Flugzeug mit Oppositionellem zur Landung in Minsk gezwungen

Ein Linienflug von Griechenland nach Litauen ist heute in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter bisher nicht gänzlich geklärten Umständen zur Landung gezwungen worden. An Bord befand sich mit Roman Protassewitsch einer der prominentesten oppositionellen Blogger Weißrusslands, der nach der Landung festgenommen worden sein soll. Exilpolitiker Pawel Latuschko sprach von einem „Akt des internationalen Terrorismus“.

Ryanair-Maschine und Feuerwehrautos auf dem Flughafen Minsk (Weißrussland)
APA/AFP

Wenige Minuten bevor die Boeing 737 der irischen Fluggesellschaft Ryanair kurz vor 13.00 Uhr Ortszeit den weißrussischen Luftraum wieder verlassen und über Litauen mit dem Landeanflug auf Vilnius begonnen hätte, hatte sie überraschend abgedreht und war schließlich in Minsk gelandet.

Bericht: Lukaschenko erteilte wegen Bombenalarm Befehl

Es habe Informationen über eine Bombe an Bord gegeben und Präsident Alexander Lukaschenko habe deshalb den Befehl erteilt, den Flug umzuleiten und zu empfangen, berichtete der regimenahe weißrussische Telegramkanal „Pul Pervogo“ am Nachmittag.

An Bord des Flugzeugs befand sich mit Protassewitsch, dem ehemaligen Chefredakteur des führenden oppositionellen Telegramkanals „NEXTA“, einer der bekanntesten Blogger Weißrusslands. Protassewitsch, der zuletzt im Exil lebte, wurde laut Medienberichten nach der Landung festgenommen.

Tichanowskaja ortet „Geheimdienstoperation“

„Es ist absolut offensichtlich, dass dies eine Geheimdienstoperation zur Flugzeugentführung war, um den Aktivisten und Blogger Roman Protassewitsch zu verhaften“, kritisierte am Nachmittag die im Exil lebende weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. Ab dem heutigen Tag sei klar, dass sich niemand, der über Weißrussland fliegt, in Sicherheit wiegen könne, sagte sie.

Oppositionspolitiker Latuschko ergänzte, dass dem Blogger in seiner Heimat die Todesstrafe drohe. Er forderte eine sofortige internationale Aufklärung des Zwischenfalls und eine Untersuchung, ob der internationale zivile Flugverkehr über Weißrussland einstweilen eingestellt werden soll.

Offenbar auch Österreicher an Bord

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verlangte die sofortige Freigabe des Passagierflugzeugs mit allen Passagieren. Litauen forderte zuvor eine umgehende Reaktion von EU und NATO. Auch Österreich, Deutschland und Polen kritisierten die Umleitung. Offenbar befand sich auch ein Österreicher an Bord der Maschine, wie der litauische Außenminister am Sonntag auf Twitter mitteilte. Das Außenministerium in Wien bestätigte gegenüber der APA, dass die österreichische Botschafterin in Minsk auf dem Weg zum Flughafen sei, um sich ein Bild der Lage zu machen.