FPÖ-Chef Norbert Hofer
APA/Roland Schlager
Nach Rehaaufenthalt

Hofers überraschender Rücktritt

Mit seinem Rücktritt von der FPÖ-Parteiführung hat Norbert Hofer für eine Überraschung, vor allem aber für Chaos gesorgt. Offenbar wusste niemand in der Partei von seiner Anfang Juni verkündeten Entscheidung. Dritter Nationalratspräsident will er bis zur nächsten Wahl aber bleiben.

Bevor der Rückzug von der Parteispitze bestätigt wurde, hatte Hofer mit einem Tweet für Verwirrung gesorgt. Darin hatte er seinen Abgang verkündet, das Posting aber nach wenigen Minuten wieder gelöscht. Wenig später bestätigte die FPÖ aber via Aussendung die Entscheidung: Während seines Rehaaufenthalts habe sich Hofer Gedanken über seine persönliche Zukunft gemacht „und ist zur Überzeugung gekommen, dass er das Amt des Bundesparteiobmannes der FPÖ nicht weiter ausüben wird“, hieß es.

Hofer selbst schrieb, die Zeit nach dem „Ibiza-Skandal“ sei nicht einfach gewesen, nun habe er die Partei aber wieder stabilisiert und in Umfragen an die 20-Prozent-Marke herangeführt. „Damit habe ich die Partei so weit aufgestellt, damit sie auch in den nächsten Jahren Erfolg haben kann. Meine eigene Reise an der Spitze der FPÖ ist aber mit dem heutigen Tag zu Ende.“ Gegenüber der Tageszeitung „Österreich“ sagte Hofer: „Ich lasse mir nicht jeden Tag ausrichten, dass ich fehl am Platz bin.“

Der zurückgetretene FPÖ-Parteichef Norbert Hofer
APA/Herbert Pfarrhofer
Hofer verkündete seinen Rückzug von der Parteispitze. Dritter Nationalratspräsident will er vorerst bleiben.

Funklöcher auf der Rax

Weite Teile der Partei traf Hofers Rücktritt unvorbereitet. Nur kurz vor Hofers Rücktrittserklärung hatte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl im Rahmen einer Wanderung mit FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz auf der Rax die Spitzenkandidatendebatte für vorerst beendet erklärt. Als die Funktionäre die Nachricht dann erreichte, waren sie gerade in einer Hütte auf 1.361 Meter Höhe. Die APA meldete, die Bergwanderung habe schließlich inmitten zahlreicher Funklöcher mit pausenlos klingelnden Handys und sprachlosen Funktionären geendet.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl anlässlich einer Wanderung auf der Rax
APA/Helmut Fohringer
Kickl war am Dienstag mit FPÖ-Funktionären wandern. Von Hofers Entscheidung wurde er offenbar überrascht.

Hofer lässt Hofburg-Kandidatur offen

Auch wenn es seit Hofers Antritt als Parteichef Debatten über die Doppelspitze der FPÖ gab, kam der Streit über den richtigen Spitzenkandidaten überraschend. Die nächste Nationalratswahl steht planmäßig erst 2024 an. Zuletzt spekulierten aber verschiedene FPÖ-Abgeordnete, Kickl solle an der FPÖ-Spitze den Nationalratswahlkampf anführen und Hofer erneut für die Hofburg kandidieren. Ob Hofer bei der nächsten Bundespräsidentenwahl antreten möchte, ließ er aber am Dienstag offen. Die nächste Wahl ist die Landtagswahl in Oberösterreich im September.

Spaltung auf Raten

Die Spaltung zwischen Hofer und Kickl hatte sich sukzessive verschärft, besonders was die Ausrichtung in der Pandemie betraf. Kickl pochte auf einen scharfen Oppositionskurs gegen den von ihm georteten „Corona-Wahnsinn“, Hofer blieb bei milderen Tönen. Er zog etwa die Sinnhaftigkeit einer Impfung nicht infrage und ließ sich auch selbst immunisieren. Einen ersten offenen Konflikt gab es über die Maskenpflicht im Parlament. Während Kickl diese kategorisch ablehnte, warf Hofer maskenunwilligen Mandataren „Selbstüberhöhung“ vor.

Eine Grafik zeigt die FPÖ-Obleute seit 1956
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Mitte April sorgte ein Beschluss des eigenen Parlamentsklubs gegen einen „fliegenden Wechsel“ in die Bundesregierung für Aufsehen. Zwar dementierte Hofer Spekulationen, wonach das geplant gewesen sein könnte, und rief zudem seine Partei via Aussendung „zu Ruhe und Einigkeit“ auf. Berichte, er habe sich bereits mehrmals mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) getroffen, um einen Regierungswechsel zu planen, dementierte Hofer. Kickl sprach schließlich die Obmanndebatte an und brachte den Stein zu Hofers Rücktritt ins Rollen.

„Freundliche Gesicht“ der Partei

Hofer war nach dem „Ibiza-Skandal“ Parteichef nach dem zurückgetretenen Heinz-Christian Strache geworden. Er selbst bezeichnete sich als „das freundliche Gesicht“ der Partei, für die FPÖ Burgenland wurde der gelernte Flugzeugtechniker 1993 aktiv. Nach verschiedenen Funktionen stieg er 2005 zum Vizechef der Bundespartei auf. 2016 fügte sich Hofer dem Wunsch Straches, als Spitzenkandidat in die Bundespräsidentschaftswahl zu gehen, bei der er zu Überraschung vieler die größten blauen Stimmengewinne aller Zeiten einfuhr.

Hofers politische Karriere

Norbert Hofer gilt als eine gemäßigte Stimme in der FPÖ. Der Burgenländer war nur zwei Jahre lang Bundesparteiobmann, zuletzt gab es Berichte über gesundheitliche Probleme.

Nach einem Sieg in der ersten Runde folgte in der Stichwahl ein Duell mit Alexander Van der Bellen, der ihm im dritten Anlauf den Weg in die Präsidentschaftskanzlei versperrte. 2017 wurde Hofer Verkehrsminister in der Bundesregierung von ÖVP und FPÖ, 2019 nahm er zum zweiten Mal im Präsidium des Nationalrats Platz. Privat lebt er mit Familie in seiner Heimatgemeinde Pinkafeld im Burgenland. Er ist Ehrenritter des St.-Georgs-Ordens und Ehrenmitglied der Schülerverbindung Marko-Germania zu Pinkafeld.

Kurz wünscht „persönlich alles Gute“

Bundeskanzler Kurz sagte in seiner ersten Reaktion nach Hofers Rücktritterklärung, er habe mit Hofer zwar immer wieder „inhaltliche Differenzen und unterschiedliche Sichtweisen“ gehabt, „aber auf menschlicher Ebene immer gut zusammengearbeitet“. Der ÖVP-Obmann wünschte Hofer „persönlich alles Gute“.

Die Reaktion von NEOS fiel kritischer aus: „Hofer bleibt eine glücklose Übergangslösung, der einen Scherbenhaufen übernommen hat. Hofers Anspruch auf Überparteilichkeit als Nationalratspräsident kann zwar Vorbild für andere im Präsidium sein, Ruhe in die eigene Partei hat er so nicht gebracht“, so NEOS-Generalsekretär Nikola Donig. Nun drohe der FPÖ „die Gefahr eines gefährlichen Krawall-Kurses des Herbert Kickl“.