Brexit-Befürworter braucht EU-Arbeitskräfte für eigene Pubkette

Rund fünf Monate nach dem finalen Brexit will einer seiner überzeugtesten Befürworter bereits zurückrudern: Der Chef der britischen Pubkette JD Wetherspoon, Tim Martin, benötigt dringend Personal und möchte daher wieder Arbeitskräfte aus der EU anstellen. Ein liberales Einwanderungssystem wäre „ein Plus für die Wirtschaft und das Land“, sagte Martin dem „Telegraph“ (Mittwoch-Ausgabe) und rief die konservative Regierung auf, vereinfachte Visaregeln einzuführen.

Seit der Wiedereröffnung von Pubs und Restaurants nach vielen Monaten des Lockdowns haben Gastronominnen und Gastronomen zunehmend Probleme, geeignetes Personal zu finden. Der Branchenverband UK Hospitality geht von einem Mangel von rund 188.000 Arbeitskräften aus, da viele während der Lockdowns die Branche oder das Land verlassen haben.

Pubchef Martin hatte vor dem Brexit-Referendum massiv für den EU-Austritt seines Landes geworben. Die Freizügigkeit für Menschen aus der EU nach Großbritannien und umgekehrt ist seit dem Brexit vorbei. Stattdessen sind komplizierte Anträge und teure Visaverfahren notwendig, um einen Job im Vereinigten Königreich aufzunehmen.

Berichte über abgewiesene EU-Bürger an Grenze

Nach dem Bericht des „Telegraph“ beklagte sich Martin allerdings, die Zeitung habe seine Position nicht korrekt wiedergegeben. Es sei nicht der Fall, dass seine Kette unter Personalmangel leide.

Viele EU-Bürgerinnen und -Bürger, die zuvor in Großbritannien gearbeitet hatten, haben das Land in den vergangenen Monaten verlassen. Neben dem Brexit ist dafür auch die Pandemie mit ihren rigiden Reisebeschränkungen verantwortlich. Zuletzt häuften sich zudem Berichte von Europäerinnen und Europäern, die bei der versuchten Einreise an der britischen Grenze abgewiesen wurden.

EU-Bürgerinnen und -Bürger, die bereits vor Ende 2020 in Großbritannien wohnten, können sich noch bis Ende Juni auf das „Settlement Scheme“ bewerben, das ihnen weitgehend die gleichen Rechte im Land einräumen soll wie vor dem Brexit.