ÖVP-Klubchef August Wöginger und SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates
APA/Herbert Neubauer
Nur FPÖ dagegen

Nationalrat nickt „Grünen Pass“ ab

Nach eingeforderten Nachschärfungen beim Datenschutz ist am Mittwoch im Nationalrat die gesetzliche Grundlage für den „Grünen Pass“ beschlossen worden. „Anfang Juni“ soll der Nachweis den Zutritt zu Gastronomie und körpernahen Dienstleistungen erleichtern. Neben den Regierungsparteien stimmten auch SPÖ und NEOS zu. Die FPÖ lehnte unter Verweis auf einen „ungeheuerlichen Tabubruch“ strikt ab.

Die Sondersitzung war bereits die dritte im Mai, dieses Mal wurde sie aber von ÖVP und Grünen beantragt. Hauptpunkt war der „Grüne Pass“, der künftig durch den Nachweis eines Tests, einer Impfung oder einer Genesung als Eintrittskarte für das öffentliche Leben fungieren soll. Der Nachweis soll mittels QR-Code oder als PDF verfügbar sein. Auch die bisherigen Nachweise auf Papier bleiben aber weiterhin gültig. Als Zieldatum für den „Grünen Pass“ nannte die Regierung den 4. Juni.

Die Begutachtung dafür dauerte eine Woche. Laut SPÖ hatte es mehr als 30.000 Stellungnahmen gegeben, die Kritik an den Datenschutzvorkehrungen war anfangs laut. Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) schärfte den Entwurf in der Folge nach. So sollen künftig Daten nicht verknüpft werden können und auch keine Bewegungsprofile möglich sein – anders als im ursprünglichen Entwurf.

Zudem soll jeder Zugriff protokolliert werden, und der Nachweis soll mit jener der Europäischen Union kompatibel sein. Die SPÖ sicherte daher ihre Zustimmung zu, wie der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried am Mittwoch sagte. Hätte die SPÖ ihr grünes Licht verweigert, hätte eine längere Verzögerung im Bundesrat gedroht.

Zunächst auch per Post

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) freute sich in einer Aussendung, „dass nun auch die SPÖ eingelenkt hat und die Umsetzung unterstützt“. Österreich gehöre mit einer Umsetzung „Anfang Juni“ zu den Vorreitern in Europa. In der Sondersitzung des Nationalrats freute sich auch Mückstein über den „Grünen Pass“. Die aktuelle epidemiologische Situation stimme hoffnungsfroh, doch müsse weiter Vorsicht walten. Der „Grüne Pass“ sei Grundlage für einer Rückkehr in die Normalität.

Nationalrat ebnet Weg für „Grünen Pass“

Die Kritik am „Grünen Pass“ war zunächst laut. Nach Anpassungen beim Datenschutz stimmten aber auch SPÖ und NEOS dafür.

Er weise nach, wer getestet, geimpft oder genesen sei, es könne aber nicht nachgeprüft werden, wo jemand wann war, und auch nicht, welches der „3 Gs“ die Grundlage für einen Besuch in Gastronomie oder bei körpernahen Dienstleistern ist. Der Pass werde zudem auch ausgedruckt in Apotheken und Arztpraxen verfügbar sein. Jene Personen, die bis Anfang Juni voll immunisiert sind, würden das Impfzertifikat auch noch per Post erhalten, so Mückstein, dessen Rede von einem Taferlprotest der FPÖ-Fraktion begleitet wurde.

Kickl sieht Grundrechte gefährdet

Zuvor hatte die Sondersitzung auch mit scharfen Worten von FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl begonnen. Er sprach im Zusammenhang mit dem „Grünen Pass“ von einem „ungeheuerlichen Tabubruch“ und einer Gefahr für die Grund- und Freiheitsrechte. Es handle sich um ein „riesiges Gentechnikexperiment“, dessen Ausgang ungewiss sei. Durch den Nachweis komme es zu einer Beweislastumkehr. Als Sanktion drohe ein Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben, so Kickl. Der Begriff „gesund“ werde abgeschafft und durch einen anderen Zustand ersetzt, in dem man potenziell ansteckend und gefährlich sei, so Kickl. Seine Parteikollegin Dagmar Belakowitsch beschuldigte die Regierung, im Endeffekt eine Impfpflicht einführen zu wollen.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne)
APA/Herbert Neubauer
Mückstein ließ beim Datenschutz nachschärfen. Ab Anfang Juni soll der „Grüne Pass“ in Österreich verwendet werden können.

Kritik an Tempo

Auch wenn NEOS am Mittwoch dem „Grünen Pass“ zustimmte, gab es doch herbe Kritik der Fraktion. Gerald Loacker kritisierte das Tempo der Bundesregierung. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wolle unbedingt vor einer europäischen Lösung im Juli vorpreschen, so Loacker. Mit der nun vorliegenden österreichischen Variante könne man nicht reisen. Zudem könne man sich das geplante Startdatum vom 4. Juni „aufzeichnen“, so Loacker. „Bis dahin kriegen die das nicht hin.“ Ohne Debatten in den Ausschüssen werde ein Gesetz durchgepeitscht, das Parlament fungiere nur als „Durchwink-Maschine“.

Kostenlose Antigen-Selbsttests für Betriebe

Unterdessen wurde die kostenlose Bereitstellung von Antigen-Selbsttests durch den Bund für Gäste in Österreich durch den Nationalrat abgesegnet. Das entsprechende Bundesgesetz tritt rückwirkend mit 10. Mai 2021 in Kraft. Wichtigster Punkt dabei: Der Nachweis berechtigt nicht zum Betreten anderer Betriebsstätten – dafür ist ein neuerlicher Test erforderlich.

Die Verteilung erfolgt über die Bundesländer. Die Anlieferung in die Bundesländer wird vom Österreichischen Bundesheer unterstützt, 3,8 Mio. Stück wurden bereits an die Länder ausgeliefert. Derzeit wird der weitere Bedarf der Länder erhoben, dann werden die notwendigen Beschaffungen erfolgen, so das Tourimusministerium zur APA. Das Verteilungsprozedere sei in jedem Land unterschiedlich und werde in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Wirtschaftskammer im Bundesland organisiert.

Berechtigte Betriebe laut der „Covid-19-Öffnungsverordnung vom 10.5.2021“ sind Kundenbereiche bei körpernahen Dienstleistungen, Gastgewerbe, gewerbliche Beherbergungsbetriebe, Privatzimmervermieter, nicht öffentliche Sportstätten, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Alten- und Pflegeheime sowie stationäre Wohneinrichtungen der Behindertenhilfe, Krankenastalten und Kuranstalten und sonstige Orte, an denen Gesundheitsdienstleistungen erbracht werden, außerschulische Jugenderziehung und Jugendarbeit, betreute Ferienlager, Zusammenkünfte im Spitzensport sowie Fach- und Publikumsmessen.

Außerdem wurden noch einige weitere Materien beschlossen. Dabei ging es etwa um Ausdrucke aus dem elektronischen Impfpass durch Ärztinnen und Ärzte sowie Apotheken und einen Kostenersatz für Apotheken für die Verteilung von Impfstoffen an Arztpraxen.