Ikea-Mitarbeiter in Frankreich
AP/Christophe Ena
Mitarbeiter bespitzelt

Millionenbuße für Ikea in Frankreich

Ikea ist in Frankreich zu einer Geldbuße von einer Million Euro verurteilt worden. Ein Gericht in Versailles sprach den schwedischen Möbelkonzern am Dienstag schuldig, Hunderte Angestellte über Jahre ausspioniert zu haben. Auch für die ehemalige Chefetage hat das Konsequenzen. Das Urteil blieb allerdings hinter den Forderungen der Staatsanwaltschaft zurück.

Der frühere Konzernchef in Frankreich, Jean-Louis Baillot, wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, weil er das Bespitzelungssystem angeordnet hatte. Zudem soll er eine Geldbuße von 50.000 Euro zahlen. Sein Anwalt kündigte der Nachrichtenagentur AFP zufolge an, in Berufung gehen zu wollen. Ein weiterer früherer Verantwortlicher erhielt 18 Monate auf Bewährung und eine Geldstrafe von 10.000 Euro.

Das Strafgericht in Versailles sprach Ikea wegen des „Sammelns persönlicher Daten mit betrügerischen Mitteln“ schuldig. Die Anklage hatte einen Fall von „Massenüberwachung“ gesehen. Sie forderte deshalb eine Geldbuße von zwei Millionen Euro für Ikea sowie drei Jahre Haft für den früheren Konzernchef, davon zwei auf Bewährung. Ein Geschädigtenanwalt hatte Ikea „Stasi-Methoden“ vorgeworfen.

Gerichtssaal in Versailles
AP/Christophe Ena
Das Strafgericht in Versailles sprach Ikea wegen des „Sammelns persönlicher Daten mit betrügerischen Mitteln“ schuldig

400 Personen zwischen 2009 und 2012 bespitzelt

Konkret sammelte Ikea laut Ermittlern zwischen 2009 und 2012 vertrauliche Informationen über fast 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Bewerberinnen und Bewerber. Der Konzern beauftragte damit Privatdetektive und Polizisten – vier frühere Polizisten waren ebenso angeklagt. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

Publik wurde der Skandal 2012. Das Enthüllungsblatt „Le Canard enchaine“ hatte damals über eine systematische Bespitzelung berichtet. Die Sicherheitsabteilung der französischen Ikea-Tochter habe 2003 eine private Sicherheitsfirma beauftragt, dem Unternehmen teils vertrauliche Daten über Personal sowie Bewerberinnen und Bewerber zu übermitteln – etwa Angaben zu möglichen Vorstrafen und Bankauszüge.

Ähnliche Auskünfte sollen zur Kundschaft verlangt worden sein, die mit Ikea im Rechtsstreit lag. Die Gewerkschaft FO erstattete daraufhin Anzeige gegen unbekannt wegen der illegalen Verwendung von Personaldaten. Der schwedische Konzern distanzierte sich von den vorgeworfen Praktiken. Ikea Frankreich leitete eine interne Untersuchung und Reformen ein.

Ikea Frankreich: Nach vorne schauen

Der Gewerkschafter Adel Amara äußerte sich als einer der Zivilkläger in dem Verfahren „zufrieden“ über das Urteil, nannte die Strafe aber „ein wenig milde“. Der frühere Konzernchef Baillot reagierte dagegen „schockiert“, wie sein Anwalt mitteilte.

Ikea Frankreich teilte auf Anfrage mit, man habe die Entscheidung zur Kenntnis genommen. Sie erlaube, nun nach vorne zu schauen. Man habe die Geschehnisse, welche die Werte und ethischen Standards des Unternehmens stark verletzt hätten, immer entschieden verurteilt, sich entschuldigt und Reformen eingeleitet, die auch heute das Verhalten leiteten.

„Ich will eine Strafe, die sein Leben zeichnet“

Staatsanwältin Pamela Tabardel sagte in ihrem Plädoyer Ende März, die Justiz müsse in diesem Fall eine „starke Botschaft“ an Privatunternehmen senden. Tabardel sagte vor dem Gericht in Versailles im März auch, Thema des Prozesses sei „der Schutz unseres Privatlebens“ angesichts einer „Bedrohung“: der Massenüberwachung. Der ehemalige Chef von Ikea France habe das Bespitzelungssystem angeordnet, sagte die Staatsanwältin weiter. „Ich will eine Strafe, die sein Leben zeichnet.“