Blitze am nächtlichen Himmel über dem Zeller See in Zell am See
APA/Franz Neumayr
Wetter

Ein Wochenende voll Blitz und Donner

Im heurigen Jahr hat es in Österreich bisher ungewöhnlich wenige Gewitter gegeben. Mit der nun typischen Frühsommer-Wetterlage ändert sich das an diesem Wochenende jedoch rasant. So kann bei den von vielen geplanten Aktivitäten im Freien in diesen Tagen richtiges Verhalten bei plötzlicher Blitzgefahr lebensrettend sein.

Bis Ende Mai wurden mit 1.500 Blitzeinschlägen in Österreich vom Blitzortungssystem ALDIS so wenige wie nie zuvor seit Beginn der Messungen verzeichnet. Im Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre schlägt der Blitz bis zum klimatologischen Frühlingsende schon zehnmal so oft wie heuer ein, nämlich etwa 15.000-mal.

Die vergangenen Jahre waren in Österreich allesamt relativ blitzarm. Das letzte überdurchschnittliche Blitzjahr war österreichweit gesehen 2012, als über 200.000 Blitzeinschläge von ALDIS registriert wurden. Gerhard Diendorfer, der Leiter des österreichischen Blitzortungssystems ALDIS, führt die vergleichsweise niedrigen Blitzzahlen des vergangenen Jahrzehnts auf meteorologische Schwankungen und zu einem kleineren Teil auch auf Änderungen im Messsystem zurück.

Aufziehendes Gewitter über dem Achensee in Tirol
Getty Images/Mario Eder
Gewitterwolken über dem Tiroler Achensee

Weniger große Gewitterfronten

Vor allem großräumige Gewitterfronten mit 20.000 bis 30.000 Blitzen an einem Tag waren in den vergangenen Jahren die Ausnahme, und das zeigt sich in der Statistik.

Nach dem in Bezug auf Gewitter ruhigen Frühjahr hat sich nun aber eine deutlich gewitterträchtigere Wetterlage eingestellt. Und gleichzeitig haben viele Menschen Aktivitäten im Freien geplant. Diendorfer rät daher zur Vorsicht und dazu, sich die wichtigsten Vorsichtsregeln in Erinnerung zu rufen.

Warnung vor falschen Vorstellungen

So betont der Blitzschutzexperte gegenüber der ORF-Wetterredaktion, dass es im Freien keinen wirklich sicheren Ort gibt und es daher notwendig ist, rechtzeitig einen geschützten Bereich, etwa ein Haus oder Auto, aufzusuchen. Blitze schlagen rein zufällig an beliebigen Orten ein. Die immer wieder gehörte Vorstellung, irgendwas am Boden „zieht den Blitz an“, sei falsch.

Die letzten Meter vor dem Einschlag

Diendorfer kann aufgrund der Forschungen der vergangenen Jahrzehnte, unter anderem mit Hochgeschwindigkeitskameras, ins Detail gehen: „Der Blitz beginnt innerhalb der Gewitterwolke in drei bis vier Kilometern Höhe und sucht sich seinen Weg zum Boden. Oft kommen mehrere Blitzäste gleichzeitig, und irgendeiner ist dann eben der erste am Boden, aber zunächst unabhängig davon, ob da ein Haus, eine Person oder was auch immer steht." Erst wenn der Leitblitz schon in unmittelbarer Nähe des Bodens sei, also nur noch ein paar dutzend Meter entfernt ist, spiele die Höhe eines Objektes eine Rolle.

Wenn in diesem kleinen Umkreis von bis zu 100 Metern, wo der Blitz auf jeden Fall einschlagen wird, ein hoher Baum neben niedrigeren Bäumen steht, dann wird der Blitz laut dem Blitzschutzexperten eher den hohen Baum treffen. „Aber der Blitz würde in dem Bereich auch einschlagen, wenn dort überhaupt kein Baum stehen würde.“ So ist man außerhalb von geschützten Bereichen wie Häusern und Autos eben nirgendwo sicher.

Wichtige Tipps

Dennoch kann man, wenn man unterwegs von einem Gewitter überrascht wird, das Risiko minimieren, indem man die folgenden Tipps beherzigt.

Ist man beim Wandern oder Mountainbiken im dichten Wald unterwegs, versucht man – so weit möglich –, einige Meter Abstand von Baumstämmen zu halten und dabei die Beine möglichst geschlossen zu halten. Je kleiner der Abstand zwischen den Beinen, desto kleiner wäre die mögliche Schrittspannung im Falle eines Einschlags in der Nähe. Und je weiter man von den einzelnen Baumstämmen weg ist, desto weniger kann ein Blitz überspringen.

Beim Radfahren oder Wandern zwischen offenen Feldern oder Wiesen sollte man unbedingt bei einer halbwegs geschützten Stelle halten, zum Beispiel unter einer Brücke oder auch unter Hochspannungsleitungen. Am geringsten ist das Blitzschlagrisiko sogar direkt unter der Hochspannungsleitung, und zwar in der Mitte zwischen zwei Masten.

Wer sich auf oder in einem See befindet, sollte unbedingt raus aus dem Wasser und mit Boot oder Surfbrett schnell ans Ufer. Ein Segelmast bildet auf der Wasserfläche den höchsten Punkt und daher eine bevorzugte Einschlagstelle. Man kann bei Segelbooten vorsorglich einen Blitzschutz installieren.

Auf dem Campingplatz ist man nur in festen Gebäuden mit Blitzschutz, in Autos oder in Wohnwägen mit Metallrahmen sicher. Aus dem Zelt sollte man also auf jeden Fall entweder ins Auto schlüpfen oder rechtzeitig in ein sicheres Gebäude gehen.

Gefahr richtig einschätzen

Und wie weiß man, ab wann es bei einem Gewitter richtig gefährlich wird? Diendorfer hat dazu mit befreundeten Institutionen aus Deutschland und der Schweiz eine Broschüre zusammengestellt, in der viele Tipps und Informationen zu finden sind. Auch ein Comic für Kinder zum Thema Blitzschutz wurde entworfen.

Als Grundregel gilt aber weiterhin: Sobald man Donner hört, sollte man sich über das Blitzrisiko Gedanken machen und entsprechend reagieren. Spätestens, wenn zwischen Blitz und Donner weniger als zehn Sekunden liegen, ist das Risiko eines nahen Einschlages sehr groß, und es besteht Lebensgefahr. Idealerweise plant man Aktivitäten schon auf Basis der Wetterprognose so vorausschauend, dass man bei Bedarf rasch Schutz suchen kann.