Der zurückgetretene FPÖ-Parteichef Norbert Hofer und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl
ORF.at/Roland Winkler
Hofer-Nachfolge

FPÖ-Landesparteien halten sich bedeckt

Die blauen Landesparteien sind vom Rücktritt von FPÖ-Obmann Norbert Hofer überrascht worden, die Suche nach einem Nachfolger läuft. Der aussichtsreichste Kandidat, FPÖ-Klubchef Herbert Kickl, bekundete Dienstagabend, seinen Beitrag leisten zu wollen. Unterstützung erhielt er aus Kärnten, Tirol und dem Burgenland, die anderen FPÖ-Landesparteien halten sich noch bedeckt.

Orchestriert wird die Nachfolgesuche von Harald Stefan, einem von sechs Stellvertretern Hofers. Der Wiener soll zunächst – bis zu einem Parteitag, der möglicherweise im Juni stattfinden soll – den Parteivorsitz übernehmen. Das wurde der ZIB1 am Dienstag bestätigt. In den vergangenen Wochen hatte es in der FPÖ Debatten über die Doppelspitze gegeben. Klubchef Kickl hatte sich kürzlich selbst als möglichen Spitzenkandidaten für die nächste Nationalratswahl ins Spiel gebracht.

Hofer war da wegen einer Rückenverletzung auf Reha in Baden. Er hatte dazu in einem Interview geantwortet: „Wenn die Katze aus dem Haus ist, haben die Mäuse Kirtag.“

Kickl will „Beitrag leisten“

Kickl meinte am Abend, er wäre bereit, seinen Beitrag zu leisten. Kickl will mit Stefan und den übrigen Mitgliedern des FPÖ-Präsidiums über die nächsten Schritte beraten. „Ziel muss es sein, umgehend die volle Handlungsfähigkeit der FPÖ wiederherzustellen und die vorhandene Geschlossenheit nach außen klar zu dokumentieren“, sagte Kickl: „Ich selbst bin bereit, meinen Beitrag dazu zu leisten.“

Nach Hofer-Rücktritt: Nachfolge ungeklärt

Nach dem überraschenden Rücktritt Norbert Hofers sucht die FPÖ einen neuen Bundesparteiobmann.

Pateiinternes Lob für Kickls „kantige Oppositionspolitik“

Unterstützung für Kickl als – zumindest interimistischen – Bundesobmann kam von Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger und dem neuen FPÖ-Kärnten-Vorsitzenden Erwin Angerer. Angerer reagierte auf den Rücktritt mit Unverständnis, zumal er noch Montagabend mit Hofer telefoniert und einen Termin für kommende Woche vereinbart hatte. Abwerzger sagte, die persönliche Entscheidung sei zur Kenntnis zu nehmen.

Zur Nachfolge sagte Angerer, man müsse die Situation bewerten und dann eine Entscheidung treffen: „Aber wenn Kickl die Partei übernehmen will, halte ich ihn für einen möglichen Obmann.“ Für Abwerzger steht fest, dass Kickl als erster Stellvertreter Hofers die Agenden interimistisch übernehmen sollte, bis der Parteitag einen neuen Obmann oder eine neue Obfrau wähle. Auch Alexander Petschnig, Obmann von Hofers burgenländischen Landesgruppe, sprach sich für Kickl aus und lobte dessen „kantige Oppositionspolitik“.

FPÖ-Kenner Mölzer zur Ära Hofer

Der Rücktritt von Norbert Hofer als FPÖ-Obmann kam dann doch überraschend. Hofer wirft entnervt hin, Herbert Kickl könnte wohl sein Nachfolger werden. In der ZIB2 dazu der langjährige FPÖ-Politiker Andreas Mölzer.

Andere Landesparteien legen sich nicht fest

Die anderen Landesparteien legten sich allerdings nicht fest. So lobten der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek und sein Wiener Kollege Dominik Nepp Hofer für dessen Aufbauarbeit nach der „Ibiza-Affäre“. Beide verwiesen darauf, dass die Partei in Umfragen nun wieder 20 Prozent erreiche. Zur Nachfolgefrage äußerten sie sich nicht.

Ebenso der Chef der Vorarlberger Freiheitlichen, Christof Bitschi. Hofer habe die FPÖ in einer sehr schwierigen Phase übernommen und die Partei wieder in geordnete Bahnen gelenkt. „Dafür sind wir ihm alle zu großem Dank verpflichtet“, stellte Bitschi fest. Wer Hofer an der Parteispitze nachfolgen soll, ließ auch er offen: „Jetzt gilt es, vonseiten der Bundespartei die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft zu stellen und in Ruhe und wohlüberlegt eine geeignete Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu wählen.“

Kein Kommentar von Haimbuchner

Nicht äußern wollte sich am Dienstag auch der Landeschef der FPÖ Oberösterreich, Manfred Haimbuchner, der als interner Kritiker Kickls gilt. Haimbuchner ist ebenfalls ein Stellvertreter Hofers, hat im Herbst allerdings Landtagswahlen zu schlagen und hat immer ausgeschlossen, nach Wien zu gehen, weil er den Oberösterreichern im Wort sei. In einer Aussendung dankte er Hofer und betonte, dieser habe die FPÖ dort positioniert, wo sie auch hingehöre: „Rechts der Mitte, mit einer bürgerlichen Ausrichtung und sowohl regierungs- als auch koalitionsfähig.“

Filzmaier zum Machtkampf in der FPÖ

Zuletzt hatte es wochenlang Debatten über die Doppelspitze in der FPÖ gegeben. Jetzt hat Norbert Hofer eine Entscheidung getroffen. Politologe Peter Filzmaier analysiert die Hintergründe.

„Die Entscheidung Norbert Hofers, das Amt des Parteiobmannes zurückzulegen, hat mich genauso überrascht wie alle anderen auch. Ich respektiere aber seine Entscheidung“, sagte Udo Landbauer, FPÖ-Niederösterreich-Landespartei- und Klubobmann. „Jetzt liegt es an den Gremien der FPÖ, mit der neuen Situation sachlich und besonnen umzugehen“, so Landbauer – mehr dazu in noe.ORF.at.

„Wie es weitergeht, das wird in den nächsten Tagen in den Gremien der Partei besprochen“, sagte auch die Salburger FPÖ-Vorsitzende Marlene Svazek, die sich zuletzt immer wieder für Kickl an der Spitze der Bundespartei ausgesprochen hatte – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

„Reise an der Spitze zu Ende“

Hofer hatte Dienstagnachmittag überraschend seinen Rücktritt verkündet. Sein Amt als Dritter Nationalratspräsident will er bis zur nächsten Wahl aber weiterführen. Bevor der Rückzug von der Parteispitze bestätigt wurde, sorgte Hofer mit einem Tweet für Verwirrung. Darin hatte er seinen Abgang verkündet, das Posting aber nach wenigen Minuten wieder gelöscht.

Wenig später bestätigte die FPÖ aber via Aussendung die Entscheidung: Während seines Rehaaufenthalts habe sich Hofer Gedanken über seine persönliche Zukunft gemacht „und ist zur Überzeugung gekommen, dass er das Amt des Bundesparteiobmannes der FPÖ nicht weiter ausüben wird“, hieß es.

Der zurückgetretene FPÖ-Parteichef Norbert Hofer
APA/Herbert Pfarrhofer
Hofer verkündete seinen Rückzug von der Parteispitze. Dritter Nationalratspräsident will er vorerst bleiben.

Hofer selbst schrieb, die Zeit nach dem „Ibiza“-Skandal sei nicht einfach gewesen, nun habe er die Partei aber wieder stabilisiert und in Umfragen an die 20-Prozent-Marke herangeführt. „Damit habe ich die Partei so weit aufgestellt, damit sie auch in den nächsten Jahren Erfolg haben kann. Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist aber mit dem heutigen Tag zu Ende“. Gegenüber der Tageszeitung „Österreich“ sagte Hofer: „Ich lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin.“

Überraschung auf der Rax

Weite Teile der Partei traf Hofers Rücktritt unvorbereitet. Nur kurz vor Hofers Rücktrittserklärung hatte Kickl im Rahmen einer Wanderung mit FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz auf der Rax die Spitzenkandidatendebatte für vorerst beendet erklärt. Als die Funktionäre die Nachricht dann erreichte, waren sie gerade in einer Hütte auf 1.361 Meter Höhe. Die APA meldete, die Bergwanderung habe schließlich inmitten zahlreicher Funklöcher mit pausenlos klingelnden Handys und sprachlosen Funktionären geendet.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl anlässlich einer Wanderung auf der Rax
APA/Helmut Fohringer
Kickl war am Dienstag mit FPÖ-Funktionären wandern. Von Hofers Entscheidung wurde er offenbar überrascht.

Hofer lässt Hofburgkandidatur offen

Auch wenn es seit Hofers Antritt als Parteichef Debatten über die Doppelspitze der FPÖ gab, kam der Streit über den richtigen Spitzenkandidaten überraschend. Die nächste Nationalratswahl steht planmäßig erst 2024 an. Zuletzt spekulierten aber verschiedene FPÖ-Abgeordnete, Kickl solle an der FPÖ-Spitze die Nationalratswahl anführen und Hofer solle erneut für die Hofburg kandidieren.

Ob Hofer bei der nächsten Bundespräsidentenwahl im kommenden antreten möchte, ließ er aber am Dienstag offen. Die nächste Wahl ist die Landtagswahl in Oberösterreich im September.

Spaltung auf Raten

Die Spaltung zwischen Hofer und Kickl hatte sich sukzessive verschärft, besonders was die Ausrichtung in der Pandemie betraf. Kickl pochte auf einen scharfen Oppositionskurs gegen den von ihm georteten „Corona-Wahnsinn“, Hofer blieb bei milderen Tönen. Er zog etwa die Sinnhaftigkeit einer Impfung nicht infrage und ließ sich auch selbst immunisieren. Einen ersten offenen Konflikt gab es über die Maskenpflicht im Parlament. Während Kickl diese kategorisch ablehnte, warf Hofer maskenunwilligen Mandataren „Selbstüberhöhung“ vor.

Eine Grafik zeigt die FPÖ-Obleute seit 1956
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mitte April sorgte ein Beschluss des eigenen Parlamentsklubs gegen einen „fliegenden Wechsel“ in die Bundesregierung für Aufsehen. Zwar dementierte Hofer Spekulationen, wonach das geplant gewesen sein könnte, und rief zudem seine Partei via Aussendung „zu Ruhe und Einigkeit“ auf. Berichte, er habe sich bereits mehrmals mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) getroffen, um einen Regierungswechsel zu planen, dementierte Hofer. Kickl sprach schließlich die Obmanndebatte an und brachte den Stein zu Hofers Rücktritt ins Rollen.

Ochsentour durch Ämter

Hofer war nach dem „Ibiza-Skandal“ Parteichef nach dem zurückgetretenen Heinz-Christian Strache geworden. Er selbst bezeichnete sich als „das freundliche Gesicht“ der Partei, für die FPÖ Burgenland wurde der gelernte Flugzeugtechniker 1993 aktiv. Nach verschiedenen Funktionen stieg er 2005 zum Vizechef der Bundespartei auf. 2016 fügte sich Hofer dem Wunsch Straches, als Spitzenkandidat in die Bundespräsidentschaftswahl zu gehen, bei der er zu Überraschung vieler die größten blauen Stimmengewinne aller Zeiten einfuhr.

Hofers politische Karriere

Norbert Hofer gilt als die weiche und gemäßigte Stimme in der FPÖ. Der Burgenländer war nur zwei Jahre lang Bundesparteiobmann, zuletzt gab es Berichte über gesundheitliche Probleme.

Nach einem Sieg in der ersten Runde folgte in der Stichwahl ein Duell gegen Alexander Van der Bellen, der ihm im dritten Anlauf den Weg in die Präsidentschaftskanzlei versperrte. 2017 wurde Hofer Verkehrsminister in der Bundesregierung von ÖVP und FPÖ, 2019 nahm er zum zweiten Mal im Präsidium des Nationalrats Platz. Privat lebt er mit Familie in seiner Heimatgemeinde Pinkafeld im Burgenland. Er ist Ehrenritter des St. Georgs-Ordens und Ehrenmitglied der Schülerverbindung Marko-Germania zu Pinkafeld.

Kurz wünscht „persönlich alles Gute“

Bundeskanzler Kurz erklärte am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz, er habe mit Hofer zwar immer wieder „inhaltliche Differenzen und unterschiedliche Sichtweisen“ gehabt, „aber auf menschlicher Ebene immer gut zusammengearbeitet“. Der ÖVP-Obmann wünschte Hofer „persönlich alles Gute“.

Die Reaktion von NEOS fiel kritischer aus: „Hofer bleibt eine glücklose Übergangslösung, der einen Scherbenhaufen übernommen hat. Hofers Anspruch auf Überparteilichkeit als Nationalratspräsident kann zwar Vorbild für andere im Präsidium sein, Ruhe in die eigene Partei hat er so nicht gebracht“, so NEOS-Generalsekretär Nikola Donig. Nun drohe der FPÖ „die Gefahr eines gefährlichen Krawall-Kurses des Herbert Kickl“.