August Wöginger und Sigrid Maurer
APA/Robert Jaeger
Grüne und Opposition

Ende der ÖVP-Attacken auf Justiz gefordert

Neben SPÖ, FPÖ und NEOS haben nun auch die Grünen die Angriffe der ÖVP auf die Justiz kritisiert: „Dieses Verhalten ist einer bürgerlichen Partei unwürdig“, kritisierte Klubchefin Sigrid Maurer am Samstag. ÖVP-Klubchef August Wöginger hatte zuvor erneut die Korruptionsstaatsanwaltschaft attackiert, die nach Kanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel nun auch gegen ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker ermitteln möchte.

Maurer attestiert der ÖVP einen „unsouveränen Umgang“ mit den Ermittlungen gegen ÖVP-Politiker. „Die permanente Unterstellung an die Justiz, sie würde politisch agieren, ist strikt zurückzuweisen. Die ÖVP versucht damit kontinuierlich, die Glaubwürdigkeit der Judikative und damit einer zentralen Säule unserer Demokratie zu beschädigen.“

Das werde auch von ÖVP-Wählerinnen und -Wählern nicht goutiert. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) garantiere dafür, dass die Behörden in Ruhe arbeiten können. „Ich fordere die ÖVP auf, ihre unsouveränen Attacken einzustellen und zu einem seriösen und verantwortlichen Umgang mit der Justiz zurückzukehren“, so Maurer.

Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
ORF.at/Christian Öser
Die ÖVP wirft der WKStA erneut vor, nicht unabhängig zu ermitteln – und erntete dafür breite Kritik sowohl in der Opposition als auch beim Koalitionspartner

Wöginger: WKStA-Ermittlungen „politisch motiviert“

Wöginger hatte zuvor eine weitere Attacke auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geliefert. In einer Vorausmeldung für die Sendung „ATV Aktuell“ am Samstagabend bezeichnete der ÖVP-Klubchef die geplanten Ermittlungen gegen Steinacker als „politisch motiviert“.

Die ÖVP werde sich das „nicht gefallen lassen“. „Es kann nicht sein, dass hier einfach Abgeordnete oder Regierungsmitglieder herausgepickt werden, obwohl es eine Vielzahl an vergleichbaren Fällen auch bei anderen Fraktionen gibt“, meinte Wöginger.

Opposition: Vertrauen in Rechtsstaat in Gefahr

SPÖ, FPÖ und NEOS stellten sich daraufhin hinter die Ermittler und warnten vor den Folgen der Attacken der ÖVP. „Die ständigen Unterstellungen der ÖVP zerstören das Vertrauen in den Rechtsstaat“, warnte SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Sie erinnerte daran, dass die WKStA jeder stichhaltigen Anzeige nachgehen müsse, weil sie sonst selbst einen Amtsmissbrauch begehen würde.

„Die ÖVP nimmt in Kauf, mit ihrer Verteidigungslinie gegen Ermittlungen das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Justiz zu zerstören“, sagte auch Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Er warf der ÖVP vor, in Panik um sich zu schlagen. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz warf der ÖVP unterdessen „letztklassiges Verhalten“ vor: „Ein derart beinhart eingeschlagener antidemokratischer Kurs ist einfach inakzeptabel.“

ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker
APA/Herbert Neubauer
Gegen Steinacker liege ein Anfangsverdacht der Untreue und Vorteilsannahme vor, so die WKStA

Steinacker unter Untreueverdacht

Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen eine Reihe aktiver und ehemaliger ÖVP-Politiker, allen voran Kanzler Kurz wegen falscher Zeugenaussage im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss sowie Finanzminister Blümel wegen Bestechung bzw. Bestechlichkeit im Zusammenhang mit einem Spendenangebot des Glücksspielkonzerns Novomatic. Seit Mittwoch ist bekannt, dass auch Steinacker unter Untreueverdacht steht.

Die WKStA will dem Hinweis einer Whistleblowerin nachgehen, wonach der gut bezahlte Posten der Abgeordneten bei der Immobilienfirma Raiffeisen evolution in den Jahren 2013 bis 2017 eine Art verdeckte Parteispende an die ÖVP war. Sie hat daher um Aufhebung der parlamentarischen Immunität gebeten.

Allerdings geht die WKStA bei Weitem nicht ausschließlich gegen ÖVP-Politiker vor: Ermittlungen wegen falscher Zeugenaussage in einem Untersuchungsausschuss gibt es auch gegen den burgenländischen SPÖ-Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil. Und erst am Freitag wurde eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs gegen den niederösterreichischen Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) bekannt. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Justizministerin Alma Zadic
APA/Georg Hochmuth
Bei der Frage, ob Kurz angeklagt oder das Verfahren eingestellt werden soll, will sich Zadic an die Empfehlung des Weisungsrats halten

Zadic will Empfehlung des Weisungsrats folgen

Ein Vertreter der WKStA hatte sich am Dienstag im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss über „Störfeuer“ bei Ermittlungen gegen ÖVP-Vertreter beschwert. So setzte es nach Einleitung der Ermittlungen gegen Kurz eine Dienstaufsichtsprüfung, die allerdings mittlerweile wieder eingestellt wurde.

Zadic sagte am Freitag, dass sie sich bei der Entscheidung über eine Anklage gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an die Empfehlung des Weisungsrats halten wolle. Dieses Gremium aus drei Juristen und Juristinnen ist bei Verfahren gegen Regierungsmitglieder einzubinden und gibt eine Empfehlung ab. „Ich werde mich der Empfehlung des Weisungsrates anschließen“, sagt Zadic in der „Kleinen Zeitung“.