Gezi-Protest in Istanbul neu aufgerollt

Knapp acht Jahre nach regierungskritischen Protesten in der Türkei rollt ein Gericht in Istanbul ein umstrittenes Verfahren zu den damaligen Ereignissen wieder auf. In dem neuen Prozess müssen sich seit gestern 16 Angeklagte verantworten, von denen einige in erster Instanz bereits freigesprochen wurden.

Darunter ist der seit mehr als dreieinhalb Jahren inhaftierte Kulturförderer Osman Kavala, der zudem der Spionage beschuldigt wird. Auch der in Deutschland lebende Journalist Can Dündar steht unter Anklage.

Kritiker werten den neuen Prozess als rein politisch motiviert. Kavala selbst nannte das Vorgehen der Justiz am ersten Prozesstag willkürlich und zog Vergleiche zur Zeit des Nationalsozialismus. Ein Antrag auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft wurde abgelehnt. Die Verhandlung soll nun am 6. August fortgesetzt werden.

Freigesprochen und erneut angeklagt

Im Jänner hatte ein Berufungsgericht beschlossen, dass das Verfahren neu aufgerollt wird. Sieben Angeklagte halten sich wie Dündar im Ausland auf. Ihr Verfahren war ursprünglich abgetrennt worden. Kavala und die restlichen Angeklagten wurden vergangenes Jahr freigesprochen.

Danach wurde er jedoch auf Basis neuer Anschuldigungen im Zusammenhang mit dem Putschversuch 2016 wieder inhaftiert, das Verfahren mit dem nun begonnenen zusammengelegt. Die Zusammenlegung der Verfahren wurde von Menschenrechtlern wie von Anwälten kritisiert. Die Vorwürfe hätten nichts miteinander zu tun, hieß es.

Am ersten Tag der Verhandlung sagten mehrere Angeklagte aus. Der Prozess stieß auf großes Interesse. Zahlreiche Medienvertreter und internationale Beobachter wurden teilweise aus Platzmangel abgewiesen. Kavala selbst war per Video aus dem Gefängnis zugeschaltet.