Das unbemannte, bewaffnete Fluggerät namens Bayraktar TB2 ist 6,5 Meter lang, über 400 Kilogramm schwer, die Flügelspannweite beträgt zwölf Meter. Die Drohne kann rund einen Tag lang in der Luft bleiben und ist standardmäßig mit lasergelenkten Raketen bewaffnet. Ein Stück (ohne Technik rundherum) kostet laut türkischen Angaben um die sechs Millionen Dollar (knapp fünf Mio. Euro).
Zumeist seien es aber kleinere Armeen, die sich solcher vergleichsweise günstiger Drohnen bedienten, hieß es zuletzt in einer ausführlichen Analyse im „Wall Street Journal“. Daraus habe sich eine neue militärische Taktik entwickelt und schon mehrfach als erfolgreich herausgestellt. Der Einsatz der „Billigdrohnen“ hätte allerdings nicht nur direkte Wirkung in militärischen Konflikten gezeigt, sondern etwa auch auf das strategische Gleichgewicht zwischen Ländern wie der Türkei und Russland.
Stellvertreterkriege in Syrien, Libyen, Armenien
Die türkischen Drohnen hätten reihenweise Panzer und Luftabwehrstellungen „russischer Proteges“ in Ländern wie Syrien und Libyen zerstört, schrieb die US-Zeitung. Im Vorjahr habe ihr Einsatz die Kräfteverhältnisse im Bergkarabach-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan entscheidend verändert – zuungunsten der von Moskau unterstützten armenischen Streitkräfte. In Libyen habe das Waffensystem im letzten Jahr maßgeblich dazu beigetragen, dass sich das Blatt bei den Kämpfen zwischen Regierungstruppen und dem von Russland unterstützten General Chalifa Haftar zugunsten von Tripolis gewendet habe.

„Wenn du eine, zwei, drei verlierst, ist es egal“
Drohnen wie die türkische Bayraktar (Fahnenträger) sind vergleichsweise günstig, klein, aber trotzdem „effektiv“, würden nun in künftigen Konflikten eine immer größere Rolle spielen, hieß es in der Analyse. Wegen ihrer geringen Kosten erlaubten sie Streitkräften, größere Risiken einzugehen, schrieb das „Wall Street Journal“ und zitierte dazu Ismail Demir, einen hochrangigen Beamten der Regierung in Ankara, der die Aufsicht über die Rüstungsindustrie führt: „Wenn du eine, zwei, drei verlierst, ist es egal, solange andere das Ziel finden.“
Zu den Größenverhältnissen: Eine 2019 von den iranischen Revolutionsgarden abgeschossene US-Drohne kostete laut Bericht der „New York Post“ von damals umgerechnet an die 100 Millionen Euro. Allerdings handelt es bei dem Typ RQ-4A Global Hawk des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman um eine vielfach größere und technisch anspruchsvollere Drohne, die als Langstreckenaufklärer eingesetzt wird.
Auch China groß im Geschäft
Ähnlich wie die Türkei mache auch China mit dem Export von Drohnen gute Geschäfte, vor allem in den Nahen Osten und nach Afrika. Zumindest zehn Länder, von Nigeria in Westafrika bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hätten in letzter Zeit in der Volksrepublik eingekauft.
Selbst technisch hochgerüstete Armeen wie die US-Streitkräfte stelle der immer häufigere Einsatz solcher Waffensysteme vor neue Probleme. Sie müssten ihre Luftabwehrsysteme umbauen, um „Billigdrohnen“ abfangen zu können, ohne das mit Raketen tun zu müssen, „die mehr kosten als ihre Ziele“, schrieb die US-Zeitung. Außerdem ließen die US-Luftstreitkräfte mittlerweile selbst günstigere, relativ kleine unbemannte Kampfflugzeuge, Unmanned combat aerial vehicles (UCAV), entwickeln.
USA hatten Angst vor Nachbau
Lange hätten die USA, aber etwa auch Israel, „Highend“-Varianten, technisch sehr anspruchsvoll und sehr teuer, für Anti-Terror-Operationen und gegen „prominente Feinde“ eingesetzt, etwa den später von US-Spezialkräften getöteten früheren Chef der Terrororganisation al-Kaida, Osama bin Laden. Aber: Beide Länder hätten ihre Modelle lange nicht verkauft, nicht einmal an Verbündete, aus Angst vor einem Nachbau.

Andere hätten die günstige Alternative geliefert – wie eben die Türkei. Gebaut wird die türkische Bayraktar von Baykar Technologies, einem früheren Automobilzulieferer, der sich mittlerweile komplett Drohnen widmet. Dass Ankara überhaupt selbst mit der Entwicklung begann, soll damit zusammenhängen, dass man vor Jahren mit entsprechenden Kaufwünschen bei den USA abgeblitzt war.
Angeblich „mehrere“ NATO-Staaten interessiert
Letzter Kunde in Ankara war Polen, Ende Mai wurde der Vertrag über den Kauf von 24 Drohnen vom türkischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda unterzeichnet. Inklusive Steuerungstechnik und Ausbildungsprogrammen soll der Deal etwa 270 Millionen Dollar (knapp 223 Mio. Euro) schwer sein. Die erste Lieferung soll schon im kommenden Jahr erfolgen.
„Mit dem vorhin unterschriebenen Dokument wird die Türkei zum ersten Mal in ihrer Geschichte unbemannte Drohnen in ein Land exportieren, das Mitglied der NATO und der Europäischen Union ist“, sagte Erdogan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Duda in der türkischen Hauptstadt. Letzterer erklärte, die militärische Zusammenarbeit zwischen NATO-Partnern sei etwas „ganz Natürliches“. Inzwischen zeigten „mehrere andere NATO-Alliierte“ Interesse, schrieb das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf die Regierung in Ankara und den Hersteller.