Der Musikproduzent, dessen Namen Lady Gaga nach eigenen Angaben niemals nennen will, habe damit gedroht, ihre Musik zu vernichten, wenn sie nicht ihr Gewand ausziehen würde. Ihr Vergewaltiger habe sie dann „schwanger an einer Ecke abgesetzt“, so Lady Gaga, die mit bürgerlichem Namen Stefani Germanotta heißt, „weil mir schlecht war und ich mich übergeben musste.“
Sie habe den Übergriff lange verdrängt, erst Jahre später habe sie „einen totalen psychotischen Zusammenbruch“ erlitten, erzählte die mehrfache Grammy-Gewinnerin in der ersten Folge der Apple-TV-Serie „The Me You Can’t See“ („Das Ich, das du nicht sehen kannst“) weiter. Infolge des Traumas habe sie sich dann in einem „extremen Zustand der Paranoia“ befunden. Lady Gaga brach in Tränen aus, als sie den Übergriff beschrieb, der in der Anfangszeit ihrer Karriere stattgefunden habe.
„Ich möchte dieser Person nie wieder begegnen“
„Ich war 19 Jahre alt, habe in der Branche gearbeitet, und ein Produzent hat zu mir gesagt: ‚Zieh dich aus!‘“, erinnerte sich die heute 35-Jährige. „Ich sagte Nein und ging, aber er sagte zu mir, er würde meine gesamte Musik vernichten. Er hörte nicht auf. Er hörte nicht auf, mich zu fragen. Ich erstarrte einfach und ich … Ich erinnere mich nicht einmal.“ Lady Gaga begründete in dem Interview weiters, warum sie ihren Angreifer nicht nennen will: „Ich verstehe die ‚#MeToo‘-Bewegung. Ich verstehe, dass einige Leute sich damit sehr wohl fühlen, aber ich nicht“, so die Künstlerin: „Ich möchte dieser Person nie wieder begegnen.“

Lady Gaga sprach bereits 2014 erstmals über ihre Vergewaltigung, ging aber nicht ins Detail. Jedoch thematisierte sie den sexuellen Übergriff in Songs wie „Swine“ („Schwein“) und „Til It Happens to You“ („Bis es dir passiert“). Die Stücke entstammen dem Soundtrack des Dokumentarfilms „Freiwild – Tatort Universität“ von Kirby Dick, für den Lady Gaga mehrere Lieder interpretiert hatte. In dem Film geht es um sexuelle Übergriffe in US-Colleges. 2016 wurde die Doku für einen Oscar nominiert. So heißt es auch zu Beginn des Musikvideos „Til It Happens to You“, dass die Szenen zwar emotional verstörend sein könnten, allerdings die tägliche Realität in den Colleges darstellten.
„Ich war monatelang in einem Studio eingesperrt“
Ihr Zusammenbruch habe sich geäußert, als sie Jahre nach dem Übergriff wegen akuter Schmerzen sowie Taubheitsgefühlen ins Krankenhaus eingeliefert und zu einem Psychiater geschickt worden sei, so die Künstlerin. „Ich konnte meinen eigenen Körper nicht spüren“, erinnerte sie sich. „Zuerst fühlte ich einen totalen Schmerz, dann fühlte ich mich taub und danach war ich wochenlang krank.“ „Ich hatte so viele MRTs und Scans, wo sie nichts gefunden haben. Aber dein Körper erinnert sich“, sagte die Künstlerin.
„Mir wurde klar, dass es derselbe Schmerz war, den ich fühlte, als die Person, die mich vergewaltigt hatte, mich schwanger an einer Ecke bei meinen Eltern absetzte“, führte Lady Gaga näher aus. „Ich wurde missbraucht und war monatelang in einem Studio eingesperrt.“ Die Phase des Schmerzes habe sich über Jahre gezogen. So habe sie etwa immer noch unter starken psychischen Problemen gelitten, als sie ihren Oscar für den Film „A Star Is Born“ entgegengenommen habe.
Stars sprechen über Höchstpersönliches
Die Sängerin fügte hinzu, das Trauma habe sie als Person verändert und werde immer ein Teil von ihr sein. Sie habe zweieinhalb Jahre gebraucht, um sich zu erholen, sagte sie, aber „einmal getriggert zu werden“ reiche aus, damit sie wieder in Gefühle von körperlichem und seelischem Schmerz abrutsche. Am Schluss des Interviews aber gab sich Lady Gaga hoffnungsvoll und sagte, sie habe nach jahrelanger Anstrengung „alle Wege gelernt, mich da herauszuziehen. Alles begann sich langsam zu verändern.“
Lady Gaga ist eines von vielen bekannten Gesichtern, die in „The Me You Can’t See“ vorkommen, darunter die Initiatoren Oprah Winfrey und Prinz Harry, die Schauspielerin Glenn Close, die olympische Boxerin Virginia Fuchs und der Starkoch Rashad Armstead.