Eine abgestürzte Gondel der Seilbahnstrecke Stresa-Mottarone
APA/AFP/Vigili del Fuoco
14 Tote in Piemont

Viele Fragen nach Gondelabsturz

Bei einem Seilbahnabsturz am Lago Maggiore im Norden des Landes sind am Pfingstsonntag 14 Menschen ums Leben gekommen. Ein neunjähriger Bub erlag am Abend im Spital seinen schweren Verletzungen, ein fünfjähriger Bub ist schwer verletzt. Die Absturzursache ist noch nicht geklärt, es gibt aber Hinweise auf einen Riss des Tragseils. Dabei war die Seilbahn vor wenigen Jahren generalüberholt worden.

Die Seilbahnkabine mit ihren 15 Fahrgästen in der Region Piemont war zu Mittag auf der Strecke zum Berg Mottarone abgestürzt. Das Unglück ereignete sich nach Angaben des Verkehrsministeriums gegen 12.30 Uhr rund hundert Meter vor der Bergstation der Seilbahn.

Laut italienischen Medienberichten war ein Drahtseil der Anlage an einem der höchsten Punkte, rund 100 Meter vor dem letzten Pylon, gerissen. Stresas Bürgermeisterin Marcella Severino sagte dem Sender Rai, Wanderer in der Nähe hätten vor dem Absturz ein lautes Zischen gehört, was auf einen Riss des Seiles hindeuten könne.

Eine abgestürzte Gondel der Seilbahnstrecke Stresa-Mottarone
APA/AFP/Vigili del Fuoco
Die Rettungsarbeiten gestalteten sich schwierig

Eine Überlastung der Kabine scheint ausgeschlossen, da sie für etwa 40 Passagiere zugelassen ist. Minister Enrico Giovannini kündigte die Einsetzung einer Untersuchungskommission an. Fotos der Feuerwehr und des Alpinen Rettungsdienstes zeigten die in einen Wald gestürzte, zertrümmerte Kabine. Das steile Gelände erschwerte die Bergungsaktion erheblich.

„Von hohem Punkt abgestürzt“

„Die Seilbahnkabine stürzte von einem relativ hohen Punkt und blieb am Fuße eines großen Waldes auf dem Boden liegen. Jetzt liegt sie weitgehend zerstört auf dem Boden“, sagte Walter Milan von der Bergwacht gegenüber dem Sender RaiNews24. Die Kabine sei komplett verformt, der Sturz sei „gravierend“ gewesen, so Milan. Alle Straßen, die zum Mottarone auf einer Höhe von circa 1.420 Metern führen, wurden geschlossen, um die Bergungsarbeiten zu erleichtern.

Ein Bub im Alter von neun Jahren erlag am Abend im Krankenhaus von Turin den schweren Verletzungen, die er sich beim Absturz der Gondel zugezogen hatte. Ein weiterer Bub im Alter von fünf Jahren, der ebenfalls schwer verletzt im Krankenhaus von Turin liegt, kämpfe um sein Leben, berichteten die Ärzte. Er wurde mit schweren Frakturen ins Spital eingeliefert.

Eine Familie israelischer Herkunft, die zum Teil in der lombardischen Stadt Pavia lebte, und ein iranischer Staatsbürger zählen zu den Todesopfern des Seilbahnunglücks. Zu den Toten zählt auch ein zweijähriger Bub, teilten die Rettungseinheiten mit.

Bei Touristen beliebt

Die bei Touristen beliebte Seilbahn verbindet in 20 Minuten den am Lago Maggiore gelegenen Urlaubsort Stresa mit dem fast 1.500 Meter hohen Berg, der einen spektakulären Blick auf den Lago Maggiore und die Alpen bietet. Wegen des schönen Wetters waren zahlreiche Ausflügler mit der Seilbahn unterwegs.

Die Seilbahn ist in zwei Abschnitte unterteilt, der zweite beginnt auf 803 Meter Höhe, wo sich ein berühmter botanischer Garten befindet, und erreicht den Höhepunkt unmittelbar vor dem Gipfel des Mottarone, wo sich auch der Unfall ereignete.

Vor wenigen Jahren generalsaniert

Die Seilbahn wurde laut „La Stampa“ zwischen 2014 und 2016 komplett überholt. Die Anlage wurde im Jahr 2014 geschlossen und am 13. August 2016 wiedereröffnet. Die Arbeiten kosteten vier Millionen Euro, berichtete das Blatt. Die Wartung umfasste eine Reihe von Eingriffen, darunter den Austausch der Motoren, der elektrischen Schalttafeln, der elektronischen Geräte und der Transformatoren. Die Seilbahn selbst wurde am 1. August 1970 eingeweiht und in Betrieb genommen.

Eine abgestürzte Gondel der Seilbahnstrecke Stresa-Mottarone
AP/Italian Vigili del Fuoco Firefighters
Die Seilbahn stürzte in Gipfelnähe ab

Draghi: „Tiefer Schmerz“

Das schwere Unglück sorgte landesweit für Entsetzen. Ministerpräsident Mario Draghi drückte in einer Erklärung seinen „tiefen Schmerz“ über den Verlust der vielen Menschenleben aus. Der Regionalpräsident des Piemont, Alberto Cirio, sagte, die Tragödie raube allen den Atem.

Cirios Kollege aus der benachbarten Region Ligurien, Giovanni Toti, sprach von einer absurden Tragödie, die sich genau zu dem Zeitpunkt ereigne, an dem Italien nach monatelangem Lockdown die Aufhebung der weitreichenden Beschränkungen genieße. Er sprach von einem „Sonntag der Wiedereröffnungen, der voller Hoffnungen sein sollte“.

14 Tote bei Seilbahnabsturz in Italien

Nach dem schweren Seilbahnunglück am Lago Maggiore in Norditalien ist die Zahl der Toten auf 14 gestiegen. Ein Neunjähriger ist seinen schweren Verletzungen erlegen. Ein weiterer Bub befindet sich in kritischem Zustand.

EU-Ratspräsident Charles Michel sprach in einer Twitter-Botschaft auf Italienisch den „Familien und Freunden, die bei diesem tragischen Unfall einen geliebten Menschen verloren haben“, sein tiefes Beileid aus.

In Europa gab es immer wieder schwere Unglücke mit Seilbahnen. Zuletzt waren im September 2005 neun deutsche Skifahrer in Sölden ums Leben gekommen, als ein Lastenhubschrauber einen Betonklotz verloren hatte, der auf eine Seilbahn stürzte.