Klimapolitik: Ex-ifo-Chef Sinn warnt vor Wohlstandsverlusten

Der ehemalige Chef des deutschen ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, warnt davor, die Wohlstandsverluste durch die EU-Klimapolitik zu unterschätzen. „Die Klimarettung bekommen wir nicht umsonst. Es wird sehr viele Arbeitsplätze kosten“, sagte der Ökonom heute bei einer Veranstaltungsreihe des Finanzministeriums mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

Willige Staaten sollen „Klimaklub“ bilden

Die globale Reduktion der Treibhausgase könne nur dann erfolgreich sein, wenn China, Indien und andere große asiatische Länder mitmachen würden, so Sinn. Sonst würden die Länder, die nicht bei der CO2-Reduktion mitmachen, von der sinkenden Nachfrage nach Öl und Gas inklusive geringeren Treibstoffkosten profitieren. Die Frage sei: „Wie kriegen wir alle anderen großen Länder mit ins Boot?“

Der ehemalige ifo-Chef unterstützt den „Klimaklub“-Vorschlag des Nobelpreisträgers William Nordhaus. Staaten mit ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen sollen sich laut der Idee des Yale-Volkswirtschaftsprofessors freiwillig zu einem Klub zusammenschließen und dann Druck auf andere Länder ausüben, etwa über Handelshemmnisse.

Atomausstieg als „historische Fehlleistung“

Kritik übte Sinn an der EU-Kommission, die über Detailverordnungen die Klimapolitik regle. Besser sei ein einheitlicher CO2-Preis für alle Sektoren, empfiehlt der deutsche Ökonom. Damit sei „ein Minimum an Einbußen an Lebensstandard und ein Maximum an Klimaeffekt“ möglich. Auch mit der Stilllegung der Atomkraftwerke in Deutschland ist Sinn nicht einverstanden.

„Ich halte es für den größten Fehler, auf die CO2-freie Atomenergie zu verzichten. Das war eine Kurzschlusshandlung eine Woche nach Fukushima“, sagte der ehemalige ifo-Chef. Es sei „eine historische Fehlleistung der deutschen Bundesregierung“ gewesen.

Blümel: „Alle Argumente und auch andere Meinungen hören“

Finanzminister Blümel berichtete über Pläne für eine ökosoziale Steuerreform in Österreich. Man müsse in der Debatte „alle Argumente und auch andere Meinungen“ hören. Seit Februar 2020 arbeitet eine „Taskforce“ der Regierung an Ökologisierungsmöglichkeiten im Steuersystem.

„Die Arbeit läuft professionell und gut“, kommentierte Blümel den aktuellen Zwischenstand. Er sei optimistisch, dass die Arbeitsgruppe „in absehbarer Zeit zu sehr konkreten Ergebnissen kommen wird“. Wie die CO2-Bepreisung in Österreich genau erfolge, sei noch offen. Im Rahmen des EU-Aufbauplans hat Österreich eine ökosoziale Steuerreform für das erste Quartal 2022 angekündigt.

Blümel verwies auch auf die soziale Komponente bei einer Ökosteuerreform. In Österreich seien viele arbeitende Menschen am Land weiterhin auf ein Auto angewiesen, weil es keine anderen Verkehrsmittel-Alternativen gebe. Eine CO2-Bepreisung für diese Personen dürfe keinen Wohlstandsverlust bringen, so der Finanzminister.