu zu sofortiger „Deeskalation“

US-Präsident Joe Biden hat den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu im Konflikt mit den Palästinensern zu einer sofortigen Deeskalation gedrängt. Das Weiße Haus erklärte heute, Biden habe Netanjahu in einem Telefonat übermittelt, „dass er heute eine bedeutsame Deeskalation auf dem Weg zu einer Waffenruhe erwartet“. Damit verschärft Biden den Ton gegenüber Israel.

Es war das vierte Telefonat zwischen Biden und Netanjahu innerhalb weniger Tage. Zuletzt hatte Biden in einem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten am Montag seine Unterstützung für eine Waffenruhe zum Ausdruck gebracht.

Bidens Regierung ist in dem Konflikt zunehmend unter Druck geraten. Vielerorts wurden zuletzt Forderungen laut, dass sich Bidens Regierung stärker um eine Beilegung des Konflikts bemühen sollte. Auch innenpolitisch geriet der Demokrat Biden bei dem Thema unter Druck, zum Teil vonseiten der Republikaner, zum Teil aber auch aus den eigenen Reihen.

Waffenruhebericht dementiert

Israel und die Hamas dementierten indes einen Bericht über eine bevorstehende Waffenruhe im Gaza-Konflikt. Issat al-Rischak, hochrangiger Funktionär der im Gazastreifen herrschenden Hamas, teilte mit, es sei bisher keine Einigung erzielt oder ein Zeitpunkt für eine Waffenruhe festgelegt worden. Laut Medienberichten wies auch Israel den Bericht zurück.

Das israelische Fernsehen hatte berichtet, im Rahmen internationaler Vermittlungsbemühungen könnten morgen von 6.00 Uhr Ortszeit (5.00 MESZ) die Waffen schweigen. Sicherheitskreise rechneten jedoch binnen weniger Tage mit einem Ende der Kampfhandlungen. Besonders von US-Seite werde wachsender Druck auf Israel ausgeübt, den Einsatz zu beenden.

Netanjahu: Ziel des Einsatzes ist möglichst lange Ruheperiode

Ziel der israelischen Angriffe im Gazastreifen ist nach Worten von Ministerpräsident Netanjahu eine möglichst lange Zeit der Ruhe danach. Man schließe aber auch eine Eroberung des von der islamistischen Hamas beherrschten Küstenstreifens nicht vollständig aus, sagte Netanjahu vor rund 70 ausländischen Diplomaten im Militärhauptquartier in Tel Aviv.

Medien: Hamas-Militärchef entkam gezielter Tötung

Zuvor hatten Medien berichtet, dass ein einflussreicher Militärchef der im Gazastreifen herrschenden Hamas während der jüngsten Eskalation zweimal gezielten Tötungsversuchen Israels entkommen konnte.

Israelische Medien berichteten heute, die Luftwaffe habe versucht, Mohammed Daif, Chef des militärischen Hamas-Arms Al-Kassam-Brigaden bei Bombardements gezielt zu treffen. Er sei jedoch bei zwei Gelegenheiten in letzter Minute geflohen.

Daif gilt schon seit Jahren als Nummer eins der Topterroristen auf Israels Abschussliste. Ihm wird die Beteiligung an zahlreichen blutigen Anschlägen auf Israelis vorgeworfen. Laut Medienberichten hat Daif bei Angriffen Israels in der Vergangenheit bereits ein Auge, einen Arm und beide Beine verloren.

Mehr als 200 Tote im Gazastreifen

Seit neun Tagen beschießen militante Palästinenser Israel mit Raketen. Die israelische Armee reagiert darauf mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen, vor allem durch die Luftstreitkräfte.

Laut dem palästinensischen Gesundheitsministerium kamen binnen gut einer Woche 217 Menschen im Gazastreifen ums Leben, mehr als ein Viertel davon Minderjährige. Nach Angaben der israelischen Armee waren mindestens 160 der Getöteten militante Kämpfer.

Das israelische Militär versucht nach eigenen Aussagen, zivile Ziele zu vermeiden, die Hamas und andere Militante würden jedoch Kämpfer und Waffen in Wohnhäusern oder in deren Nähe lagern. In Israel starben bisher zwölf Menschen durch Raketenfeuer aus dem palästinensischen Küstengebiet.