Studie: Biogas wird heimischen Bedarf nicht decken

2040 wird zwischen der Nachfrage nach Grünem Gas und dem Angebot von erneuerbarem Gas aus biogenen Reststoffen eine eklatante Lücke klaffen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie im Auftrag des Klimaschutzministeriums, die heute präsentiert wurde.

In weniger als 20 Jahren soll Österreich klimaneutral werden. Die Österreichische Energieagentur, das Energieinstitut an der Johannes Kepler Universität Linz und der Lehrstuhl für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben erhoben, was das für die Nachfrage nach Grünem Gas bedeutet. Unter den Begriff fällt zum einen Biogas. Das wird durch Vergärung bzw. Vergasung von biogenen Stoffe gewonnen. Zum anderen gehört dazu auch grüner Wasserstoff, der mit Hilfe erneuerbaren Stroms erzeugt wird.

Hoher Bedarf in Industrie

Die Studie nahm dabei nur den Bedarf von Industrie, Güterverkehr, öffentlichem Personenverkehr und Flugverkehr sowie Heizkraftwerken in den Fokus. Der Gebäudesektor, also das Heizen, blieb ebenso unbeachtet wie der motorisierte Individualverkehr und Kraftwerke, die für die Netzreserve benötigt werden.

Doch allein für die untersuchten Sektoren kommt das Papier – je nach Szenario – auf eine Nachfrage von 89 bzw. 138 Terawattstunden (TWh) pro Jahr. Selbst der niedrigere Wert, bei dem von einem großen Effizienzpotenzial ausgegangen wurde, entspricht ziemlich genau dem derzeitigen jährlichen Erdgasverbrauch.

Manche Industrieprozesse – wie die Stahlherstellung – werden künftig große Mengen Wasserstoff benötigen. In den Berechnungen gehen rund drei Viertel der Nachfrage auf die Kappe der energieintensiven Industrie. Zugleich rechnet die Studie damit, dass etwa der Flugverkehr 2040 noch auf E-Fuels angewiesen sein wird – also auf klimaneutrale Treibstoffe, die aus Wasserstoff hergestellt werden.

Theoretisches vs. realisierbares Potenzial

Mit in Österreich produziertem Biogas lässt sich diese Nachfrage laut der Studie bei Weitem nicht decken. Das Papier geht davon aus, dass zwar bis 2040 theoretisch bis zu 88 TWh an Biogas zur Verfügung stehen könnten. Das realisierbare Potenzial liege aber nur bei 20 TWh.

Das liegt vor allem daran, dass Grünes Gas aus der Vergasung von Holz einen großen Teil des theoretischen Potenzials ausmacht. Dieses lasse sich realistischerweise aber kaum heben, sagte Günter Pauritsch, Experte der Energieagentur, bei der Präsentation der Studie.

Auch im energieeffizienten Szenario könnten mit heimischem Biogas um die 69 TWh an Nachfrage nicht gedeckt werden. Geschlossen werden müsste diese Lücke mit hierzulande produziertem erneuerbarem Wasserstoff sowie durch Importe, so die Studie. Aus diesem Grund sollten „langfristig vorrangig“ jene Sektoren mit Grünem Gas versorgt werden, bei denen sich Gas als Energieträger nicht oder nur sehr schwer ersetzen lässt.

Das entspricht auch der Ansicht der zuständigen Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). Grünes Gas sei ein „knappes und wertvolles Gut. Wir müssen es also dort einsetzen, wo wir es dringend brauchen und wo wir noch keine Alternativen haben“, sagte Gewessler. In vielen Bereichen wie in der Raumwärme gebe es hingegen bereits genügend Alternativen zu fossilem Öl und Gas.

Debatte für Gaswirtschaft „entbehrlich“

Keine Freude mit solchen Aussagen hat die Gaswirtschaft. Zugleich mit der Präsentation der neuen Studie schrieb die Österreichische Vereinigung für das Gas- und Wasserfach in einer Aussendung: „Grünes Gas ist weder ein rares noch ein kostbares Gut.“

Die Debatte, dass in Österreich nicht ausreichend Grünes Gas hergestellt werden könne, um den gesamten heimischen Bedarf zu decken, sei „entbehrlich“. Grünes Gas könne über ein „hervorragend ausgebautes Gasnetz“ importiert werden. Energieautarkie sei weder das Ziel einer entwickelten Volkswirtschaft noch finde sie sich im Regierungsprogramm.