WHO: Reiche Länder sollen Impfdosenspenden vorziehen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) appelliert an die reichen Länder, die versprochene Spende von CoV-Impfdosen für arme Länder vorzuziehen. Zahlreiche wohlhabende Länder stellten die Abgabe von Impfdosen an ärmere Länder bis Ende des Jahres in Aussicht. Nötig sei der Impfstoff dort aber in den nächsten drei Monaten, sagte Bruce Aylward heute in Genf. Er ist WHO-Koordinator für das Programm ACT Accelerator, das Coronavirus-Impfstoffe, Diagnostika und Tests fördert.

Weltweit seien bisher rund zwei Milliarden Impfstoffdosen eingesetzt worden, 75 Prozent davon in nur zehn Ländern. Der Impfarm des ACT Accelerators, Covax, habe bisher 80 Millionen Dosen ausgeliefert, überwiegend an Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen. Covax wollte eigentlich die Beschaffung der Impfdosen für alle Länder übernehmen und für eine gerechte Verteilung sorgen.

Die WHO kritisiert, dass reiche Länder separate Verträge mit Impfstoffherstellern machten und einen Großteil der Produktion aufgekauft hätten. Deshalb komme Covax nicht an genügend Impfstoff. Eigentlich hätten bis Ende Mai 200 Millionen Dosen mehr ausgeliefert werden sollen.

EU für Zwangslizenzen

Für eine bessere Versorgung ärmerer Länder mit Impfstoff befürwortet die Europäische Union unterdessen Zwangslizenzen. Das geht aus dem offiziellen Vorschlag für Gespräche in der Welthandelsorganisation (WTO) hervor, den die EU-Kommission heute veröffentlichte. Sie stellt sich aber gegen die zeitweilige Aufhebung von Patenten, wie sie die USA ins Gespräch gebracht hatten.

Der Unterschied: Bei einer Zwangslizenz wird der Besitzer eines Patents von Regierungen gezwungen, bestimmte andere Firmen gegen Geld sein geschütztes Produkt herstellen zu lassen. Bei einer Aufhebung von Patenten kann jeder die Produktion unentgeltlich aufnehmen.

Das beste Mittel sind aus Sicht der EU freiwillige Lizenzen, also eine gütliche Vereinbarung zwischen dem Inhaber eines Patents mit anderen Herstellern. Nur wenn das nicht ausreicht, soll die Option von Zwangslizenzen genutzt werden, um Exporte in Länder ohne ausreichende eigene Impfstofffabriken zu ermöglichen.