ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker
Parlamentsdirektion/Johannes Zinner
Verdacht der verdeckten Spende

ÖVP-Justizsprecherin im Visier der WKStA

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat den Nationalrat um die Aufhebung der Immunität der ÖVP-Abgeordneten Michaela Steinacker ersucht. Gegen sie und andere Personen liege ein Anfangsverdacht der Untreue und Vorteilsannahme vor, heißt es in dem Ersuchen der Behörde. Die ÖVP weist die Vorwürfe zurück.

Die angestrebten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft drehen sich um den Zeitraum 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2017. Steinacker war damals bereits Nationalratsabgeordnete und gleichzeitig bei der Raiffeisen evolution project development GmbH (jetzt STRABAG Real Estate GmbH) angestellt. Sie habe ihren Dienstvertrag „im Wissen um die tatsächlichen Umstände“ unterfertigt und daraufhin während der gesamten Dauer ihres Dienstverhältnisses ihr Gehalt von der Raiffeisen evolution project development GmbH bezogen, tatsächlich jedoch „beinahe ausschließlich“ für die ÖVP gearbeitet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen die damals tätigen Geschäftsführer des Unternehmens. Sie hätten Steinacker angestellt und „in einem nicht dem tatsächlichen Arbeitsumfang entsprechenden Umfang entlohnt“ und damit „ihre Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht“. Sie hätten dadurch „das von ihnen vertretene Unternehmen in einem noch konkret festzustellenden, 300.000 Euro jedenfalls übersteigenden Ausmaß am Vermögen geschädigt“, so das Auslieferungsbegehren.

Whistleblowerin warf „verdeckte Parteispende“ vor

Ausgelöst haben die Tätigkeit der WKStA Hinweise einer Whistleblowerin. Diese hatte behauptet, Steinackers Tätigkeit habe als „verdeckte Parteispende“ des Raiffeisen-Konzerns an die Österreichische Volkspartei gedient. Die Abgeordnete soll laut der Hinweisgeberin zusätzlich eine persönliche Sekretärin, eigene Büroräumlichkeiten und ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt bekommen haben.

Das Gebäude der WKSTA
ORF.at/Christian Öser
Die WKStA möchte Ermittlungen gegen Steinacker aufnehmen

Die dafür anfallenden Kosten sollen von den Geschäftsführern im Rechnungswesen versteckt worden sein, obwohl Steinacker „tatsächlich ausschließlich“ für die ÖVP und nicht das Unternehmen gearbeitet habe. Die „detaillierten Kenntnisse der Hinweisgeberin, deren schlüssige Darstellung der konkreten Umstände und Vorgänge“ sowie übermittelte Unterlagen ergaben für die Staatsanwaltschaft einen „konkreten Anfangsverdacht“. Um diesem weiter nachgehen zu können – und tatsächlich mit den Ermittlungen zu beginnen –, benötigt die WKStA allerdings die Aufhebung der Immunität Steinackers durch den Nationalrat.

ÖVP sieht „politisch motiviertes“ Vorgehen

„Der Auslieferungsbegehren gegen die Abgeordnete Michaela Steinacker entbehrt jeder Grundlage und ist deshalb auch zurückzuweisen“, heiß es bereits vom ÖVP-Fraktionsvorsitzende im Immunitätsausschuss, Fritz Ofenauer. Steinacker habe ihre Pflichten aus ihrem Dienstvertrag „stets ordnungsgemäß und mit ausdrücklicher Zustimmung des Unternehmens“ erfüllt. Es handle sich um ein „offensichtlich rein politisch motiviertes Auslieferungsbegehren“.

Das ließ der Koalitionspartner nicht unkommentiert stehen: „Wieder einmal kommt als Reaktion auf potenzielle Ermittlungen gegen eine ÖVP-Politikerin reflexartig die Unterstellung, die Justiz arbeite politisch motiviert. Das muss endlich aufhören“, forderte die grüne Justizsprecherin Agnes Sirkka Prammer in einer Aussendung. Es stehe jedem, gegen den ein Verdacht erhoben wird, frei, sich dazu so zu äußern, wie er oder sie es für richtig erachte. Und selbstverständlich gelte auch für Politiker die Unschuldsvermutung. Aber: „Angriffe, welche die Unabhängigkeit der Justiz in Zweifel ziehen, sind absolut unangebracht und gerade von Politiker*innen zu unterlassen“, so Sirkka Prammer.

Auch SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim konterte Ofenauer. Der Immunitätsausschuss – dessen Vorsitzende sie ist – habe sich nur mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die angelasteten Verfehlungen der WKStA im Zusammenhang mit der Ausübung des Mandats der Abgeordneten Steinacker stehen oder nicht. Ob oder gegen wen die unabhängige Justiz ermittle, sei „alleinige Entscheidung derselben“.

Der FPÖ-Fraktionsvorsitzende im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, sah in den Vorwürfen gegen Steinacker einen möglichen Hinweis auf ein illegales ÖVP-Finanzierungsmodell. Zur weiteren Klärung sei es nötig, dass der Immunitätsausschuss des Nationalrats möglichst schnell zusammentrete, meinte er in einer Aussendung.

Seit 2013 in der Politik

In der Vergangenheit war bereits einmal gegen Steinacker ermittelt worden. Die Ermittlungen rund um ein Immobiliengeschäft während ihrer Zeit als Managerin bei der ÖBB Immobilien-Management GmbH wurden allerdings 2014 eingestellt. Ein Jahr zuvor war Steinacker als Listenzweite hinter ÖVP-Chef Michael Spindelegger, der sie auch in die Politik geholt hatte, in den Nationalrat eingezogen.

Zuletzt kritisierte sie in ihrer Rolle als ÖVP-Justizsprecherin auch die WKStA und sprach sich für eine Reform der Behörde aus. Die Grünen stellten sich damals hinter die Staatsanwaltschaft. Im aktuellen Fall äußerte sich der Koalitionspartner der ÖVP noch nicht.